Tomasz Kizny
Vereinigung Polnischer Kunstfotografen, Warschau
Born in 1958 in Wroclaw, Poland
Schwerpunkt
ImageScience (Medien und Politik)
Arbeitsvorhaben
Fotografische Zeugnisse des sowjetischen Unterdrückungssystems
My project concerns two related topics:1. "The Great Terror in the USSR 1934-1938". Photographic book in progress.
2. "GULAG 1917-1960". The conception and scenario of a photographic exhibition.
The project is a continuation of my work on a visual history of the Soviet totalitarian system. The project investigates potentials and limitations of documentary photography, both archival and contemporary, taken at the time on the historical sites of crimes. My interest focuses on the problem of the capability of those images to carry important informative and emotional messages for today's viewer.
The majority of currently known photographic records of repressions in the USSR (1917-1960) were created with the purpose of serving the system's propaganda machinery or repression apparatus. A considerable part of my work deals with the significant transformation of the meaning and function of the image that took place when those photographs were released from secret archives. The project tries to determine the extent to which photographs created in such a historical context can function as a testimony. How is ideology reflected and inscribed in the codes of the photographic image?
The above aspects are present in my work but they are not concerned entirely with theoretical studies.
Recommended Reading
Tomasz Kizny. GULAG. Preface: Norman Davies, Siergiei Kovaliov, Jorge Semprun. Editions Balland / Acropole, Paris 2003; Pavaria Bruno Mondadori, Milan 2004; Galaxia Gutenberg, Barcelona 2004; Hamburger Edition, Hamburg 2004; Firefly Books, New York, and Ontario 2004.
Kolloquium, 03.07.2007
Der Große Terror in der UdSSR 1936-38 Ein foto-dokumentarisches Projekt
Die Fakten
1968 führte der britische Historiker Robert Conquest den Begriff "der Große Terror" ein, um die Hochphase der stalinistischen Repression der späten 1930er Jahre zu beschreiben. Der Große Terror war weder die erste noch die letzte Welle von Gewaltakten seitens des sowjetischen Staates gegen die eigenen Bürger. Er war jedoch einzigartig hinsichtlich seiner noch nie dagewesenen Reichweite und Universalität - zum ersten Mal war die gesamte Gesellschaft Ziel des Terrors. Während der Feierlichkeiten zum zwanigsten Jahrestag der Oktoberrevolution kam es 1937 zu massiven Repressionen in allen zwölf Zeitzonen der Sowjetunion, die unter allen sozialen Schichten ihren Tribut forderten. Innerhalb von zwei Jahren wurden mindestens 1,7 Millionen Menschen für angebliche kriminelle Handlungen gegen den Staat verhaftet; einige 700.000 von ihnen wurden hingerichtet, mit durchschnittlich 1.000 Exekutionen pro Tag. Die Opfer wurden in Massengräbern bestattet, deren Ort über Jahrzehnte geheim gehalten wurde. Die Verwandten der Hingerichteten bekamen irreführende Angaben, etwa, dass die fragliche Person zu "zehn Jahren Gefängnis ohne Recht auf Briefverkehr" verurteilt sei, während sie bereits erschossen worden war. Von 1947 bis in die 1960er war es üblich, dass Kinder, die nach dem Aufenthalt ihrer zwischen 1936 und 38 verschwundenen Eltern fragten, Dokumente mit gefälschten Daten, Orten und Todesursachen eines angeblichen GULAG-Aufenthaltes erhielten. Erst ab den 1960ern konnte man die genauen Daten der Hinrichtigung erfahren. Viele der Opfer wurden später rehabilitiert, jedoch nur in Form juristischer Stellungnahmen und nicht in einem umfangreichen und andauernden sozialen Prozess.
Das Problem
Offensichtlich forderte der Große Terror unzählige unschuldige Leben und hinterließ eine gewaltige Hinterlassenschaft von Schmerz und Leid in hunderttausenden Familien in Russland und anderen Ländern. Diese emotionalen Wunden wurden durch die Lügen der sowjetischen Regierung und die Unkenntnis der Hinterbliebenen über das Ausmaß des Geschehenen sowie ihre Unfähigkeit vergrößert, ihrem Leid eine Stimme zu geben. Selbst jene, die die Öffnung der Archive in der post-sowjetischen Ära erlebten, blieben mit ihren schockierenden Entdeckungen allein. Zwar konnte man auf individueller Ebene Informationen erhalten, aber es gab keine ernsthaften offiziellen Anstrengungen, um die staatliche Gewalt der Vergangenheit aufzuarbeiten und kollektive Erinnerungsprozesse anzuregen. Trotz eines liberalen Intermezzo in den 1990ern gibt es nur ein sehr geringes offizielles Interesse an der Aufklärung der totalitären Geschichte des Sowjetregimes.
Das Projekt
In dieser Situation ist die Sicherstellung dokumentarischer Spuren, wie gering und verspätet sie auch sein mögen, über Leben und Tod der Terroropfer ebenso wie die Bemühungen zum Beginn einer rudimentären kollektiven Erinnerung in Russland ein wichtiges Projekt. Gleichzeitig ist diese tragische historische Periode Teil des Erbes des 20. Jahrhunderts und verlangt, dass wir uns alle einbringen, Zeugnis über die Geschehnisse abzulegen, sie anzuerkennen und uns ihrer zu erinnern.
Einer der wenigen möglichen Wege, um dieses Projekt voranzubringen, besteht in der Sicherstellung verschiedener Arten fotografischen Beweismaterials, das mit dem Großen Terror in Verbindung steht. Dieses Material bereichert die bereits vorliegenden Projekte der mündlichen Überlieferung (oral history) um eine visuelle Dimension, die dem Gedenken Konkretheit und emotionale Stärke hinzufügen kann. Ich wurde auf solche foto-dokumentarischen Spuren während meines Langzeit-Projektes aufmerksam, in welchem ich mir die Konstruktion einer visuellen Geschichte des GULAG-Systems zur Aufgabe gemacht hatte. Ich möchte meine Bemühungen jetzt mit dem damit eng verbundenen Ziel verknüpfen, einen Korpus dokumentarischer Fotografien zusammenzustellen und zu publizieren, um die geheime und unsichtbare Geschichte des Großen Terrors zu erhellen, eine kollektive Erinnerung zu initiieren und ein historisches Bewusstsein sowohl in Russland als auch innerhalb der breiten internationalen Öffentlichkeit zu unterstützen.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Kizny, Tomasz ([Berlin], 2015)
Kizny, Tomasz (Warszawa, 2015)
Kizny, Tomasz ([S.l., 2013)
Kizny, Tomasz (2013)
Kizny, Tomasz (Lausanne, 2013)
La grande terreur en URSS 1937 - 1938
Kizny, Tomasz (Berlin, 2008)
The passengers : Moscow, Warsaw, Berlin, Paris, New York
Kizny, Tomasz (Berlin, 2007)
Kizny, Tomasz (Wroclaw, 2007)
Kizny, Tomasz ([s.l.], 2007)
The passengers : Moscow - Warsaw - Berlin - Paris - New York : Vernissage Veranstaltung des Wissenschaftskollegs
Kizny, Tomasz (Wrocław, 2007)
Dementi Independent Photo Agency Dementi Independent Photo Agency