John J. Rieser, Ph.D.
Professor der Psychologie
Vanderbilt University Nashville, Tennessee
Born in 1949 in Pittsburgh, Pennsylvania
Studied Social Relations and Child Psychology at Harvard University and at the University of Minnesota
Schwerpunkt
Entwicklung der räumlichen Wahrnehmung
Arbeitsvorhaben
Die Entwicklung räumlicher Wahrnehmung: Organisation von Empfindung und Handeln in Lern- und Entwicklungsprozessen
A main goal is to complete a draft of a book about the organization of perception and action during learning and development. It will connect work on locomotion and navigation with work on imagery and perceptual-motor coordination for other actions, including using tools, hurling objects, and speaking. The core topic of the book is to understand how actions are scaled in environmental terms. How is it, we ask, that people know how to throw a ball to reach a given target? How is it, we ask, that people can proactively locomote and navigate even without continuous feedback? How is it, we ask, that people know how much vocal intensity is needed to communicate with a person who is listening at a distance? The amount of action in each case depends on the actor's distance from the goal, and in addition people learn to fine tune their actions to fit the details of their circumstances. A main thesis of the volume is that this learning is organized functionally, so that when people learn to adjust a particular form of action the learning transfers to all actions that serve the same functional goal. The volume should synthesize work about learning and development of humans and animals and consider ways the nervous system might be designed to accomplish a functional organization.Recommended Reading
Rieser, John J. "Access to knowledge of spatial structure from novel points of observation." Journal of Experimental Psychology: Human Learning, Memory and Cognition 15 (1989): 1157-1165.
Rieser, John J., H. L. Pick, D. A. Ashmead, and A. E. Garing. "The calibration of human locomotion and models of perceptual-motor organization." Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance 21 (1995): 480-497.<br>
Rieser, John J. and H. L. Pick. "The perception and representation of human locomotion." In Common mechanisms in perception and action: Attention and performance XIX, edited by Wolfgang Prinz and Bernhard Hommel, 177-194. Oxford: Oxford University Press, 2002.
Kolloquium, 13.01.2004
Dynamische Raumorientierung: Problem, Theorie und Verknüpfungen zu allgemeinen Fragestellungen
Das Ziel meines Vortrages ist es, in das Thema der menschlichen Raumorientierung einzuführen. Anhand meiner Forschungen zur Frage, wie die Raumorientierung funktioniert, wenn man ohne Sicht geht, möchte ich einige Methoden illustrieren, die von Kognitionswissenschaftlern eingesetzt werden, um die menschliche Kognition zu verstehen.
Ich verwende den Ausdruck "Raumorientierung" hier, um mich auf den jeweils eigenen Standort und die Richtung des Gesichts in Relation zur Umgebung zu beziehen. Raumorientierung ist immer dann dynamisch, wenn man sich bewegt, gleichgültig, ob man die Bewegung in Form von Gehen, Laufen oder Fahrrad fahren etc. ausführt - das heißt, die jeweils eigenen Abstände und Richtungen in Relation zu den Dingen in der Umgebung verändern sich, und damit einhergehend auch die Übersetzungen und Drehungen in der Perspektive, die während der Bewegung stattfinden. Wenn man mit Sicht geht, kann man die Veränderungen im Abstand und in der Richtung seiner selbst in Relation zum Objekt sehen. Ich möchte zur visuellen Wahrnehmung und den biologischen Berechnungen, die für diesen Sehvorgang zuständig sind, nicht viel sagen. Anstatt dessen möchte ich mich auf die Raumorientierung konzentrieren, die man dann hat, wenn man ohne Sicht geht. In diesem Fall muss man darüber auf dem Laufenden bleiben, wie sich die eigene Raumorientierung in Relation zu den Objekten der erinnerten Umgebung verändert. Dazu bedarf es des "Gedächtnisses". (Daher gehöre ich der Gruppe an, die sich mit räumlicher Repräsentation befasst; " räumliche Repräsentation" ist eigentlich nur ein anderen Ausdruck für die Erinnerung an die räumlichen Eigenschaften der Dinge.) Erwachsene und sogar sehr kleine Kinder können das ziemlich gut. Wenn Sie die Zeit haben sollten, überzeugen Sie sich bitte selbst davon:
Es wäre sehr nützlich, wenn Sie folgendes Experiment machen würden: Stellen Sie sich in die Mitte eines Zimmers, in dem etwas Platz zum Herumgehen ist, und prägen Sie sich die Standorte einiger Objekte im Zimmer um Sie herum ein. Dann schließen Sie Ihre Augen und lassen Sie die Standorte der Objekte vor Ihrem inneren Auge noch einmal Revue passieren; halten Sie Ihre Augen geschlossen und zeigen Sie mit dem Finger auf die Objekte. Dann machen Sie ein paar Schritte vorwärts, drehen sich um und zeigen noch einmal auf die Standorte der Objekte. Während Sie das tun, ist es wahrscheinlich, dass Sie "dynamische Raumorientierung" erfahren, d. h. dass Sie wahrscheinlich gewahr werden, wie sich Ihre Abstände und die Richtungen Ihres Gesichts in Relation zu den Objekten in Ihrer erinnerten Umgebung verändern. In mancher Hinsicht ähnelt die Erfahrung, ohne Sicht zu gehen, der Erfahrung, mit Sicht zu gehen - in beiden Situationen ist man gewahr, wie sich Abstände und Richtungen in Relation zu dem Objekten in der Umgebung verändern. Für mich liegt das grundlegende Problem im Verständnis, wie Ihre erinnerungsgestützte Repräsentation der Objektstandorte in Ihrer Umgebung in jene Information integriert wird, die Sie von Ihren motorischen Handlungen bekommen, wenn Sie mit geschlossenen Augen gehen.
