Jens Eisert, Dr. rer. nat.
Professor für Quanteninformationstheorie
Universität Potsdam
Geboren 1970 in Ludwigshafen
Studium der Physik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
und der University of Connecticut
Schwerpunkt
Klassische Simulation quantenmechanischer Systeme: Klassische Information versus Quanteninformation
Arbeitsvorhaben
Information, Kohärenz, Verschränkung
Einzelne physikalische Systeme des Ultrakleinen wie Atome, Photonen - also Quantenlichtteilchen - und Ionen gehorchen Naturgesetzen, die fundamental verschieden sind von denen, die wir von der durch die Alltagserfahrung geprägte makroskopische Welt kennen. Diese Welt wird bestimmt durch Gesetze der Quantenmechanik, einer fundamentalen physikalischen Theorie, die zu einer enormen Genauigkeit experimentell bestätigt ist. Diese Theorie macht prinzipiell nur statistische Vorhersagen, sagt aber in aller Regel nichts darüber aus, welches Messergebnis man konkret zu erwarten hat. Einzelne Quantensysteme wie einzelne Atome können auch in Zuständen sein, die kein klassisches Analogon kennen, und die zu stärkeren Korrelationen führen, als dies in der von uns anschaulich vorstellbaren klassischen Welt denkbar ist. Diese Verschiedenartigkeit dieser Theorie von all dem, was wir aus der Erfahrung kennen, hat seit ihrer rauschhaften Entwicklung in den späten 20er Jahren des letzten Jahrhunderts eine rege Debatte ausgelöst über den Status des absoluten Zufalls, der Nichtlokalität in der Theorie, und von Kausalität.Lektüreempfehlung
Cramer, M., C. M. Dawson, J. Eisert, and T. J. Osborne. 2008. "Exact relaxation in a class of non-equilibrium quantum lattice systems." Physical Review Letters 100, 030602.
C. M. Dawson, J. Eisert, and T. J. Osborne. 2008. "Unifying simulation methods of quantum many-body systems." Phys. Rev. Lett. 100, 130501.
Kolloquium, 29.06.2010
Quantentheorie, Bells Theorem und der absolute Zufall
Man stelle sich vor, man träfe einen alten Freund oder eine alte Freundin auf der Straße.
"Was für ein Zufall, Dich hier zu sehen!", könnte man ausrufen.
Was allerdings wie ein zufälliger Moment erscheint, ist letztlich natürlich eine Konsequenz der Tatsache, dass man keinen Kontakt mit dieser Person gehalten hat. Wir hätten durchaus wissen können, dass wir sie treffen würden (ein einfacher Telefonanruf zur rechten Zeit hätte es offensichtlich getan). Diesem "scheinbaren Zufall" liegt also im Kern unsere eigene Unwissenheit zugrunde. Auch die vermeintliche Zufälligkeit, die wir, sagen wir, vom Roulettespiel kennen, ist in einem ähnlichen Sinne eine "scheinbare Zufälligkeit": Auch wenn es in der Praxis schwierig sein mag, den genauen Ausgang vorherzusagen, wäre dies im Prinzip möglich, wüssten wir nur sehr genau die Anfangsbedingungen der Kugel, wie sie in das Rouletterad fällt. In der klassischen Physik ist letztlich jede scheinbare Zufälligkeit mit einem Grad an Unwissenheit verbunden: Immerhin handelt es sich hier um eine rein deterministische Theorie, die gar kein Zufälligkeitselement aufweist.
In diesem Vortrag werde ich einen mutigen Versuch unternehmen: Ich werde argumentieren, dass die Rolle des Zufalls in der Quantenmechanik - der fundamentalen physikalischen Theorie über die Natur, die wir heute kennen - auf eine ganz eindrückliche Art verschieden ist von der, die wir aus der Alltagserfahrung kennen. Wir werden sehen, dass sich die Zufälligkeit der Quantenmechanik und ihr statistischer Charakter nicht auf bloße Unwissenheit über verborgene lokale Variablen zurückführen lässt - in einem Sinne ist der Zufall "absolut". Man kann sogar die Existenz solcher verborgener Variablen ausschließen, selbst wenn man annehmen möchte, dass sie prinzipiell direkt unbeobachtbar sind - eine recht interessante Situation.
Im letzten Teil des Vortrags werden wir sehen, wie sich die Quantenkorrelationen, die im obigen Argument eine zentrale Rolle spielen, technologisch nutzbar machen lassen, etwa in der Quantenkryptographie. Ich möchte auch andeuten, dass es ironischerweise gerade letztlich diese Quantenkorrelationen sind, die auf eine recht subtile Art dafür sorgen, dass wir in der Alltagswelt so wenige Quanteneffekte direkt wahrnehmen können und daher die Quantentheorie als die "Theorie des Ultrakleinen" gehandelt wird.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Eisert, Jens (Basingstroke, 2012)
Eisert, Jens (College Park, Md., 2011)
Directly estimating nonclassicality
Eisert, Jens (College Park, Md, 2011)
Optimal unitary dilation for bosonic Gaussian channels
Eisert, Jens (College Park, Md., 2011)
Experimental implementation of the optimal linear-optical controlled phase gate
Eisert, Jens (College Park, Md., 2011)
Absence of thermalization in nonintegrable systems
Eisert, Jens (College Park, Md., 2011)
Information propagation for interacting-particle systems
Eisert, Jens (College Park, Md, 2011)
Preparing the bound instance of quantum entanglement
Eisert, Jens (Berlin, Heidelberg, 2011)
Concentration of measure for quantum stateswith a fixed expectation value
Eisert, Jens (Melville, NY, 2010)
Area laws for the entanglement entropy - a review