Stefan Wild, Dr. phil.
, Professor (em.) für Semitische Sprachen und Islamwissenschaft
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Born in 1937 in Leipzig
Studied Semitic Philology, Philosophy, and Old Testament at the University of Munich
Fellowship
Kulturstiftung des Bundes-Fellow
Schwerpunkt
Islamische und jüdische Hermeneutik als Kulturkritik
Arbeitsvorhaben
Die Selbstreferentialität des Koran
Any reading of the Qur'anic text reveals that many important passages in it are self-referential. While self-referential passages are not unknown in the bible and the New Testament, the Qur'an may well be the most self-referential text among the great Holy Books. Only recently has this self-referentiality been recognized as a major feature of the Qur'anic text. It has to the best of my knowledge never been investigated systematically.Some of the most obvious instances are:
1. Self-predication and self-classification
2. Negative statements of the text on the text
3. The first traces of interpretation in Sura 3:7
4. Special linguistic indicators stressing the authenticity of the Qur'anic message (Qur'anic oaths)
5. Self-referentiality as a means of asserting the scriptural authority of the Qur'an on Jewish and Christian scripture
The basic assumption of this project is that the self-referentiality of the Qur'anic text stems from its rivalry with the practice of polytheist animism and from its competition with previous prophetic revelations (Judaism and Christianity).
While the project takes into consideration a variety of approaches to the Qur'anic text, it is methodologically mainly indebted to Jan Assmann's studies on "cultural memory" and on the link between canon and exegesis. The aim is a study that will be called "The Qur'an as Metatext".
Recommended Reading
Wild, Stefan. Mensch, Prophet und Gott im Koran. Münster: Rhema, 2001.
-. "The Self-Referentiality of the Qur'an. Sura 3:7 as an Exegetical Challenge." In With Reverence for the Word, edited by Jane Dammen McAuliffe, Barry D. Walfish, and Joseph W. Goering. Oxford: Oxford University Press, 2003.
Kolloquium, 10.02.2004
In Philologie aufgehoben? Die koranischen Paradiesesjungfrauen
Das Paradies, aus dem Adam und Eva vertrieben wurden, ist Judentum, Christentum und Islam gemeinsam. Das Paradies als endzeitlicher Ort, an dem die Gläubigen nach dem Jüngsten Gericht belohnt werden, ist dem Neuen Testament und dem Koran bekannt. Ein einzigartiger Zug des koranischen Paradieses sind die Paradiesesjungfrauen, die "großäugigen Huris", die das religiöse imaginaire der islamischen Kultur prägten und die christliche Theologie irritierten. Diese Huris galten den Christen als der beste Beweis dafür, dass das islamische Paradies ekelhaft oder lächerlich oder beides zugleich war.
Eine einigermaßen "orientalistische" Debatte entbrannte im 19. Jahrhundert unter westlichen, nicht-muslimischen Gelehrten, die den "Ursprung" dieser Vorstellung klären wollten. Der Prophet Mohammed könnte christliche Mosaike oder Miniaturen gesehen und die dort abgebildeten Engel im Paradies für Jungfrauen gehalten haben. So lautete eine Hypothese. Eine andere war, dass er gehört haben könnte, der Kirchenvater Ephräm Syrus habe in einer Ode auf das Paradies solche Jungfrauen erwähnt. Vielleicht war es aber auch nur der krasse Materialismus des Propheten, der sich in diesen Huris zeigte? Die Diskussion kam zu keinem abschließenden Ergebnis, geriet aber aus der Mode.
Das änderte sich mit dem Erscheinen des Buchs von Christoph Luxenberg, Die syro-aramäische Lesart des Koran. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache, Berlin 2000. Dieses Buch wurde trotz seinem trockenen Titel zu einem kleinen Bestseller. Ich kenne kein anderes deutsches Buch über den Koran mit wissenschaftlichem Anspruch, das von Le Monde, The Guardian und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung so ausführlich gewürdigt worden wäre. Die New York Times verglich den Autor mit dem ägyptischen Nobelpreisträger für Literatur Naguib Mahfouz und - anscheinend unvermeidlich - mit Salman Rushdie. Vor kurzem wurde eine Nummer von Newsweek in Bangladesch, Pakistan und Malaysia beschlagnahmt, weil sie eine Reportage über das Buch enthielt. Das Buch hat auch eine lebhafte Debatte unter Fachleuten entfacht.
Die Hauptthese des Buchs ist, dass der Korantext an zahllosen Stellen falsch gelesen und verunstaltet wurde. Luxenberg postuliert die Existenz eines aramäischen Substrats für den größten Teil des Koran und nimmt für Hunderte von Wörtern und Verse an, dass ihre Unverständlichkeit der Tatsache geschuldet ist, dass ein aramäisches Wort verlesen oder fehlinterpretiert wurde. Eine der sensationelleren revisionistischen Entdeckungen Luxenbergs ist seine Interpretation der Paradiesesjungfrauen. Nach Luxenbergs Ansicht verdanken die "großäugigen Houris" ihre Existenz in Wahrheit einem frivolen Missverständnis eines aramäischen Worts. Richtig verstanden entpuppen sich nach Luxenberg die Huris als "weiße, kristall(-klare) Trauben".
Der Vortrag gibt eine Einleitung in die koranische Eschatologie und versucht eine kritische Stellungnahme zur Methode und wissenschaftlichen Bedeutung der These Christoph Luxenbergs.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Wild, Stefan (Berlin, 20142019)
Secularism, fundamentalism and the struggle for the meaning of Islam : collected essays on politics and religion ; [collected essays on Islam and politics] The struggle for the meaning of Islam$dcollected essays on Islam and politics
Wild, Stefan (Berlin, 2014)
Secularism, fundamentalism ... ; Vol. 1 ; On fundamentalisms Secularism, fundamentalism and the struggle for the meaning of Islam ; Vol. 1
Wild, Stefan (2011)
Sadik J. Al-Azm - Speaking truth to power : a personal tribute
Wild, Stefan (2010)
Wild, Stefan (2006)
An Arabic recitation : the meta-linguistics of Qurʾānic revelation
Wild, Stefan (2006)
Wild, Stefan (Wiesbaden, 2006)
Self-referentiality in the Qur'ān Diskurse der Arabistik ; 11
Wild, Stefan (Münster, 2001)
Mensch, Prophet und Gott im Koran : muslimische Exegeten des 20. Jahrhunderts und das Menschenbild der Moderne Gerda-Henkel-Vorlesung