Wenn Sie jetzt noch genug Zeit und Geduld haben, machen Sie noch einmal das gleiche Experiment, aber diesmal mit etwas anderen Anweisungen. Stellen Sie sich wieder in die Mitte des Zimmers und prägen Sie sich die Standorte einiger Objekte im Zimmer ein (es kann das gleiche Zimmer sein). Jetzt gehen Sie bitte nicht ein paar Schritte vorwärts, sondern stellen Sie sich nur vor, dass Sie ein paar Schritte gingen und sich dann umdrehten. Und jetzt versuchen Sie bitte noch einmal, auf die Objekte in Ihrer erinnerten Umgebung zu zeigen, als ob Sie sich tatsächlich zum neuen Standort bewegt hätten. Üblicherweise - falls meine Anweisungen klar genug gewesen sind - finden es die meisten Leute ziemlich schwierig, sich den Wechsel der Perspektive vorzustellen.
Herbert Pick und ich haben eine Hypothese, wie die motorische Information, die vom Gehen kommt, in die Information des Gedächtnisses über die Objektstandorte in der erinnerten Umgebung integriert wird. Eines meiner Ziele für das Kolloquium besteht darin, die Hypothese zu erklären und zu zeigen, wie wir die Hypothese experimentell überprüft haben. Ein zweites Ziel liegt in der Erklärung eines ähnlichen Befunds - nämlich dass sich Menschen, die ohne Sehvermögen geboren werden, eine ziemlich gering ausgeprägte Fähigkeit haben, ihre räumliche Orientierung aufrecht zu erhalten, wenn sie "ohne Sicht" gehen. Diese Beobachtung mag verwirrend erscheinen, denn Menschen, die von Geburt an blind sind, haben ziemlich viel Übung darin, ohne Sicht zu gehen; gleichzeitig ist ihre Motivation sehr hoch, ihre räumlich Orientierung aufrecht zu erhalten, wenn sie gehen. Doch diese Beobachtung ist nicht verwirrend, wenn man sie im Kontext unserer Theorie betrachtet.
Hier sind Themen, die ich in meinem Vortrag zu erörtern hoffe (oder Themen, die Sie hoffentlich erörtern!):
In meiner Herangehensweise an meine Forschung zur menschlichen Kognition bin ich "anwendungsorientiert". Unter "Anwendungsorientierung" verstehe ich einerseits, dass ich Forschungen durchführe, mit deren Hilfe ich verstehen will, wie der menschliche Geist funktioniert. Doch darüber hinaus behalte ich auch im Auge, wie dieses Wissen "angewandt" werden kann. Es gibt wirklich wenige Dinge, die so nützlich sind wie eine gute Theorie, und indem ich die Anwendungsmöglichkeiten meiner Arbeit im Auge behalte, behalte ich die Bodenhaftung. Im Falle dieser Forschung zur räumlichen Orientierung, ist eine der "Anwendungen", die ich derzeit vor Augen habe, die Klärung der Frage, welche kognitiven Strategien den räumlichen Orientierungsfähigkeiten blinder Menschen von Nutzen sein könnten; eine andere Anwendung liegt im Verstehen, warum die bereits existierenden Geräte, die "virtuelle Realität" erzeugen, so armselig erscheinen.
Kognition ist "verkörpert", d. h. sie reflektiert die Anforderungen an unsere Körper und unsere physische Umgebung in unseren Sinnen; ich wünsche Janellen Huttenlocher wäre hier, um darüber zu reden.
Erfahrung spielt in der Entwicklung eine wichtige Rolle; mit Blick auf diese Forschung heißt das: visuelle Erfahrung erleichtert die Entwicklung der Fähigkeit, die dynamische Raumorientierung aufrecht zu erhalten, während man ohne Sicht geht, aber sie ist für die Entwicklung nicht notwendig.
Vorausgesetzt, dass Menschen so "klug" sind - warum sind einige nicht-menschliche Spezies so geschickt? Zeigt dies, dass Tiere auf eine allgemeine Art und Weise "klug" sind? Und/oder anders: zeigt es, dass einige kognitive Fähigkeiten in einem hohen Maße modularisiert sind? Dies, glaube ich, ist eine Frage, die Sie Ken Cheng, Sara Shettleworth, David Poeppel, Janellen und Peter Huttenlocher (wenn sie nur da wären!), Herb und Anne Pick (sie sind da) und Jim Hunt stellen sollten!
Diese Forschung zeigt, dass die kognitiven räumlichen Repräsentationen des Menschen dynamisch sind, aber auch, dass die Dynamik der Repräsentationen durch Bewegungsaktionen erleichtert wird. Welche Gemeinsamkeiten könnte es zwischen den dynamischen Raumrepräsentationen, die ich erforsche, und den kognitiven Repräsentationen jener Art geben, die Geographen wie Jacques Lévy und Kunsthistoriker/Philosophen wie Horst Bredekamp untersuchen? Denken sie über Repräsentationen des Raumes als etwas nach, das dynamisch ist? Sollten sie?
Worin liegen einige der Ähnlichkeiten und Unterschiede der einfachen hypothetisch-deduktiven, experimentellen Methoden, die ich beschrieben habe, und den Methoden, die einige von Ihnen in der Geschichtswissenschaft, der Philosophie und Literatur hier im Wissenschaftskolleg zur Anwendung bringen?