Stephan R. Epstein, Ph.D.
Professor der Wirtschaftsgeschichte
London School of Economics and Political Science
Geboren 1960 in Deutschland; verstorben 2007 in London.
Studied History at the Universities of Florence, Siena and Cambridge
Arbeitsvorhaben
Die Entwicklung und Überlieferung von technischem Wissen in Europa 1200-1800
The project examines the role of experience in the generation and transmission of technical knowledge in Europe from 1200 to 1800. It focuses on the training of skilled labour, on craftsman and engineer heuristics and experimentalism, and on the transmission of knowledge through mobile labour. It aims to show that standard "premodern" tacit and explicit knowledge systems can explain the peculiar technological trajectory of medieval and early modern Europe, including the First Industrial Revolution.Recommended Reading
Epstein, Stephan. An Island for Itself: Economic Development and Social Transformation in Late Medieval Sicily. Cambridge: Cambridge University Press, Past and Present Publications Series, 1992.
- Freedom and Growth: Markets and States in Europe, 1300-1750. London: Routledge, 2000.
- Town and Country in Europe, 1300-1800. Cambridge, Cambridge University Press, 2001.
Kolloquium, 10.06.2004
Transferring Technical Knowledge in Europe 1250-1800
Den Hintergrund für meine derzeitige Arbeit bildet eine klassische Frage der (Wirtschafts-) Geschichte: Wie erklären wir die Industrielle Revolution, warum ereignete sie sich in Europa und nicht, sagen wir, in China? In meinem Projekt versuche ich, drei allgemein anerkannten Tatsachen und einigen plausiblen Implikationen Rechnung zu tragen. Zunächst ist die Industrielle Revolution das Ergebnis einer Veränderung, die anfänglich in kleinem Umfang und nur schrittweise vonstatten geht, etwa ab 1200 oder etwas früher. Der technische Fortschritt im Europa der Vormoderne war ein anhaltender und ununterbrochener Prozess; im Gegensatz dazu erlebten die großen asiatischen Zivilisationen (China, Indien) kurze Ausbrüche technischen Fortschritts (zwei bis drei Jahrhunderte), auf die Stagnation folgte. Zweitens war die technologische Überlegenheit in Europa geographisch instabil; die Führung verlagerte sich langsam vom östlichen Mittelmeerraum nach Nordwesten. Im Unterschied dazu zeigte die technologische Überlegenheit in Asien eine Tendenz zu geographischer Stabilität. Der dritte Punkt liegt darin, dass das technische Wissen der Vormoderne zum größten Teil ein verborgenes (implizites) Wissen ist. Es war daher von großer Bedeutung, dass sich die Techniker ohne große Probleme von einem Gebiet, das sich im Niedergang befand, zu neuen technischen Führungsfiguren aufmachen konnten. In Europa konnten Techniker günstig reisen, denn sie gehörten einer nicht-askriptiven Gruppe an und wurden von miteinander konkurrierenden Investoren angefordert. In China und Indien war die Mobilität geringer, denn die askriptiven Gruppen waren stärker, und das Werben um die Techniker war schwach.<br>
Der Vortrag heute konzentriert sich auf die Frage, wie die vormodernen europäischen Gesellschaften Handwerker und Ingenieure ausbildeten, die technische Innovationen hervorbringen konnten. Ich frage auch, wie vormodernes technisches Wissen gespeichert wurde, um Verlust zu vermeiden; auf welche Weise implizite, visuelle, verbale, ostensive und schriftliche Mittel der Weitergabe heuristisch genutzt wurden, und wie das etablierte und das neue Wissen von Ort zu Ort vermittelt wurde. In meiner Erörterung möchte ich folgende Punkte ansprechen: <br>
1. Die Natur des experimentellen Wissens
- die Aneignung von Fertigkeiten, die Natur von Fachkompetenz; die kollektive oder 'verteilte' Natur handwerklichen und technischen Wissens<br>
2. Technische Heuristik (Regeln für die Herstellung von Dingen und die Bewahrung des Wissens)<br>
- der sichtbare Beweis: überwiegend von großen Bauten und aus dem Schiffsbau<br>
- Flexibilität beim Aufstellen von Regeln und beim Verstoß gegen sie; die kognitiven Grenzen der Flexibilität: Empirismus und die Unfähigkeit, zwischen Struktur und Form zu unterscheiden<br>
- Der Gebrauch von Zeichnungen bei der Errichtung von Gebäuden und bei Schiffsbau; die kognitiven Grenzen des Zeichnens: Innovation in der Struktur oder in der Form schaffen?<br>
- dreidimensionaler Modellbau als Alternative zum Zeichnen; Experimentieren<br>
3. Technologische Mobilität<br>
- von Texten und Menschen; Hindernisse für den technologischen Prozess im Europa der Vormoderne: kognitive, epistemologische oder institutionelle?
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Epstein, Stephan R. (London, 2005)
Transferring technical knowledge and innovating in Europe, c.1200-1800
Epstein, Stephan R. (London [u.a.], 2000)
Freedom and growth : the rise of states and markets in Europe, 1300 - 1750 Routledge explorations in economic history ; 17
Epstein, Stephan R. (Cambridge [u.a.], 1992)
An island for itself : economic development and social change in late medieval Sicily Past and present publications