Almut Höfert, Dr. phil.
Geschichte
Universität Basel
The American University in Cairo
Born in 1967 in Bevensen, Germany
Studied Medieval and Modern History and Islamic Studies (Arabic, Turkish) in Bonn, Cairo, and Freiburg/Breisgau
Arbeitsvorhaben
Konzeptionen monarchischer Universalherrschaft im islamischen und christlichen Mittelalter: Der Körper des Herrschers in Ägypten und im Römisch-Deutschen Reich, 11.-13. Jahrhundert
In historiography, the Arab-Muslim and the European-Christian worlds are usually both seen as well defined civilisational units, locked-up entities, each of them taking a specific role in the course of history. This project aims to make a contribution in the ongoing attempts to overcome the isolated cultural imageries of these areas by asking how a seemingly "universal" monarchic rule was con-ceptualised south and north of the Mediterranean from the 11th till the 13th century. In asking to which degree medieval monarchic rule in Egypt and the Roman-German Empire manifests a fusion of the "religious" and the "political", we tend to assume the application of two modern European categories. Although we cannot do away with these categories, critical anthropology andpostcolonial studies have shown the problematics of such use of categories. In this project, therefore, this problem shall be dealt with from another approach to the topic of monarchic authority: the ruler's body. Since Kantorowicz's study on The King's Two Bodies and further research on ritual, ceremonial and body history, the question of the ruler's body has proved to be a central key for our understanding of pre-modern monarchy. It is clear now that there was a long tradition of body metaphors for describing monarchic rule in both Christian and Islamic history.
In my study, I shall inquire how the ruler's body was perceived in two monarchies that both claimed to be universal within their Oikumene: Egypt (though during Ayyubid rule, the universal claim was suspended) and the Roman-German Empire. For the time between ca. 1050 and 1250, I will be looking at the dynasties of Fatimides, Saliens and Staufians.
Recommended Reading
Höfert, Almut and Armando Salvatore. Between Europe and Islam: Shaping
Modernity in a Transcultural Space. Bruxelles et al: PIE Lang, 2000.
Höfert, Almut. Den Feind beschreiben: "Türkengefahr" und europäisches Wissen
über das Osmanische Reich 1450-1600. Frankfurt/Main: Campus, 2003.
Kolloquium, 17.04.2007
Der Körper des Fatimidenkalifen in transkultureller Perspektive
In meinem Forschungsprojekt am Wissenschaftskolleg untersuche ich in einem "transkulturellen Vergleich" die Repräsentationen vormoderner Monarchie (10.-12. Jahrhundert) im Römisch-Deutschen Reich und Ägypten. Der transkulturelle Vergleich, der Phänomene aus unterschiedlichen Kulturen zueinander in Bezug setzt, unterliegt grundsätzlich den gleichen methodischen Anforderungen wie andere komparative Ansätze (wie beispielsweise der innereuropäische Vergleich). Der transkulturelle Vergleich ist jedoch ein diskursiver Sonderfall, weil er über die etablierten Grenzen zwischen den Kulturen (hier gleichbedeutend mit Zivilisationen - die beiden Begriffe überlappen einander) hinweggeht.
Im akademischen Disziplinenkanon, der im 19. Jahrhundert festgelegt wurde, wurde an westlichen Universitäten in der Forschung eine weitreichende Trennung zwischen den Kulturen fortgeschrieben: Während sich die allgemeinen Fächer wie Geschichte, Soziologie, Nationalökonomie vor allem mit Westeuropa und Nordamerika befassten, wurde die Beschäftigung mit nichtwestlichen Kulturen in die Area-Studies wie Orientalistik, Sinologie, Indologie etc. ausgelagert. Zusammen mit anderen Faktoren hatte das zur Folge, dass die westeuropäische Geschichte als modellhaft und in weiten Teilen exklusiv dargestellt wurde, in der sich von der Antike bis zur Neuesten Geschichte die Entwicklung zur westlichen Moderne abzeichnete. Die anders gelagerten Strukturen und Entwicklungslinien in der außereuropäischen Geschichte, welche den einseitig an der westeuropäischen Geschichte etablierten analytischen Kategorien nicht entsprachen, wurden in der Geschichtswissenschaft hingegen nur am Rande wahrgenommen, häufig als stagnierend bezeichnet und in eine Niedergangserzählung im Gegensatz zu Europas Aufstieg in die Moderne eingeordnet.
