Barbara Hellriegel, Dr. rer. nat.
Privatdozentin der Zoologie, speziell der Mathematischen Biologie
Universität Zürich
Geboren 1960 in Mannheim
Studium der Mathematik an der Universität Heidelberg
und an der Freien Universität Berlin
Schwerpunkt
Epidemiologie der Infektionskrankheiten
Arbeitsvorhaben
Evolutionsökologie trifft Medizin: Implikationen für die Bekämpfung der Evolution von Antibiotikaresistenz und Virulenz
Moderne Medizin, expandierende Populationen und wachsende Mobilität haben die Selektionsdrücke auf Krankheitserreger (z. B. durch Medikamente) und die Möglichkeiten ihrer Ausbreitung (z. B. SARS) dramatisch verändert. Virulenz (z. B. von neuen Krankheiten) und Antibiotikaresistenz (z. B. bei HIV, TB, Malaria, Staphylokokken- und Salmonelleninfektionen) sind weltweit wachsende Probleme. Beide können lebensbedrohend sein, sie gefährden den medizinischen Fortschritt, sind eine Herausforderung für Kontrollprogramme und ein Kostenfaktor.Das Projekt strebt an, die Ursachen der hohen Variation in Ausmaß und Rate der Resistenzentstehung, ihrer Reaktion auf Interventionen und ihre Auswirkungen auf die Virulenzevolution zu identifizieren. Evolutiv betrachtet, sind Resistenz, Virulenz und eine mögliche Rückkopplung zwischen ihnen zu erwartende Phänomene. Die Koevolution von Wirts- und Mikrobenarten (Viren, Bakterien, Pilzen, Parasiten) hat Eigenschaften selektiert, die Mikroben helfen, der Wirtsimmunantwort sowie der Medikation zu widerstehen und neue Wirtsarten zu erobern. Wir kombinieren deshalb evolutionsökologische Theorien mit mathematischen Modellierungstechniken, um folgende Fragen zu klären: Welche Fitnesskomponenten der Mikroben, außer der Resistenz, tragen bei gewissen Krankheiten zum weltweiten Erfolg weniger (multipel) resistenter Klone bei? Wie beeinflusst der in sehr unterschiedlichen Selektionsregimen resultierende unsachgemäße Antibiotikagebrauch die Resistenzausbreitung in Hospitälern, Gemeinden und verschiedenen Ländern?
Lektüreempfehlung
Hellriegel, Barbara. "Modelling the Immune Response to Malaria with Ecological Concepts: Short-Term Behaviour Against Long-Term Equilibrium."
Proceedings of the Royal Society of London Series B 250 (1992): 249-256.
Hellriegel, Barbara. "Immunoepidemiology: Bridging the Gap Between Immunology and Epidemiology." TRENDS in Parasitology 17, 2 (2001): 102-106.
Bernasconi, G., T.-L. Ashman, T. R. Birkhead, J. D. D. Bishop, U. Grossniklaus, E. Kubli, D. L. Marshall, B. Schmid, I. Skogsmyr, R. R. Snook, D. Taylor, I. Till-Bottraud,
P. I. Ward, D. W. Zeh and B. Hellriegel. "Evolutionary Ecology of the Prezygotic Stage." Science 303, 5660 (2004) 971-975.
Kolloquium, 15.03.2005
The Limits of Intuition: How mathematical modeling helps us understand biological complexity
Auf den ersten Blick haben die mich interessierenden biologischen Systeme wenig gemeinsam: Malariaparasiten in einem Patienten, Froschhybride, die mit ihrer Elternart zusammenleben, sich fortpflanzende männliche und weibliche Fliegen oder Bakterienpopulationen in geimpften menschlichen Populationen. Genaueres Hinsehen zeigt jedoch, dass die Beteiligten in all diesen Fällen dadurch eng verkoppelt sind, dass die Beziehung zumindest für einen der beiden obligatorisch ist. Das heisst, entweder nur einer oder sogar beide Beteiligten können ohne den anderen nicht überleben und/oder sich fortpflanzen. Diese Abhängigkeit resultiert in Interessenkonflikten und komplexen Interaktionseffekten und führt zu Koevolution.
Können wir verstehen, warum wir in diesen Systemen trotz der manchmal heftigen Konflikte Koexistenz beobachten? Ist es möglich, die aus der obligatorischen Kopplung resultierende Komplexität durch einfache Mechanismen zu erklären? Wenn Interaktionseffekte und Nicht-Linearitäten auftreten, stösst unsere Intuition schnell an ihre Grenzen und Mathematik wird zu einem wertvollen Hilfsmittel. Meine Arbeit, verbindet deshalb den Realismus von Daten und Experimenten mit der Stärke mathematischer Modelle im Umgang mit Komplexität. Mit Hilfe zweier sehr unterschiedlicher Beispiele für sogenanntes evolutionäres "Wettrüsten" werde ich zeigen wie:
* Sexuelle Konflikte mathematisch gelöst werden können
Wenn Weibchen sich mit mehreren Männchen verpaaren, konkurrieren die Spermien der Kontrahenten um die Befruchtung. Die resultierende hohe Varianz in den Vaterschaftsanteilen kann teilweise durch Eigenschaften der Männchen erklärt werden. Bei vielen Arten haben auch die Weibchen morphologisch komplexe Reproduktionssysteme, die sie befähigen könnten, die Vaterschaft durch post-kopultorische Manipulation der Spermien zu beeinflussen. Wie und zu welchem Grad können Weibchen die Vaterschaftsanteile kontrollieren?
* Komplexe Krankheiten mathematisch behandelt werden können
In Wirt-Parasit-Beziehungen interagieren die zwei Beteiligten sowohl auf der Populationsebene als auch innerhalb jedes infizierten Individuums und die jeweiligen Resultate dieser Interaktionen beeinflussen sich gegenseitig. Die moderne Medizin hat durch Impfungen und Antibiotika in das uralte Wettrüsten zwischen unseren Mikroben und uns eingegriffen. Wie verändern diese Interventionen die Ausbreitung ansteckender Krankheiten in Krankenhäusern oder Gemeinschaften?
Abendkolloquium , 22.03.2005
Truth and the F-Word, or: Knowledge versus Ideology? On Epistemological Uses of Feminism in the Social and Natural Sciences
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Hellriegel, Barbara (2006)
Sexual conflict over floral receptivity
Hellriegel, Barbara (2006)
Mathematical modelling : a tool for hospital infection control
Hellriegel, Barbara (Zürich, 2005)
Gemeinsam statt einsam : Peer-Mentoring als Nachwuchsförderung in eigener Regie Universelle ; 7
Hellriegel, Barbara (2004)
Evolutionary ecology of the prezygotic stage
Hellriegel, Barbara (2002)
Environmental influences on the gametic investment of yellow dung fly males
Hellriegel, Barbara (2001)
Immunoepidemiology : bridging the gap between immunology and epidemiology
Hellriegel, Barbara (Zürich, 2000)
Dynamics of obligately coupled biological systems : Habilitationsschrift