Pierre-Michel Menger, Dr.
Directeur d'etudes
École des hautes études en sciences sociales, Paris
Centre national de la recherche scientifique, Paris
Né en 1953 à Forbach, France
Études de philosophie et de sociologie à l'École Normale Supérieure
et à l'École des Hautes Études en Sciences Sociales Paris
Arbeitsvorhaben
Die kreative Arbeit und ihre ungewisse Vollendung: Beitrag zu einer sozio-analytischen Theorie des künstlerischen Schaffensprozesses
Mon projet prend son point de départ dans l'étude de l'incertitude intrinsèque du processus de création artistique, et trouve son terrain d'application dans l'examen de la question de l'achèvement et de l'inachèvement de l'oevre d'art.Poètes, plasticiens, compositeurs, musiciens, romanciers, cinéastes ont été nombreux à contribuer, au XXè siècle, à l'élaboration d'une poétique de l'agir créateur. Deux des arguments essentiels de cette poétique sont, à première vue, contradictoires : faire droit au hasard ou à l'imprévisible et faire apparaître en pleine lumière le travail de création, dans ses aspects les plus sinueux, les plus laborieux, les plus incertains. Dès lors, le travail de création n'a plus lieu d'être relégué dans les opérations invisibles, préalables, de l'atelier ou de la chambre secrète de l'artiste : la valeur de l'engagement créateur ne se mesure plus à la perfection ou à l'imperfection de l'oeuvre, mais aussi à la densité du tâtonnement de l'invention : essais, erreurs, corrections, remords, recommencements, bifurcations, forment, on le sait bien, le quotidien sinueux du travail de l'artiste,
et c'est à les avouer, à les enregistrer, à les exhiber que l'artiste peut s'attacher, non pas simplement pour inventer une forme supérieure d'héroïsation narcissique du geste créateur (en sa double figure, celle du labeur, lié à la douleur de
l'engendrement, et celle du triomphe sur soi, du ressaisissement), mais parce que la documentation du travail créateur est, pour l'artiste, l'appui réflexif indispensable d'une activité gouvernée par l'incertitude du résultat.
Mon approche sera systématique par son propos, en ce qu'elle procédera à des analyses de cas à partir d'un ensemble de motifs récurrents qui devraient converger vers une socio-analyse de cette espèce particulière d'acte de travail qu'est la création artistique. La construction théorique à réaliser empruntera ses matériaux à la sociologie du travail et de l'art, à la philosophie (ontologique et sémantique des mondes possibles et des systèmes de causalité), à la théorie esthétique, à la psychologie de la créativité, à la théorie économique des choix en horizon incertain.
Lecture recommandée
Menger, Pierre-Michel. " Les temps, les causes et les raisons de l'action. " In Le modèle et le récit, édité par J.-Y. Grenier, C. Grignon et P.-M. Menger. Paris : Editions de la Maison des Sciences de l'Homme, 2001.
-. Les intermittents du spectacle. Sociologie d'une exception. Paris : Editions de l'EHESS, 2005.
-. Portrait de l'artiste en travailleur. Paris : Editions du Seuil, 2003 (traduit en allemand sous le titre Kunst und Brot : Die Metamorphosen des Arbeitnehmers. Konstanz : UVK Verlagsgesellschaft, 2006).
Kolloquium, 24.10.2006
Wie vollendet man ein Werk? Der schöpferische Arbeitsprozess in den Künsten
Mein Ziel ist es, einige analytische Grundlagen für die Erforschung des schöpferischen Arbeitsprozesses und seiner Vollendung und Nicht-Vollendung zu schaffen.
Die Soziologie hat zur Interpretation bestimmter, einzelner Kunstwerke wenig zu bieten. In der akademischen Arbeitsteilung ist die Untersuchung einzelner Kunstwerke eine Angelegenheit hochspezialisierten Wissens.
Allerdings hat die Soziologie viel zu bieten, wenn es um Arbeit, Anstellung, Karrieren und Berufe in den Künsten geht und um die sozialen Prozesse, die verschiedene Fachleute mit einander in Verbindung bringen, um Kunst herzustellen, um sie verfügbar und zu Sammlerobjekten zu machen.
Der Vollendungsprozess in den Künsten war ein Thema, das mir lange Zeit Rätsel aufgegeben hat. Indem wir ihn untersuchen, verstehen wir vielleicht besser, welche Arbeit ein Kunstwerk tatsächlich verbirgt. Das einzelne Kunstwerk als Ergebnis eines Prozesses zu betrachten - das kann ein möglicher Weg zu seinem Verständnis sein. Nicht nur, um die einzelnen Phasen seiner Produktion zu dokumentieren, sondern auch um zu zeigen, dass ein großes Maß an Variabilität ein untrennbares Charakteristikum dieses Prozesses ist, und auf welche Weise Auswahl- und Entscheidungsprozesse in einem ungewissen Handlungsverlauf stattfinden.
