Laurenz Lütteken, Dr. phil.
Professor für Musikwissenschaft
University of Zurich
Geboren 1964 in Essen, Deutschland
Studium der Musikwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte an den Universitäten Münster und Heidelberg
Project
1. Mozart - Grundzüge einer intellektuellen Biografie
Ausgehend von umfangreicheren Studien zur Oper Così fan tutte ist der Plan entstanden, Mozarts intellektuelle Biografie im Kontext des 18. Jahrhunderts, dem Jahrhundert der Aufklärung, zu rekonstruieren und zu systematisieren. In der Mozart-Forschung ist die Zugehörigkeit des Komponisten zur Denkbewegung der Aufklärung bisher nur zögerlich und eher am Rande thematisiert worden. In einem größeren Vorhaben wird versucht, diese Bezüge nochmals zu sichten, neu zu bewerten und zu ordnen. Dabei soll es nicht allein um sozialhistorische Fragen gehen, also Mozarts Selbstpositionierung im auftragsgebundenen Produktionssystem 'Musik", das auch im späteren 18. Jahrhundert noch unangefochten war. Auch sollen die Bezüge zur Aufklärung nicht allein im Blick auf vertonte Texte untersucht werden. Vielmehr geht es darum, auf dem Wege einer breiten Kontextualisierung, gleichsam einer archäologischen Sondierung der für Mozart bedeutsamen intellektuellen Kraftfelder neue Verständniswege für seine Musik, also für seinen kompositorischen Habitus zu erproben.2. Richard Strauss
Zu 2. Richard Strauss verbrachte 20 Jahre seines Lebens in enger institutioneller Anbindung an Berlin. Dort war er zunächst Leiter der Hofoper, später, als Generalmusikdirektor, auch verantwortlich für die Konzerte der Königlichen Kapelle - ihm oblag die Programmplanung. In dieser Zeit agierte Strauss außerdem als weltweit bewunderter Opern- und Konzertdirigent. Es entstanden in kaum erklärlicher Dichte eine Reihe seiner wichtigsten Werke. Trotz dieser herausragenden Bedeutung ist die Berliner Zeit bisher nicht systematisch in den Blick genommen worden. In Ergänzung zu einem größeren Projekt zu Richard Strauss (in dessen Zentrum die Neubestimmung seines Verhältnisses zur Moderne steht) sollen die Berliner Quellen ausführlicher untersucht werden.Lektüreempfehlung
Lütteken, Laurenz. Musik der Renaissance: Imagination und Wirklichkeit einer kulturellen Praxis. Kassel: Bärenreiter; Stuttgart (u. a.): Metzler, 2011.
-. Richard Strauss. Opern. München: Beck, 2013 (im Druck).
Colloquium, 08.10.2023
The Other Modernism: Richard Strauss' Concept of Music
My talk will attempt to sketch an outline of Richard Strauss' concept of music. The position of this composer in the 20th century has always been controversial, and some, for example Theodor W. Adorno, have even denied that he belongs to it. But the situation is much more complicated. On the basis of the "Opera in One Act with a Prelude", Ariadne on Naxos, whose scenically final version had its world premiere in 1916, we will trace the background of Strauss' self-positioning. In the "Prelude" to this opera, namely, an imaginary composer appears and, at a crucial point, reflects on his view of music as an absolute, metaphysically based art. But in the mode of irony, Strauss and his poet Hugo von Hofmannsthal both distance themselves decidedly from this concept of music. Against the glorification of music as a kind of metaphysical self-interpretation of Modernism - as with Gustav Mahler - Strauss and with him Hofmannsthal propound a completely different concept of music. For both of them, music is the art with whose aid humanity is able to overcome modernity's crisis of language, which both described. In this sense, music no longer opens up art-religious spaces of interpretation, but rather contributes to humanity's self-ascertainment in modernity. Connected with this is a radical eschewal of all metaphysical claims, because for Strauss music no longer points beyond itself.
My talk will sketch the essential aspects of this concept of music, which arose in productive interaction with Schopenhauer and Nietzsche. And the consequences will be outlined: the farewell to autonomous instrumental music; the turn to the stage, tied to a farewell to tragedy and a turn to comedy and operetta; the idea that music could participate in people’s turning toward each other and depict it "plastically" on stage; a farewell to the assumption that this is tied to concrete "meanings"; a farewell to the unity proclaimed by Wagner between librettist and composer, and even from the hypertrophic "figure of the artist"; a farewell to the Wagnerian theater of ideas; the psychologization of the motif technique; the up-valuing of orchestral composition to a polyphonic space of interpretation; and an adherence to an unsecured, but newly acquired tonality.
Publications from the Fellows' Library
Lütteken, Laurenz (2019)
Konstruktionen der Klassik : Schwierigkeiten im Umgang mit einem musikhistorischen Problem
Lütteken, Laurenz (New York, NY, 2019)
Lütteken, Laurenz (2019)
Für Klaus Ospald : Laudatio zur Verleihung des Kulturprieses der Stadt Würzburg (2017)
Lütteken, Laurenz (Oakland, California, 2019)
Music of the Renaissance : imagination and reality of a cultural practice Musik der renaissance
Lütteken, Laurenz (München, 2017)
Mozart : Leben und Musik im Zeitalter der Aufklärung
Lütteken, Laurenz (Stuttgart, 2014)
Richard Strauss : Musik der Moderne
Lütteken, Laurenz (München, 2013)
Richard Strauss, die Opern : ein musikalischer Werkführer Beck'sche Reihe ; 2222
Lütteken, Laurenz (2013)
Das ungeliebte Paradigma : Schwieirgkeiten und Perspektiven musikhistorischer Aufklärungsforschung
Lütteken, Laurenz (2013)
Die Macht der Musik : Eschenburg als Vermittler englischer Musikästhetik
Lütteken, Laurenz (Kassel [u.a.], 2013)
Zwischen Tempel und Verein : Musik und Bürgertum im 19. Jahrhundert : Zürcher Festspiel-Symposium 2012 Zürcher Festspiel-Symposien ; Bd. 4