Ein transkultureller Vergleich geht daher gegen die als grundsätzlich angenommene Verschiedenheit zwischen den Kulturen vor. Er verschiebt die Parameter, indem er eine Exklusivität historischer Phänomene in zwei Kulturen (hier: Europa und der Islam) a priori zunächst einmal als Ausgangsthese ablehnt und stattdessen nach Phänomenen und Kategorien sucht, die prinzipielle Gemeinsamkeiten voraussetzen und von dieser Ausgangslage dann die Unterschiede zwischen seinen Fallstudien eruiert.
Auch die Monarchie wurde bisher für die westeuropäische und islamische Seite weitgehend voneinander getrennt erforscht. Dabei wurde dem europäischen Königtum (neben der Kirche) eine Vorreiterrolle in der Entwicklung des modernen Staates zugeschrieben, während dem islamischen Kalifat, das ab dem 9. Jahrhundert in verschiedene Teilmächte zerfiel, Niedergang und Fragmentierung attestiert wurden. In der transkulturellen Perspektive geht es nun darum, die Monarchie zunächst aus diesen Etikettierungen herauszulösen, die analytischen Achsen zu verschieben und aufzuzeigen, welche Phänomene und Strukturen sich nicht als exklusiv christlich-europäisch oder islamisch-arabisch bezeichnen lassen. Der Körper des Königs ist hierfür eine geeignete Thematik, weil er sich in vielerlei Hinsicht untersuchen lässt.
Der Körper des Königs ist in der westeuropäischen Geschichte seit einem halben Jahrhundert ein etabliertes Thema, seit Ernst Kantorowicz 1957 sein berühmtes Buch The King's Two Bodies veröffentlichte. In diesem brillanten Buch zeichnete Kantorowicz nach, wie im lateinischen Mittelalter Praktiken und Theorien entwickelt wurden, in denen dem König eine gedoppelte Natur zugeschrieben wurde. Als Mittler zwischen himmlischer und irdischer Ordnung hatte der König eine sakrale Qualität, die ihn über seine Untertanen heraushob. Gleichzeitig garantiert der König den Fortbestand der gesellschaftlichen Ordnung, er stand daher für eine Kontinuität, die über seinen Tod hinausging. Dieser Gegensatz zwischen der Ewigkeit des sakralen Amtes einerseits und der Vergänglichkeit des menschlichen Körpers andererseits wurde in der Dualität der königlichen Person ausgedrückt: Auch wenn der König als Mensch Krankheiten und Tod unterworfen war, hatte er als Monarch Anteil an der göttlichen Ewigkeit.
Kantorowicz hatte nun gezeigt, dass zwischen dem sakralen, überzeitlichen Körper des Königs und der Institution der Korporation eine Verbindung bestand. Die transpersonale Sakralität des Königs konnte damit in der nachfolgenden Forschung als eine der Voraussetzungen für die Entwicklung des modernen Staates gelesen werden. Auch die Auseinandersetzungen zwischen Königtum und Papsttum erwiesen sich rückwirkend als entscheidende Faktoren, die die Trennung zwischen weltlicher und religiöser Sphäre mit geprägt und damit den Weg zur modernen Säkularisierung gebahnt hatten. Diese Entwicklungslinien sollen hier nicht bestritten werden. Die transkulturelle Perspektive hat allerdings den Anspruch, die Exklusivität der westeuropäischen Phänomene anzufechten: Auch im Körper des Fatimidenkalifen lassen sich irdische wie sakrale Elemente erkennen, und die transpersonale Sakralität war gleichfalls stark ausgeprägt. Zudem stand der Fatimidenkalif an der Spitze eines Staates, der sich durch eine große Kontinuität seiner Verwaltungsstrukturen auszeichnete. Im Vortrag sollen vor diesem Hintergrund die verschiedenen Elemente zur Sprache kommen, mit denen über den Körper des Kalifen die monarchische Herrschaft an die Untertanen vermittelt wurde.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Höfert, Almut (Berlin, 2008)
Höfert, Almut (2003)
Höfert, Almut (Frankfurt am Main [u.a.], 2003)
Den Feind beschreiben : "Türkengefahr" und europäisches Wissen über das Osmanische Reich 1450 - 1600 Wissen und "Türkengefahr"