Ulrike Schwab
Musiktheater-Regisseurin
Berlin
von Dezember 2020 bis März 2021
Geboren in Frankfurt/Main
Studium des Operngesangs und der Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin
Fellowship
Mortier Next Generation-Fellow
Arbeitsvorhaben
Mozart "Così fan tutte" / Strauss "Die Frau ohne Schatten"
Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo Da Ponte haben mit ihrer 1790 uraufgeführten Oper "Così fan tutte o sia La scuola degli amanti" ein zeitloses Werk über die Utopien junger Liebender und deren Desillusionierung, über die Psychologie der Liebe selbst geschaffen. Zwei Paare verstricken sich in einem perfiden Experiment, welches die Brüchigkeit ihrer Beziehungen ans Licht bringt. Das "dramma giocoso" wandelt sich nach und nach in ein existenzielles Drama zwischen Spiel und Realität. Doch wie verhält man sich heute, in einer Zeit, in der die Brisanz eines Treuebruchs abgenommen zu haben scheint, zu dem Kernthema des Stücks? Wie geht man mit der zunächst verwechslungskomödiantisch anmutenden Farce der Handlung um, eine Frau erkenne ihren eigenen, verkleideten Mann nicht wieder?Ebenfalls zwei Paare, wenn auch von ganz anderer Natur, stehen im Zentrum von "Die Frau ohne Schatten". Dieses Stück steht mit Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal wiederum für die Zusammenarbeit zweier großer Musiktheaterschaffender. Und auch hier stellen sich Übersetzungsfragen: War die Oper bisher an ein großes Orchester und damit einhergehend an dramatische Stimmen gebunden, steht nun - nach dem 70. Todestag des Komponisten - Strauss' Werk zur Bearbeitung frei. Somit eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten des Zugriffs und der Überschreibung. Welche Zwischentöne gibt es beispielsweise für eine kammermusikalische Besetzung zu entdecken, destilliert man aus der Partitur den unmittelbarsten musikalischen Kern heraus? Welche weiteren Assoziationsketten und emotionale Schichten kann "Die Frau ohne Schatten" noch freisetzen, wird sie nicht mehr als etwas Unantastbares, sondern zunächst einmal als Material begriffen?
Ausgewählte Inszenierungen
Giovanni. Eine Passion nach Wolfgang Amadeus Mozart. Uraufführung 10. Oktober 2019, Neuköllner Oper Berlin. https://www.youtube.com/watch?v=v0HLcRZe93o.
Wolfskinder. Musiktheater für Erwachsene nach Humperdincks "Hänsel und Gretel". Uraufführung Januar 2018, Neuköllner Oper Berlin. https://www.youtube.com/watch?v=fzcKxpG7tAE.
Rigoletto. Oper von Giuseppe Verdi. Premiere 2. August 2013, Schlossoper Haldenstein, Chur. https://www.youtube.com/watch?v=flOa_Xhrmvg.
Kolloquium, 04.05.2021
GIOVANNI. Eine Passion
Die Theater-, Opern- und Konzerthäuser in ganz Deutschland sind nun seit so vielen Monaten geschlossen und viele aus unserem Fellowjahr hatten sich neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit am Wiko sehr auf das rege Kulturleben Berlins gefreut. Ich möchte daher meinen Vortrag nutzen und anhand meiner Inszenierung von Mozarts "Don Giovanni" an der Neuköllner Oper Berlin einen kleinen Einblick in die freie Musiktheaterszene dieser Stadt fernab von den drei großen Opernhäusern geben. 2019 habe ich gemeinsam mit dem STEGREIF.orchester den Mythos des Don Juan auf seine Zeitlosigkeit befragt und einen Theaterabend zwischen Volksfest, Totenfeier, Karnevalstaumel und Prozession entwickelt. Ich werde meine konzeptionellen Gedanken und Prozesse noch vor der eigentlichen Probenarbeit vorstellen, Ausschnitte aus der tatsächlichen Vorstellung zeigen und den Luxus der Retrospektive nutzen, um mich kritisch mit Ansatz und Arbeitsweise dieses Projektes auseinanderzusetzen.