Heike Paul, Dr. phil.
Wissenschaftliche Assistentin der Amerikanistik
Universität Leipzig
Geboren 1968 in Koblenz/Rhein
Studium der Amerikanistik, Anglistik, Politologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt
Schwerpunkt
Cultural Mobility
Arbeitsvorhaben
Deutsche Amerika-Reiseberichte des 19. Jahrhunderts und die "Racial Presence" der afro-amerikanischen Bevölkerung
Das Erkenntnisinteresse meiner Arbeit richtet sich auf die Darstellung der Begegnung zwischen Deutschen und Afro-Amerikanern in der deutschen Amerika-Literatur des 19. Jahrhunderts und auf die (symbolische) Bedeutung von "race" und "whiteness" in diesen Szenen des Kulturkontakts: Wie werden sie im Verlauf des Jahrhunderts in unterschiedlichen Spielarten und historischen Phasen kommentiert, interpretiert oder auch verdrängt, und wie generieren sie neue Identitäten diesseits und jenseits des Atlantiks? In der Analyse der Textualität und Rhetorizität der deutschen Amerika-Texte und in der Untersuchung der Funktionen, die der afro-amerikanischen Bevölkerung hier zugeschrieben werden, bedient sich meine Studie der "Racial Presences"-Strategien dekonstruktiver und diskursanalytischer Textkritik.Lektüreempfehlung
Paul, Heike. "Not 'On the Backs of Blacks': US-American (Im)Migration and Jewish Diaspora in the German-Language Writings of Jeannette Lander." In Multilingual America. Transnationalism, Ethnicity, and the Languages of America, herausgegeben von Werner Sollors, 281-96. New York: New York UP, 1998.
-. "Chronologie der Begegnung: Afro-Amerikaner in deutschen Amerika-Reiseberichten, 1815-1850." Tourismus Journal 6, 1 (2002): 117-141.
-. "'Schwarze Sklaven, Weiße Sklaven': The German Reception of Harriet Beecher Stowe's Uncle Tom's Cabin." Amerikanische Populärkultur in Deutschland: Case Studies in Cultural Transfer Past and Present, herausgegeben von Heike Paul und Katja Kanzler, 21-39. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, 2002.
Kolloquium, 09.12.2003
Cultural Contact and Racial Presences: African Americans and German Writing on America in the First Half of the Nineteenth Century
In meinem Vortrag möchte ich die terms of engagement (die Bedingungen der Beziehungen) zwischen Deutschen und Afroamerikanern erörtern, wie sie in deutschsprachigen Texten - in Reiseberichten, Ratgeberliteratur und den Schriften der ersten Immigrantengeneration - über die Vereinigten Staaten zwischen 1815 und 1848 dargestellt werden. In dieser Zeit begann die Masseneinwanderung von den deutschen Staaten in die Vereinigten Staaten, und diese Entwicklung wurde von einer Welle deutschsprachiger Veröffentlichungen über die junge Republik begleitet. Diese Texte setzten sich damit auseinander, was Amerika bedeutete; sie interpretierten und übersetzten die Neue Welt für diejenigen, die in der 'Heimat' geblieben waren.
Eine Eigenheit Amerikas, die regelmäßig und mit bemerkenswerter Detailfülle angesprochen und übersetzt wurde, war die Präsenz von Afroamerikanern. Schon beim ersten Kontakt mit Afroamerikanern wurde die Begegnung mit ihnen von den Deutschen als zentrale Eigenschaft und als Charakteristikum des Lebens in Amerika dargestellt - als die entscheidende Differenz Amerikas. Jenseits der ersten Begegnung riefen Analogien und Vergleiche zwischen deutschen Besuchern und Afroamerikanern in Bezug auf den sozialen Status und die ökonomische Verletzbarkeit unbestimmte Ängste bei den deutschen Beobachtern hervor, die sich rasch davon distanzierten, mit dem 'Schwarzen' oder mit 'Schwarzsein' in Verbindung gebracht zu werden. In den Erzählungen wurden diese Ängste weiter neutralisiert, indem schwarze Amerikaner als Figuren in dauerhaft dienender Position dargestellt wurden, was im Widerspruch zur deutschen Erwartungshaltung eines eigenen sozialen Aufstiegs in Amerika stand. In den Augen der Kommentatoren versöhnte die soziale Stagnation des schwarzen Dieners die liebgewonnenen Hierarchien der alten Welt mit dem als unangenehm wahrgenommenen Egalitarismus der Neuen Welt. Die Institution der Sklaverei in den Südstaaten wurde in diesen Texten radikal umkodiert: aus einem empörenden Beispiel amerikanischer Barbarei wurde eine recht angenehme Lebensweise - alles in allem gar nicht so unmenschlich. Abweichende Meinungen von dieser Betrachtungsweise waren eher die Ausnahme. Konkrete Beobachtungen der afroamerikanischen Kultur wurden von abstrakten Diskussionen über Sklaverei verhindert, die das Interesse des Autors an einer Feudalordnung im Stile der alten Welt durchblicken ließen.
Im Kontext von race studies bzw. critical whiteness studies möchte ich die Entwicklungen darlegen, die dazu führten, dass sich die deutschen Einwanderer so und nicht anders auf das 'Andere' in Amerika bezogen, während sie selbst von den (weißen) Amerikanern als 'Andere' wahrgenommen wurden. Der vorläufige und prozesshafte Charakter dieser Entwicklungen zeigt, dass die Vorstellungen vom Eigenen und vom Anderen, vom Vertrauten und Fremden keine festen, unveränderlichen Kategorien bilden. Die Texte verhandeln, assimilieren und verschieben diese Kategorien und belegen damit die Versuche der Autoren, das 'Weißsein' der Deutschen im Amerika des 19. Jh. zu konsolidieren - dort, wo das geringste 'Schwarzsein' Knechtschaft und Unterwerfung bedeutete.
Abendkolloquium , 16.12.2003
A Brief Introduction to Cultural Mobility: Five Objects in Motion
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Paul, Heike (2010)
Paul, Heike (Heidelberg, 2005)
Kulturkontakt und racial presences : Afro-Amerikaner und die deutsche Amerika-Literatur, 1815 - 1914 American studies ; 126
Paul, Heike (2003)
Paul, Heike (2002)
The German reception of Harriet Beecher Stowe's Uncle Tom's Cabin
Paul, Heike (Leipzig, 2002)
Amerikanische Populärkultur in Deutschland : [case studies in cultural transfer past and present]
Paul, Heike (2001)
The rhetoric and romance of mobility : Euro-American nomadism past and present
Paul, Heike (Berlin, 2001)
Racialized topographies of the new and the old world : Jeannette Lander's Atlanta and Hans J. Massaquoi's Hamburg Working paper ; 127
Paul, Heike (Heidelberg, 1999)
Mapping migration : women's writing and the American immigrant experience from the 1950s to the 1990s American studies ; 79
Paul, Heike (Berlin, 1999)
Differences within gender studies Differences within gender studies