Ève Chiapello, Dr.
Directrice d'études
École des hautes études en sciences sociales, Paris
Born in 1965 in Lyon, France
Studied Business Administration and Sociology at the HEC Paris, the Université Paris-Dauphine and the EHESS
Arbeitsvorhaben
Financialised Politics for Times of Financialised Capitalism
My current work consists of exploring how calculative instruments, devices, and mind-sets specific to financial activities are penetrating a range of non-financial sectors. In particular, I try to document that a great many reform plans and systems devised in response to what can be seen as crises of capitalism draw on the knowledge, knowhow, problem identification, and problem-solving methods of finance professionals. The point of my stay in Berlin will be to write a book about this situation. The principal argument is that in this age of financialised capitalism, public policies are being written partly in the language of finance and are striving to enrol actors from private finance. One of the theoretical objectives is to work on the interdependencies between governmental operation methods and public policy formulation, on the one hand, and the distinguishing features of the capitalism of a time period, on the other hand. The book is intended to mark the closure of several years' research devoted to studying the financialisation of a number of areas (particularly social and environmental areas) and to propose an overall theoretical framework.Recommended Reading
Chiapello, Ève. "Financialisation of valuation." Human Studies 38, 1 (2015): 13-35. DOI: https://doi.org/10.1007/s10746-014-9337-x.
Chiapello, Ève, and Patrick Gilbert. Sociologie des outils de gestion : Introduction à l'analyse sociale de l'instrumentation de gestion. Paris: La découverte, 2013. Rev. version in English: Management Tools: A Social Sciences Perspective. Cambridge: Cambridge University Press, 2019.
Boltanski, Luc, and Ève Chiapello. Le nouvel esprit du capitalisme. Paris: Gallimard, 1999. German: Der neue Geist des Kapitalismus. Constance: UVK, 2003. English: The New Spirit of Capitalism. London: Verso, 2005.
Kolloquium, 23.02.2021
Kann die Finanzwirtschaft die Welt retten? Das Unvereinbarkeitsdreieck finanzialisierter Lösungen für soziale und ökologische Probleme
Seit der großen Finanzkrise von 2008 haben einige Akteure aus der Finanzwelt sehr aktiv finanzwirtschaftliche Lösungen vorgeschlagen, um den großen sozialen und ökologischen Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. Sie schlagen die Entwicklung von Praktiken wie "Impact Investing" (Investitionen, die neben der Rendite auch Lösungen für soziale und ökologische Probleme erbringen sollen) vor, die Ausgabe von "Impact Bonds", um Projekte mit sozialen Zielsetzungen zu finanzieren, und die Einbindung großer philanthropischer Stiftungen und Entwicklungsbanken in "Blended Finance"-Konstruktionen (Mischfinanzierungsmodelle aus öffentlichen und privaten Geldern). Auf der ökologischen Seite werden Grüne Anleihen gerade äußerst eifrig beworben. Dieser Aktivismus nahm nach 2015 noch weiter zu, als das Pariser Klimaschutzabkommen unterschrieben wurde und die Vereinten Nationen die Ziele für nachhaltige Entwicklung beschlossen. Diese Ideen werden jetzt von zahllosen Akteuren weiterverbreitet, natürlich von finanzwirtschaftlichen Akteuren, aber auch von den Regierungen der entwickelten Länder, von UN-Organisationen, der Europäischen Union, der OECD, von zahlreichen internationalen Thinktanks und Stiftungen, dem Weltwirtschaftsforum etc.
In meiner Präsentation möchte ich Ihnen einen ersten Überblick über diese Bewegung verschaffen, über die Versprechungen, die sie macht, und über die Forderungen, die sie formuliert, insbesondere an Staaten. Ich möchte diese Entwicklung im Kontext der umfassenderen Transformation des Kapitalismus verorten, die von großen Teilen der sozialwissenschaftlichen Forschung mit dem Begriff "Finanzialisierung" beschrieben wird. Ich beschreibe dann zwei Vorhaben genauer - die "Social Impact Bonds" (sozial wirksame Anleihen) und die Klimaanleihen, die auf ganz unterschiedlichen Grundlagen soziale oder ökologische Projekte privat finanzieren wollen. Ich zeige, dass diese Mechanismen aufgrund ihrer derzeitigen Konstruktion und Konzeption ihre Versprechen aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht halten können; dennoch sind sie alle mit der fehlenden Infragestellung des herrschenden Gefüges finanzwirtschaftlichen Denkens verbunden.
Ich schließe meinen Vortrag mit dem Vorschlag, an diese Sackgassen mit einem "Unvereinbarkeitsdreieck" heranzugehen. Meines Erachtens ist es nicht möglich, 1. eine starke Lösung für die Finanzierung zu finden, die gleichzeitig 2. auf der sozialen oder ökologischen Ebene wirksam ist und 3. auf dezentralisierten Marktmechanismen und der Initiative privatwirtschaftlicher, insbesondere finanzwirtschaftlicher Akteure basiert.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Chiapello, Ève (London [u.a.], 2021)
The fabrication of environmental intangibles as a questionable response to environmental problems
Chiapello, Ève (Cologne, 2020)
Social finance, impact investing, and the financialization of the public interest Historical social research ; Vol. 45,173 = 3 (2020)
Chiapello, Ève (Paris, 2020)
Faire l'économie de l'environnement Sciences sociales
Chiapello, Ève (Cambridge, United Kingdom, 2019)
Management tools : a social sciences perspective Sociologie des outils de gestion
Chiapello, Ève (Mannheim, 2017)
The dual function of judgment devices : why does the plurality of market classifications matter?