Amnon Raz-Krakotzkin, Ph.D.
Professor der Judaistik
Ben-Gurion University of the Negev, Beer Sheva
Born in 1958 in Jerusalem
Studied Early Modern and Modern Jewish History at the Hebrew University and at Tel Aviv University
Fellowship
Kulturstiftung des Bundes-Fellow
Schwerpunkt
Islamische und Jüdische Hermeneutik als Kulturkritik
Arbeitsvorhaben
Die Dialektik von Exil und Geschichte
The study aims to examine the dialectics of "history" and "exile" in modern Jewish discourse, and particularly in Zionist discourse. I will argue that the notion of "return to history" and its complementary "negation of exile", which is commonly used for the description of Zionism, expresses an acceptance of a secularized version of the Christian perception of "history" and particularly the negation of the pre-modern Jewish perception of history, as embodied in the concept of "exile". The present project aspires to reveal the potential embodied in the concept of exile as a challenge to the notion of "history" and the various dichotomies it produces. By associating the concept of "exile" with the concept of "binationalism" (which I elaborate as a critical category), I shall probe such existing dichotomies such as "West"("East", "Jew"("Arab", "Secular"( "Religious". The perspective of Mizrachi ("Oriental Jews") intellectuals, scholars, and artists shall be my initial field for this investigation.Recommended Reading
Raz-Krakotzkin, Amnon. "Censorship, Editing and Modern Jewish Perspective: The Catholic Church and Hebrew Literature in the Sixteenth Century." In Hebraica Veritas? Christian Hebraists, Jews and the Study of Judaism in Early Modern Europe, edited by Allison Coudret and Jeffrey Shoulson. Philadelphia: Penn University Press, 2003 (in print).
-. "Historisches Bewusstsein und historische Verantwortung." In Historiker-Streit in Israel, edited by Barbara Schäfer, 151-207. Frankfurt: Campus, 2000.
-. "Geschichte, Nationalismus, Eingedenken." In Jüdische Geschichtsschreibung heute: Themen, Positionen, Kontroversen, edited by M. Brenner and D. Myers, 181-206. Munich: C. H. Beck, 2002. (forthcoming also in English)
-. "A National Colonial Theology: Religion, Orientalism and the Construction of the Secular in Zionist Discourse." Tel Aviver Jahrbuch für Deutsche Geschichte 30 (2002): 312-326.
Kolloquium, 24.02.2004
Messianismus, Säkularismus und Binationalismus: Zionismus nach Gershom Scholem
In meinem Projekt versuche ich, einige Aspekte des zionistischen Geschichtsbewusstseins zu analysieren, das in solchen Formulierungen wie "Die Negation des Exils" und "Rückkehr zur Geschichte" zum Ausdruck kommt. Diese Formulierungen zeigen die theologische Dimension des zionistischen Nationalbewusstseins und darüber hinaus den Orientalismus, der sich hinter der sogenannten Säkularisierung und Nationalisierung des jüdischen Bewusstseins verbirgt. Auch möchte ich den Begriff des Exils herausstellen - als Herausforderung sowohl der vorherrschenden zionistischen Orientierung als auch der modernen Vorstellung von "Geschichte" und den verschiedenen Dichotomien, die sie hervorbringt. Damit möchte ich den Begriff des "Binationalismus" verknüpfen; der Binationalismus - so meine These - ist dabei weniger ein politisches Modell als vielmehr eine kritische Kategorie - kritisch gegenüber den derzeit üblichen Dichotomien wie Westen und Osten, Juden und Araber, Säkulares und Religiöses.
In diesem Vortrag möchte ich einige dieser Aspekte beleuchten, wie sie in den Schriften des "ersten Fellow" am Wissenschaftskolleg in Erscheinung treten - die Rede ist von Gershom Scholem, der einige Monate nach seiner Rückkehr Von Berlin nach Jerusalem (so der Titel seiner Autobiographie) im Jahr 1982 starb. Als großer Gelehrter und Kenner der jüdischen Mystik und des Messianismus war Scholem einer der prominentesten deutschjüdischen Intellektuellen der letzten Generation, und sein Projekt wird häufig in Verbindung mit dem Schreiben und Denken Kafkas, Freuds, Franz Rosenzweigs, Hannah Arendts und insbesondere seines Freundes Walter Benjamin gebracht. Ich bin der Ansicht, dass man Benjamins "Thesen zur Philosophie der Geschichte" als Kritik an Scholems zionistischer Auffassung jüdischer Geschichte lesen sollte.
Scholems Zionismus wurde in diesem Kontext geboren, als das Ergebnis einer Krise des Liberalismus und als Revolte gegen die deutschjüdische Kultur des Liberalismus. Scholem war beides: Schöpfer des zionistischen Mythos wie auch dessen Kritiker. Beständig warnte er vor dem "Messianismus" , aber wie ich zeigen will, wurde der Aufstieg radikaler nationalistischer Tendenzen durch seinen eigenen Ansatz genährt und ermöglicht. In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts unterstützte er die Idee des Binationalismus und verfasste einige der interessantesten kritischen Essays, in denen er die zionistische Verknüpfung zum Kolonialismus erforschte und kritisierte. Doch in den dreißiger Jahren gab er diese Haltung auf und spielte von da an eine wichtige Rolle in der Entwicklung des historischen Bewusstseins des Zionismus.
Diese Konstellation macht die Lektüre vom Scholems Schriften zur einem wichtigen Ausgangspunkt, wenn man die konkreten Aspekte der Nationalisierung und "Säkularisierung" der Juden und ihres Landes verstehen will; und eine Auseinandersetzung mit dem Zionismus kann vielleicht dabei helfen, bestimmte Aspekte der modernen westlichen Perspektive auf Geschichte im allgemeinen deutlich zu machen.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Raz-Krakotzkin, Amnon (Berlin, 2012)
Exile and binationalism Carl Heinrich Becker lecture der Fritz Thyssen Stiftung ; 2011 = [5]
Raz-Krakotzkin, Amnon (2011)
Raz-Krakotzkin, Amnon (2009)
Raz-Krakotzkin, Amnon (Göttingen, 2009)
Di/Visions : Kultur und Politik des Nahen Ostens Europa im Nahen Osten - Der Nahe Osten in Europa
Raz-Krakotzkin, Amnon (Paris, 2007)
Exil et souveraineté : judaïsme, sionisme et pensée binationale
Raz-Krakotzkin, Amnon (Philadelphia, 2007)
The censor, the editor, and the text : the Catholic Church and the shaping of the Jewish canon in the sixteenth century Ha-Tsenzor, ha-ʿorekh ṿe-ha-ṭeksṭ. <engl.>