Variabilität wird meistens erst nach dem vollendeten Prozess untersucht. Für gewöhnlich wird ein Kunstwerk als fertige, bleibende Wirklichkeit, als etwas Vollendetes und Unveränderliches verstanden - ein Kandidat für eine materielle und kulturelle Ewigkeit. Was mit dem Kunstwerk später geschieht, ist etwas anderes. Gegensätzliche Sichtweisen, Lesarten und unvereinbare Interpretationen geben ihm vielfältige Bedeutungen. Unterschiedliche Ausstellungs-, ‚Veröffentlichungs' - und Verbreitungsformate schaffen neue Verknüpfungen und betten das Werk in sich verändernde Kontexte ein, in denen die Bedeutungen des Kunstwerks in einem neuen Licht erscheinen. Seine Reproduktionen, auch in Medien, die vielleicht nicht alle seine ursprünglichen Merkmale vermitteln, und seine Restaurierung unterwerfen das Kunstwerk unablässig unvorhersehbaren Gebrauchsweisen und Manipulationen. In diesem heraklitischen Fluss ist das Werk das, was sich selbst gleich bleibt, unveränderlich mit seinem Namen, seinem Titel, seinen inventarisierten Charakteristika, bis hin zur Auflistung seiner Überführungen und Übereignungen von einem Eigentümer zum nächsten.
Mein Ziel ist es, der Variabilität in der Lebenszeit eines Kunstwerks nicht nur im Stadium nach der Vollendung nachzugehen. Der Mechanismus der Auswahl, der den schöpferischen Prozess abtreibt, und die Interaktionen und Verhandlungen zwischen dem Künstler, seinen Arbeitspartnern und den verschiedenen Mitgliedern der Kunstwelt bringen Variabilität innerhalb des Arbeitsprozesses hervor: und genau dieser variable Handlungsverlauf ist es, der ein wirklich originelles Projekt möglich macht und dennoch schwer zu gestalten und festzuhalten ist.
Auch schlage ich vor, das Problem der Vollendung von der anderen Seite zu betrachten, indem man das Endresultat beiseite lässt und das unfertige Werk ansieht, um herauszufinden, warum Künstler und Mitglieder der Kunstwelt zunehmend von der Vorstellung des Unvollendeten und den unzähligen Möglichkeiten, mit dem Vollendungsprozess zu spielen, so besessen sind.
Man könnte fragen: warum sollen wir uns überhaupt mit dem Unvollendeten befassen, warum mit dem Scheitern, den verschiedenen Stadien und Ergebnissen des Arbeitsprozesses, wenn sich die Welten der Kunst vor allem mit den vollendeten, vermarktbaren und den zum Sammelobjekt tauglichen Ergebnissen menschlicher Kreativität beschäftigen? Fertige, ganz und gar ausgearbeitete Kunstwerke gibt es wie Sand am Meer, und die Produktion von Kunstwerken wurde wiederholt als Warenfluss und Lagerbestand in einem Überangebot betrachtet - ein Leitmotiv, das zumindest seit dem 17. Jahrhundert immer wieder auftaucht. 1 Gleichzeitig aber klagen Märkte, Händler und die Öffentlichkeit darüber, dass es (im statistischen Sinn) zu wenige wirkliche Talente oder Supertalente (Genies) und Meisterwerke gebe, dafür aber zu viele kurzlebige Produktionen und Unternehmungen. Unser Bedauern gilt vor allem dem frühen Tod, Selbstmord oder der Erschöpfung und dem Aufgeben jener, die schließlich zu hohem Ansehen gelangten oder wiederentdeckt wurden. Das Bedauern gilt vor allem legendären Künstlern wie Van Gogh. Ist es nicht möglich und äußerst wünschenswert, den Mangel an genialen Werken zu beheben und, wie im Falle Van Goghs, sein Gesamtwerk solange auszupressen, bis jeder Fitzel seiner Produktion ans Licht gebracht und präsentiert werden kann?
Letztlich sind einige der bekanntesten Künstler auch für große unvollendete Kunstwerke berühmt - und manchmal sogar für unvollendete Werke, die als ihre größten Leistungen gelten, z. B. Skulpturen von Michelangelo und Rodin, Gemälde von Leonardo da Vinci, Turner oder Picasso, Symphonien von Schubert, Bruckner oder Mahler, Opern von Berg oder Debussy, Romane von Kafka, James oder Musil, philosophische Werke von Pascal oder Nietzsche, und solch poetische Verkörperungen von Balzacs Chef-d'oeuvre inconnu wie Mallarmés Livre. Solche Werke sind verwirrend, wenn wir wenig über den Verlauf ihrer Erschaffung wissen. Ihre Autoren mögen sich gesagt haben, dass sie nicht abzuschließen seien, weil sie hundertmal begonnen und hundertmal wieder liegen gelassen worden sind. Man hat sie vielleicht beiseite gelegt, dann sind sie neu entdeckt worden, entweder vom Künstler selbst oder von der Nachwelt und in Umlauf gebracht worden, mit oder ohne Zustimmung des Künstlers (Kafka wurde, ein Glück für uns, von seinem Freund und Testamentsvollstrecker Max Brod betrogen). Oder der Produktionsprozess wurde plötzlich durch den Tod des Künstlers unterbrochen.
