Dirk Jacobus Smit, Th.D.
Professor für Systematische Theologie
Stellenbosch University, South Africa
Center of Theological Inquiry
Born in 1951 in Caledon, South Africa
Studied Philosophy and Dogmatics at Stellenbosch University
Schwerpunkt
Religiöse Transformationsprozesse der Gegenwart (Religiöse Mobilität)
Arbeitsvorhaben
Religiöse Transformationsprozesse der Gegenwart in christlichen interpretativen Kulturen Südafrikas nach der Apartheid
The overall project rests on four theoretical assumptions:1. that religious interpretive cultures are involved in continuous processes of reinterpretation through complex practices of communication, identity construction, boundary negotiation, symbolic reinterpretation, appropriation of meaning and exclusion;
2. that such processes are shaped by complex interaction with other cultural forces, including social, political and economic interests, developments and their institutional or structural forms;
3. that scholars describing such processes are themselves embedded in perspectives, so that they inevitably observe, interpret and reconstruct in terms of their own socially shared - but often unconscious - implicit axioms;
4. that dense description of specific transformation processes could contribute to
more complex comparisons.
A case study is therefore made of Christian, especially Reformed, faith and life in South Africa today. Understanding the radical religious transformation processes in South African society after the demise of the social hegemony of apartheid and its ideological justification could contribute to such comparison. It is done self-consciously from the perspective of Reformed and ecumenical systematic theology and ethics, aware of one's own situatedness, aware of non-theological factors and the necessity of informed social studies, and aware of the dynamic processes of continuous religious reinterpretation, impacting on language and doctrine, spirituality and worship, ethics and Church order, and public discourse and participation. These effects are therefore studied, described - and interpreted.
Recommended Reading
Smit, Dirk Jacobus. "Keine Zukunft ohne Vergebung? Vom Umgang mit dem 20. Jahrhundert in Südafrika." Evangelische Theologie 62, 3 (2002): 172-187.
-. "On Adventures and Misfortunes: More Stories About Reformed Theology in South Africa." Studies in Reformed Theology (2004): 208-235.
-. "On the Impact of the Church in South Africa After the Collapse of the Apartheid Regime." In A new Day Dawning: African Christians Living the Gospel, edited by Kwame Bediako et al., 128-149. Zoetermeer: Boekencentrum, 2004.
Kolloquium, 19.06.2007
Religiöse Transformationsprozesse der Gegenwart: Christliche Interpretationskulturen in Südafrika nach der Apartheid
Das Projekt "Religiöse Transformationsprozesse der Gegenwart" beruht auf vier Grundannahmen: a) Religiöse Interpretationskulturen sind mit kontinuierlichen Prozessen der Neuinterpretation befasst, die anhand komplexer Praktiken der Kommunikation, Identitätskonstruktion, Verhandlung von Grenzen, symbolischer Neuinterpretation, der Aneignung von Bedeutung und des Ausschlusses vonstatten gehen; b) Diese religiösen Transformationsprozesse werden durch die komplexe Interaktion mit anderen kulturellen Kräften geformt, dazu gehören soziale, politische und wirtschaftliche Interessen und Entwicklungen; c) Die Wissenschaftler, die solche Prozesse beschreiben, sind selbst in bestimmte Sichtweisen eingebettet, sodass sie zwangsläufig so beobachten, interpretieren und rekonstruieren, wie es ihnen ihre eigenen, von ihrer Gesellschaft geteilten, aber oft unbewussten impliziten Axiome vorgeben; d) Dichte Beschreibungen bestimmter Transformationsprozesse könnten zu komplexeren Vergleichen beitragen, denn allgemeine Theorien - in Bezug auf Demokratie, Moderne und Postmoderne, Säkularismus, Zivilreligion, Fortschritt, den Kampf der Kulturen - liefern nicht notwendigerweise eine adäquate Analyse spezifischer Situationen.
Transformation in Südafrika - und die Religion?
Ich wurde dazu eingeladen, eine Fallstudie über die jüngere und jüngste Erfahrung in Südafrika zu machen. Die Religion - insbesondere (aber nicht ausschließlich) das reformierte (calvinistische) Christentum - spielte eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung und Rechtfertigung der Apartheid, ihrer Ideologie und ihres politischen, rechtlichen und sozialen Systems, das zwischen 1948 und 1994 die offizielle Politik beherrschte. Die Religion - auch hier wieder das reformierte Christentum - spielte ebenso eine wesentliche Rolle im Kirchenkampf und im Widerstand gegen die Apartheid. Ohne die ökumenische Kirche sowohl innerhalb als auch außerhalb Afrikas wäre die Geschichte ganz anders verlaufen.
Es ist eine interessante Frage, wie es möglich war, dass der christliche Glauben sowohl für die Apartheid als auch gegen die Apartheid kämpfte und gleichermaßen von Seiten der Apartheid wie auch vom Widerstand herausgefordert und angegriffen wurde. Im Rahmen des Projekts lässt sich die Frage stellen, in welcher Weise der reformierte Glauben als Interpretationskultur zur politischen Transformation Südafrikas beitrug und wie der reformierte Glauben seinerseits von diesem Kampf beeinflusst wurde.
