Dietrich Niethammer, Dr. Dr. h.c.

Project

Evolution and Cancer in Childhood and Yound Age

Die Evolution ist die Basis der Biologie und die Biologie ist die Basis für die Medizin. Deshalb fordern einige Wissenschaftler, dass die Evolution systematisch auf die Probleme der Medizin angewendet werden sollte. Der wohl prominenteste Vertreter dieser evolutionären oder "Darwinschen" Medizin ist Randolph M. Nesse, der zusammen mit George Williams diese Bezeichnungen einführte, um die Aufmerksamkeit auf evolutionäre Erklärungen dafür zu richten, warum der menschliche Körper anfällig für Krankheiten bleibt. In Bezug auf die Umwelt oder Infektionen ist diese Sichtweite recht überzeugend, obgleich sie immer noch umstritten ist.
Nicht so klar ist dieses Vorgehen jedoch im Fall von Krebserkrankungen. Der englische Onkologe Mel Greaves hat im Jahr 2000 ein Buch veröffentlicht mit dem Titel: Krebs - der blinde Passagier der Evolution. In diesem Buch spricht er sich für eine evolutionär geprägte Betrachtungsweise des Phänomens Krebs aus. Er ist überzeugt, dass dies die beste Vorgehensweise ist, um die Entwicklung von Krebs zu verstehen. Die Prozesse, die schließlich zur Entstehung einer malignen Erkrankung führen, sind denen sehr ähnlich, die zur Entwicklung neuer Arten führen, speziell folgen sie den Regeln der sich asexuell vermehrenden Arten. Die grundsätzlichen Regeln sind die genetisch definierte bessere Überlebenschance und Vermehrungspotenz. Im Allgemeinen dauert die Krebsentwicklung beim Erwachsenen Jahre und in vielen Fällen wahrscheinlich sogar Dekaden.
Aber das kann für Kinder und Jugendliche nicht gelten. Der Kinderonkologe ist an die Tatsache gewöhnt, dass sogar Säuglinge schon an Krebs erkranken. Können wir also Mel Greaves auch im Falle der jungen Menschen folgen? Ohne Zweifel bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Krebserkrankungen der verschiedenen Altersstufen. Die Art der Erkrankungen ist unterschiedlich, im Allgemeinen sind die Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendlichenalter hochmaligne, aber die Chemotherapie ist in diesen Fällen meist viel erfolgreicher, was zu einer hohen Heilungsrate in diesem Lebensalter führt. Heißt das also, dass die evolutionäre Sichtweise in diesem Lebensalter nicht passend ist? Oder ist es möglich, dass die Prozesse, die zu einer Krebserkrankung bei jungen Menschen führen, weniger komplex sind und viel schneller verlaufen, aber dennoch den gleichen Regeln folgen und daher doch im Rahmen der Darwinschen Medizin verstanden werden können?

Lektüreempfehlung

Niethammer, Dietrich. "Das Sterben der Kinder." Zeitschr. Med. Ethik 40 (1994): 213-221
Niethammer, Dietrich. "Death of Child." In Death: Medical, Spiritual and Social Care of the Dying, edited by A. B. M. F Karim, D. W. W Newling, H. M. Kuitert und V. Wortman. Amsterdam: VU University Press, 1998.
Niethammer, Dietrich. "Kinder im Angesicht ihres Todes. Im Rahmen der Vorlesungsreihe Kindsein und Kindheit heute des Studium Generale, WS 98/99." In Neue Sammlung 2, 39 (1999).
Niethammer, Dietrich. "Sterbehilfe und Sterbebegleitung in der Pädiatrischen Onkologie." KlinPädiatr 215 (2003): 166-170.

Publications from the Fellows' Library

Niethammer, Dietrich (Baltimore, 2012)

Speaking honestly with sick and dying children and adolescents : unlocking the silence Sprachlose Kind. <engl.>

Niethammer, Dietrich (2011)

Abraham Flexner - reformer of medical education and founder of the Institute for Advanced Studies in Princeton

Niethammer, Dietrich (Berlin, 2011)

Wissenschaftliche Medizinerausbildung - 100 Jahre nach Flexner : [Tagung am 26. Oktober 2011]

Niethammer, Dietrich (Berlin, 2010)

Wenn ein Kind schwer krank ist : über den Umgang mit der Wahrheit Suhrkamp-Taschenbuch ; 4164

Niethammer, Dietrich (Salif Zone, Sharjah [u.a.], 2009)

Adult stem cells as an alternative source of multipotential (pluripotential) cells in regenerative medicine

Niethammer, Dietrich (Stuttgart [u.a.], 2008)

Das sprachlose Kind : vom ehrlichen Umgang mit schwer kranken und sterbenden Kindern und Jugendlichen Schriftenreihe der Uexküll-Akademie für Integrierte Medizin

Niethammer, Dietrich (2004)

Kinderkrankheiten, zum Tode führende

Niethammer, Dietrich (Freiburg im Breisgau [u.a.], 2004)

Sterben, Tod und Trauer : Handbuch für Begleitende

Niethammer, Dietrich (1998)

An die Autorinnen und Autoren

Niethammer, Dietrich (1995)

Begleitung sterbender Kinder