Felice Lifshitz, Ph.D.
Professorin der Geschichte
Florida International University
Born in 1959 in New York
Studied Medieval Studies and History at Columbia University, New York
Arbeitsvorhaben
Überlieferung und Gender: Frauen, Christentum und Kultur im frühen Mittelalter
Female monasticism flourished in the eighth-century Rhine-Main area, both among insular newcomers (such as Lioba and Thekla, associates of Boniface of Mainz) and among native Franks. Many eighth-century manuscripts survive from the religious institutions of the Main Valley region, including a dozen associated with women's and double houses. The codices contain penitentials, patristic treatises, florilegia, books of the Bible, sermons, the lives of saints, and the passions of martyrs, all except the biblical material originally composed between the fourth and the seventh centuries. I analyze those (heretofore virtually ignored) women's manuscripts, produced and used not only in the new Bonifatian foundations, but also in older Frankish houses. Women copied (and sometimes illuminated) particular texts, namely those supportive of gender-egalitarian or even proto-feminist values, as well as syneisactic or heterosocial organizational forms. Furthermore, they intervened to improve those works through a series of editorial decisions: textual alterations and emendations, large-scale omissions and interpolations, and the combination of originally separate texts to form unique wholes. I thus explore how religious women worked to shape the Christian culture of the Middle Ages through their gendered transmission of the heritage of Late Antiquity. Comparison with the wider corpus of surviving eighth-century manuscripts also indicates that some texts appear to have been preferentially received, read, duplicated, and transmitted through networks of women's religious communities, in contrast to a different - likewise partial and likewise gendered - transmission passing through men's monastic communities.Recommended Reading
Lifshitz, Felice and Celia Chazelle, eds. Paradigms and Methods in Early Medieval Studies. New York: Palgrave, 2007 (includes my contributions: "A Cyborg Initiation? Gender Ideology and Baptismal Liturgy in Carolingian Francia", 101-118 and "Introduction: Early Medieval Studies in Twenty-First-Century America", with Celia Chazelle, 1-21).
Lifshitz, Felice. The Name of the Saint: The Martyrology of Jerome and Access to the Sacred in Francia (627-827). Notre Dame, Indiana: University of Notre Dame Press, 2005.
Lifshitz, Felice. The Norman Conquest of Pious Neustria: Historiographic Discourse and Saintly Relics (684-1090). Toronto: Pontifical Institute of Mediaeval Studies Press, 1995.
Kolloquium, 27.01.2009
Überlieferung und Geschlecht: Frauen, Männer und die christliche Kultur in Franken zur Karolingerzeit
Ich möchte mit einer Einführung in "die angelsächsischen Missionare in Deutschland" beginnen, einer Gruppe religiöser Menschen im 8. Jahrhundert, die Syneisaktismus praktizierten, also das keusche Zusammenleben von Männern und Frauen. Zu ihnen zählten Bonifatius, der Erzbischof von Mainz und seine "Geliebte" Lioba, die möglicherweise einem Doppelkloster vorstand, nämlich dem Frauenkloster in Tauberbischofsheim und dem Männerkloster in Fulda. Bonifatius und Lioba wurden in Fulda in nebeneinanderliegenden Gräbern beigesetzt, obwohl dies nicht den Wünschen von Bonifatius entsprach; er hatte darum gebeten, in einem Einzelgrab bestattet zu werden.