Mit Blick auf das Jahrzehnt nach dem Zusammenbruch der Apartheid - 1994 bis heute - wird die Frage noch faszinierender. In dieser Zeit waren die Transformationsprozesse dramatisch und umfassend. Der politische Kollaps der Apartheidregierung geschah fast über Nacht und zog Veränderungen nach sich, die an anderen Orten oft viel länger dauerten - als Stichworte sollen hier Demokratie, Moderne und Postmoderne und Säkularisation genügen. Zusätzlich zu den radikalen inneren Veränderungen wurde Südafrika auch mit der jüngsten Globalisierung auf kultureller, politischer und ökonomischer Ebene konfrontiert. Auch hier lässt sich wieder die Frage stellen: was trägt die Religion zu diesen Transformationen bei und wie wird die Religion in Südafrika beeinflusst?
Annäherungen an die Frage
Es gibt viele - und oft komplementäre - Wege, die man auf der Suche nach einer Antwort auf diese Fragen beschreiten kann, z. B., indem man die Reaktion der Institutionen betrachtet, die veränderten Muster der Mitgliedschaft und der Loyalität; das veränderte Verständnis von Führung und Autorität; die veränderte Alltagspraxis, einschließlich der Ausdrucksformen von Spiritualität, der Formen des Gottesdienstes und der Organisation des Gemeindelebens vor Ort; das veränderte Selbstverständnis von der Identität und Ziel der Gruppe, einschließlich der Verhandlung von Grenzen und Arten der Inklusion und Exklusion.
Während dieser Monate am Wissenschaftskolleg bin ich dazu eingeladen worden, u. a. zu folgenden Themen zu sprechen: mögliche neue Formen einer Zivilreligion, die Funktion von Macht in der südafrikanischen Gesellschaft, Religion und Gewalt in unserer jüngsten Vergangenheit, die Transformation der Öffentlichkeit und deren Implikationen, die Auswirkungen des regelmäßigen Gottesdienstbesuchs auf die Zivilgesellschaft, über öffentliche Bekenntnisse heute, die veränderten Beziehungen zwischen Religion und Politik, unterschiedliche theologische Auffassungen von Freiheit, Unterstützung für oder Widerstand gegen Entwicklung in örtlichen Kirchengemeinden, ob das Wesen der Konfession der reformierten Kirchen die Einheit behindert, Gesetz und Moral, calvinistische Ethik in Südafrika, sich verändernde Vorstellungen von der menschlichen Würde in unserer Gesellschaft, der Heilungsprozess durch Erinnern und Vergebung - all diese Themen sind verschiedene Zugänge zu dem Projekt, unterschiedliche Lesarten des Transformationsprozesses; sie alle befassen sich im der Frage, in welcher Weise Religion zu diesen Prozessen beigetragen hat und auf welche Weise sie von diesen herausgefordert wird.
Kolloquium
Während des Kolloquiums hoffe ich, auf folgender Grundannahme des Projekts aufbauen zu können: jede religiöse Tradition stellt immer auch eine Interpretationskultur dar, die sich mit symbolischer Neuinterpretation befasst; dabei konzentriere ich mich auf die Frage, welche Diskurse der Tradition der reformierten Kirchen während des Kampfes vorherrschten und ob und wie diese Diskurse heute durch die vorherrschenden öffentlichen Diskurse der gegenwärtigen Transformationsprozesse in Frage gestellt und/oder verändert werden.
Nachdem ich 1. das Projekt kurz vorstelle, gebe ich Ihnen 2. einige grundlegende Hintergrundinformationen über Südafrika; dann spreche ich 3. über die vorherrschenden kirchlichen Diskurse während des Kampfes (Freiheit, Einheit, Versöhnung, Gerechtigkeit, Verantwortung); 4. zeige ich, wie einige dieser Diskurse immer noch die öffentliche Meinungsbildung bestimmen, wenn auch mit einem anderen Inhalt.
Sollte noch genügend Zeit sein, möchte ich mich 5. mit der Versöhnung näher beschäftigen und über die Arbeit der Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC) sprechen, denn einige Fellows haben Interesse an diesem Thema signalisiert. Die Hauptfrage bleibt, ob die kirchlichen Diskurse über Versöhnung tatsächlich einen Beitrag zur Arbeit der TRC geleistet haben, und wenn ja, welchen; andersherum möchte ich auch fragen, ob die Erfahrungen der TRC mit der Öffentlichkeit die Kirchen zur symbolischen Neuinterpretation ihrer eher traditionellen Sichtweise von Versöhnung angeregt haben.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Smit, Dirk Jacobus (2008)
Mainline Protestantism in South Africa - and modernity? : Tentative reflections for discussion
Smit, Dirk Jacobus (2006)
Smit, Dirk Jacobus (Wellington, 2006)
Neem, lees! : hoes ons die Bybel hoor en verstaan
Smit, Dirk Jacobus (2004)
The impact of the church in South Africa after the collapse of the apartheid regime
Smit, Dirk Jacobus (2003)
Pela as inclusive socio-cosmic system in the Central Moluccas : comments on Simon Ririhena's paper
Smit, Dirk Jacobus (2003)
"No other motives would give us the right" : reflections on contextuality from a Reformed experience
Smit, Dirk Jacobus (2002)
Keine Zukunft ohne Vergebung? : vom Umgang mit dem 20. Jahrhundert in Südafrika
Smit, Dirk Jacobus (2001)
Smit, Dirk Jacobus (Wellington, 2001)
Work as calling and worship : challenging thoughts for our day