Klaus Ospald
Komponist
Hochschule für Musik Würzburg
Geboren 1956 in Münster (Westfalen), Deutschland
Studium der Komposition an der Hochschule für Musik Würzburg
Arbeitsvorhaben
Komposition für Kammerensemble und Live-Elektronik
Im Zentrum meiner letzten Werke steht ein umfangreicher Gesang von Giacomo Leopardi: "La ginestra o il fiore del deserto". Auch in dem jetzt geplanten Werk lege ich Abschnitte dieses großangelegten Gedichts zugrunde, die eine ontologische Dimension besitzen und wie eine Matrix sämtliche Bereiche des Werks durchdringen.In schlichten Bildern schildert Leopardi die existenzielle Abhängigkeit menschlichen Daseins: Er besingt die gleichgültige Natur, die wir besitzen wollen, als wäre sie für uns geschaffen, deren Schönheit wir fressen, deren Vorratskammern wir plündern wollen. Und dämonisiert nicht ihre ungezähmte Kraft, da sie uns auslöscht, als seien wir eine Randerscheinung des evolutionären Prozesses, seine Träne oder sein Blinddarm.
Geradezu modern mutet Leopardis Einsicht an, dass - frei nach Nietzsche - nicht das Aussprechen von Wahrheit das gesellschaftliche Leben zusammenhält, sondern Illusion und Täuschung. Leopardis leidenschaftliches Bedürfnis, die Unendlichkeit in kraftvollen, atemlosen Gesängen er- und umfassen zu wollen, zog mich unwiderstehlich in diese zerklüftete, Zeiten überdauernde Sprach- und Bildruine. So hoffe ich, mit diesem Werk einen weiteren Aspekt in dem von mir groß angelegten Zyklus zu entdecken und zu vollenden.
Die Live-Elektronik tritt einerseits als Feinjustierung der Intonation in das musikalische Geschehen ein, d. h. Intervalle gelangen in ihrer konventionellen Intonation in Bereiche des Hörens, die bewusst die fließende Grenze von vertraut intonierten Intervallen und ausgeweiteten bzw. zusammengepressten Intervallbildungen suchen (Intonationsdoppelgänger). Weiterhin trägt sie dazu bei, den klanglich verborgenen Möglichkeiten der Instrumente eine akustische Außenseite zu geben, die somit in ungeahnter Weise in die Komposition eingreift und die verwendeten Klänge, aber auch den formal-dynamischen Prozess beeinflusst. Da keine vorgefertigten elektronischen Klänge verwendet werden, ist das unmittelbar Prozesshafte der Ausführung ein wichtiger Bestandteil der Komposition, die selbst in der Aufführung neue, spontane Ereignisse zulässt: Klangumwandlungen ereignen sich im Spiel und machen die Zerbrechlichkeit der kompositorischen Gestaltung während einer Aufführung ständig gegenwärtig. Die Ausgestaltung der elektronischen Klangumwandlungen wie die Resultate hängen in hohem Maße vom Spieler ab: Ansatz, Ort der Bogenführung etc. können die Klangumwandlungen vollkommen verändern. Damit wird der Spieler in einen Prozess, der sich ihm anfangs entzog, wieder eingebunden. Der intime Klangraum, der stets mit einem real erklingenden Instrument verbunden ist, geht somit nicht verloren, sondern wird durch die Möglichkeiten der Live-Elektronik in einen neuen, vielgestaltigen Klangraum eingewoben.
Das Werk ist ein Kompositionsauftrag des Experimentalstudios des SWR.
Hörempfehlung
Ospald, Klaus. "Tschappina-Variationen. Konzert für Ensemble und Violine." Neos, 2008.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Ospald, Klaus (München, 2019)
Klaus Ospald Musik-Konzepte ; Neue Folge, Heft 183 = 2019,2
Ospald, Klaus (s.n., 2016)
"Ungefroren ist die Erde ..." : für Orchester und Frauenstimme (Coburger Fassung)
Ospald, Klaus (Mainz, 2015)
Ospald, Klaus (Berlin, 2014)
Ospald, Klaus (Berlin, 2012)
Ospald, Klaus (s.l., 2011)
Sovente in queste rive ... : für Orchester (2009/10)
Ospald, Klaus (s.l., 2010)
Cosi dell'uomo ignara ... (2007/08)
Ospald, Klaus (s.l., 2010)
"One shade the more, one ray the less" (1998/2009) für Blasorchester, Chor, Percussion und Harfe
Ospald, Klaus (s.l., 2008)
Sinfonie für großes Orchester und drei Solostimmen (1995-97)
Ospald, Klaus ([Icking], 2007)
Tschappina-Variationen : für Ensemble ; (2001) Tschappina-Variationen