"Die angelsächsischen Missionare" engagierten sich nicht ständig für die Missionierung im landläufigen Sinne. Das Maintal war schon seit langem christianisiert. Die Arbeit der angelsächsischen Missionare war in erster Linie organisatorische Arbeit. Mit ihnen begann auch die Buchproduktion in diesem Gebiet, sowohl die Herstellung von Abschriften älterer Texte als auch die Entstehung neuer Texte. Dutzende Codizes aus dieser Zeit haben bis in die Gegenwart überlebt. Vor mehr als 50 Jahren hat Bernhard Bischoff zwei mit einander verwandte Untergruppen dieser Handschriften ausgemacht. Eine Gruppe, die er ins zweite Drittel des 8. Jahrhunderts datiert, werden dem Frauennamen Gun(t)za zugeordnet, die andere Gruppe (letztes Drittel des 8. Jahrhunderts) dem Frauennamen Abirhilt. Die Gun(t)za- und Abirhild-Handschriften werden zwar in jeder Arbeit über die Bedeutung von Frauen für die Welt der Bücher und des Wissens im Mittelalter erwähnt (und derlei Forschungen gibt es viele), aber sie selbst sind noch nicht gründlich untersucht worden.
Auch gibt es einige Skepsis hinsichtlich der Verbindung zwischen den Frauen und den Kodizes, doch diese Einwände sind unbegründet, wenn man die kirchliche Geographie im Maintal des 8. Jahrhunderts berücksichtigt. Diese möchte ich beschreiben. In den Vierziger Jahren des 7. Jahrhunderts war die Frauenkommunität von Karlburg wahrscheinlich die einzige Institution, die ein voll ausgestattetes und funktionierendes Scriptorium beherbergen konnte. Bereits um 780 wurde Karlburg vom Frauenkloster in Kitzingen in den Hintergrund gedrängt. Noch einige andere Frauenklöster kämen als Standorte für Scriptoria in Frage, aber keines der Männerklöster. Ich habe eine Abschrift des Bibliothekskatalogs von Kitzingen entdeckt, in dem die Gun(t)za- und Abirhild-Handschriften auftauchen.
Der Inhalt der Gun(t)za- und Abirhild-Handschriften ist ausgesprochen geschlechtsegalitär, gelegentlich sogar feministisch. Die früheren Codizes spiegeln Werte wider, die man unter den angelsächsischen Missionaren in Deutschland und ihren Mitarbeitern auf dem Kontinent für selbstverständlich hielt. Doch die späteren Codizes stecken Positionen in Debatten um die Geschlechterrollen religiöser Frauen und Männer ab, Debatten, die von einer Reformbewegung gegen "Missbräuche" angestoßen wurde (darunter verstand man die Ausübung priesterlicher und bischöflicher Pflichten durch geweihte Frauen). Viele der späteren Handschriften weisen auf den Versuch hin, die zentrale Stellung der Frauen im religiösen Leben Frankens zu verteidigen; dazu gehört auch eine ganzseitige Kreuzigungsminiatur in einer Abschrift der Paulusbriefe (Würzburg, Universitätsbibliothek M. p. th. F 69); die Theologin und Künstlerin ließ sich von Paulus inspirieren, der im Galaterbrief (3,27-28) schrieb, in Christus gäbe es nicht Mann noch Frau; gleichzeitig aber wird die paulinische Botschaft einer Kommunität von Jungfrauen vorgetragen. Im Schlussteil meines Vortrags möchte ich das theologischen Denken analysieren, das hinter dieser Frauenminiatur steht.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Lifshitz, Felice (Philadelphia, Pa., 2008)
Gender and Christianity in medieval Europe : new perspectives The Middle Ages series
Lifshitz, Felice (New York, NY [u.a.], 2007)
Paradigms and methods in early medieval studies The new Middle Ages
Lifshitz, Felice (2007)
Gender trouble in paradise : the problem of the liturgical virgo
Lifshitz, Felice (2007)
A Cyborg initiation? Liturgy and gender in Carolingian East Francia
Lifshitz, Felice (Notre Dame, Ind., 2006)
The name of the saint : the martyrology of Jerome and access to the sacred in Francia, 627 - 827 Publications in medieval studies
Lifshitz, Felice (2002)
Demonstrating gun(t)za : women, manuscripts, and the question of historical "proof"
Lifshitz, Felice (Toronto, 1995)
The Norman conquest of Pious Neustria : historiographic discourse and Saintly relics 684 - 1090 Studies and texts ; 122