John T. Hamilton, Ph.D.
Professor der Vergleichenden Literaturwissenschaft
Harvard University
Born in 1963 in New York
Studied German and French Literature, Greco-Roman Literature,
Music and Philosophy at New York University
Arbeitsvorhaben
Musik, Wahnsinn und die Öffnung der Sprache
The project investigates literary representations of musical and mad experience, which point to moments in the text where representation itself is called into question. Readings in Diderot, Hoffmann, Wackenroder, Kleist, Nietzsche, Kafka, and Th. Mann demonstrate how music and madness are claimed to work together to open up new, non-representational dimensions in language. Critical analyses interrogate these claims and consider their ramifications not only for literature, but also for the aesthetics of music and for theories of interpretation.Recommended Reading
Hamilton, John T. Soliciting Darkness: Pindar, Obscurity, and the Classical Tradition. Cambridge, MA: Harvard University Press, 2003.
-. "Fulguratores: Inscribing Thunderbolts in Lessing and Hölderlin." Poetica 33 (2001): 445-464.
-."'Ist das Spiel vielleicht unangenehm?' Musical Disturbances and Acoustic Space in Kafka." Journal of the Kafka Society of America 29 (2005).
Kolloquium, 22.11.2005
Unequal Song: On Diderot's Le Neveu de Rameau
Der Arbeitstitel meines Projekts lautet "Music, Madness and the Unworking of Language" (Musik, Wahnsinn und die Außerkraftsetzung der Sprache). Es befasst sich mit der in der Literatur gängigen Praxis, bestimmte Vorstellungen von Wahnsinn mit musikalischer Erfahrung zu verknüpfen. Ganz allgemein konstituieren Wahnsinn und Musik die Grenzen der Kommunikation, der Repräsentation und der subjektiven Identität: Momente, in denen Sprache entweder überboten wird, wie etwa in jenen Musiktheorien, die das Irrationale und Affektive betonen, oder in den Thesen der "absoluten Musik", oder wenn die Sprache vollkommen zusammenbricht, wie in Foucaults "Archäologie des Schweigens". Wenn Sprache funktioniert, als Kommunikation, Repräsentation, Beschreibung oder Ausdruck, dann zeigen Musik und Wahnsinn in der Literatur möglicherweise, wie sich Sprache selbst außer Kraft setzen und auflösen kann.
Ich gehe in meinem Projekt nicht von der Annahme aus, dass jede Musik wahnsinnig ist oder dass jeder Wahnsinn irgendwie musikalisch ist. Vielmehr möchte ich mich auf einen einzigen literarischen Topos konzentrieren, den wahnsinnigen Musiker, der in der europäischen Tradition erstaunlich langlebig ist. Auch ist das Projekt keine schlichte Übung in traditioneller Toposforschung, sondern eine Möglichkeit, die philosophischen, musikwissenschaftlichen, semiotischen und semantischen Themen zu untersuchen, die in der literarischen Praxis aufgegriffen werden.
Musik und Wahnsinn haben anscheinend eines gemeinsam: das Fehlen von Begriffen. Man kann diesen Umstand sehr unterschiedlich bewerten: als Defizit (z. B. wird der Irrationalismus während der Aufklärung angegriffen); als Vorteil (z. B. in Kants reflexivem Urteil oder Schellings intellektueller Intuition, die nicht an die Strategien der Begrifflichkeit gebunden ist); oder als Sprachkritik (wie in Nietzsches Misstrauen gegenüber dem Wort, oder wie in Ernst Blochs Theorie von der Unzugänglichkeit und gleichzeitig von der Philosophie der Musik, und in Adornos musikalisch verschlüsselter "begriffsloser Erkenntnis"). Wie sieht die Beziehung zwischen musikalischem Klang und gesprochener Sprache aus? Können Musik und Wahnsinn ohne Begriffe Bedeutung produzieren? Können sie verstanden werden, wenn sie doch vorsprachlich oder jenseits der Sprache sind? Was folgt aus einer "musikalisierten Sprache" (melopoeia) oder einer zum Text gewordenen Musik (musica poetica)?
Obwohl ich mich überwiegend auf Texte der deutschen und französischen Literatur und Philosophie aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert konzentriere, in denen diese Probleme explizit diskutiert wurden, geht mein Projekt dennoch einerseits bis in die griechische Antike zurück (d. h. zur ambivalenten Rolle der Musik in der Tragödie und der Pädagogik), andererseits bezieht es sich auch auf die modernen Mythen - mit einem Schlusskapitel über Thomas Manns "Doktor Faustus" als einem Kompendium der verschiedenartigen und komplexen Traditionen, die ich in meinem Buch skizziere. Andere Kapitel befassen sich mit Diderot ("Le Neveu de Rameau"), Heinse, Wackenroder und Tieck, E. T. A. Hoffman, Kleist ("Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik"), Balzac ("Gambara" und "Sarasine"), Nietzsche und Wagner, und D'Annunzio ("Il Trionfo della Morte").
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Hamilton, John T. (Princeton, N.J. [u.a.], 2013)
Security : politics, humanity, and the philology of care Translation/Transnation
Hamilton, John T. (2009)
Hamilton, John T. (New York, NY, 2008)
Music, madness, and the unworking of language Columbia themes in philosophy, social criticism, and the arts
Hamilton, John T. (Düsseldorf, 2006)
Die Ohren sind ein Hirn für sich : Prof. Hamilton (Harvard) über "Musik und Wahnsinn" ; Alexander Kluge im Gespräch mit John T. Hamilton News & Stories
Hamilton, John T. (Cambridge, Mass. [u.a.], 2003)
Soliciting darkness : Pindar, obscurity, and the classical tradition Harvard studies in comparative literature ; 47
Hamilton, John T. (2001)
Fulguratores : Lessing and Hölderlin
Hamilton, John T. (2001)
Thunder from a clear sky : on Lessing's redemption of Horace
Hamilton, John T. (2000)
Poetica obscura : reexamining Hamann's contribution to the Pindaric tradition