Andere mögliche Formen des Unfertigen sind die Fragmentierung oder Neubearbeitung eines Werkes, das vorher oder woanders als vollendet präsentiert wurde, das plötzliche, zufällige Ereignis, das akzeptiert und als Einwirken des Zufalls im Handlungsverlauf festgehalten wird, sowie die verschiedenen Möglichkeiten, ein Werk absichtlich nicht abzuschließen (als Ergebnis einer Entscheidung, einer Verhandlung oder eines Zwangs, der Genehmigung einer Situation durch den Künstler oder durch andere, mit oder ohne dessen Zustimmung etc.). Aus diesen Formen können vielfältige Linien schöpferischer Praxis entstehen, die in ihrem ungewissen Verlauf gepackt und von der unablässigen Interaktion mit anderen Leuten geformt werden.
Diesen Kunstwerken und Fällen ist soviel Aufmerksamkeit und Forschungsarbeit gewidmet worden, die wahrscheinlich in keinem Verhältnis zu ihrer Bedeutung steht.
Aber haben Künstler seit dem 19. Jahrhundert nicht zunehmend mit dem Thema des Vollendeten/Unvollendeten gespielt, um den klassischen Kanon der Formvollendung und des in sich geschlossenen Kunstwerks hinter sich zu lassen? In der Moderne wurde der Prozess der Fertigstellung als etwas gefeiert, das mindestens so wichtig ist wie das Endresultat. Varianten der absichtlichen Unvollständigkeit schossen ins Kraut: das Werk mit dem offenen Ende, das im Entstehen begriffene Werk (work in progress), Serien, die nicht enden, etc.
Daher ist das Thema der Vollendung eine verrätselte Herausforderung.
Ich möchte Ihnen einen Überblick über den theoretischen Rahmen verschaffen und einen Einblick in die relevanten Fragen, um die es geht, wenn wir uns mit spezifischen künstlerischen Problemen, Formen und Werken beschäftigen.
Ich möchte mich zweier analytischer Instrumente bedienen:
- einer analytischen Annäherung an das Verhalten in einer ungewissen Situation
- angemessene kausale und probabilistische Schlussfolgerungen: kontrafaktisches Denken könnte hier sehr hilfreich sein. Indem ich mich auf kontrafaktische Modelle beziehe, habe ich eine einfache Frage im Sinn: Wie sähe das Endergebnis aus, wenn die schöpferischen Pfade und Abzweigungen andere gewesen wären? Ich gehe dabei folgendermaßen vor:
1. Ich skizziere meine Auffassung künstlerischer Arbeit, zumindest jene Auffassung, die hier zur Anwendung kommt.
2. Ich betrachte den schöpferischen Auswahlmechanismus.
3. Ich zeige, wie das Unvollendete für verschiedene Zwecke und Gebrauchssituationen neu definiert worden ist: Das Schema künstlerischer Erfindung, das Geschäft mit noch den kleinsten Schnipseln des Werks von Genies, die bewegenden Zeugnisse der Hingabe an den anspruchvollen und manchmal ermüdenden Schaffensprozess, die Wende zu einer modernen Ästhetik, die vom Ideal der Vollkommenheit Abschied nimmt, um das Unvollkommene und das offene Ende als Kernwerte der Kunst zu feiern.
Zum Schluss möchte ich methodische Überlegungen ansprechen.
1 Mit wenigen Worten kann das Überangebot erklärt werden: da "man ja nie wissen kann", machen zu viele Wettbewerber bei der Jagd nach Anerkennung (oder Erfolg) mit und versuchen, von diesen äußerst attraktiven und riskanten künstlerischen Berufen zu leben. Und die Überproduktion neuer Kunstgegenstände ist auch eine rationale organisatorische Reaktion auf die Unsicherheit auf der Nachfrageseite.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Menger, Pierre-Michel (2018)
Menger, Pierre-Michel (Paris, 2010)
Le travail à l'oeuvre : enquête sur l'autorité contingente du créateur dans l'art lyrique
Menger, Pierre-Michel (Paris, 2009)
Le travail créateur : s'accomplir dans l'incertain Hautes études
Menger, Pierre-Michel (Konstanz, 2006)
Kunst und Brot : die Metamorphosen des Arbeitnehmers Portrait de l'artiste en travailleur <dt.>
Menger, Pierre-Michel ([Paris], 2002)
Portrait de l'artiste en travailleur : métamorphoses du capitalisme La république des idées
Menger, Pierre-Michel (Paris [u.a.], 2001)
Le paradoxe du musicien : le compositeur, le mélomane et l'état dans la société contemporaine Collection Logiques sociales
Menger, Pierre-Michel (Paris, 1997)
La profession de comédien : formations, activités et carrières dans la démultiplication de soi
Menger, Pierre-Michel (Amsterdam [u.a.], 1996)
Economics of the arts : selected essays Contributions to economic analysis ; 237