Bruce M. S. Campbell, Ph.D.
Professor für Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters
Queen's University, Belfast
Born in 1949 in Rickmansworth, Hertfordshire, England
Studied Geography at the University of Liverpool and
at the University of Cambridge (Darwin College)
Arbeitsvorhaben
Wirtschaft und Umwelt in Großbritannien und Irland, 13., 14. und 15. Jahrhundert
This project (whose principal output will be a book to be published by Cambridge University Press in 2012) has four main aims:- to integrate environmental history into mainstream economic history;
- to evaluate the contribution of environmental factors, both physical and biological, to the far-reaching demographic and economic changes of the thirteenth, fourteenth and fifteenth centuries;
- to offer a fresh chronological account of a formative period based upon an array of quantifiable data, both environmental and economic, taking account of developments on both sides of the Irish Sea;
- thereby, to advance medieval history and economic history into new areas of enquiry.
Anthropocentric views of the past have long prevailed within economic history, whereby it is presumed that endogenous human agencies were more powerful than the exogenous forces of Nature. This project intends to redress this bias by taking as its basic premise the inherent instability and unpredictability of the environment - physical and biological - within which human society has evolved and of which the fourteenth century is a dramatic exemplar. Thus, it was freak weather conditions associated with the onset of a shift in global circulation patterns that precipitated the Great European Famine of 1315-17. More devastating than the weather was disease. Cattle plague spread west from central Europe when the abnormal weather was at its most extreme to decimate herds in 1319-20 in England and 1321 in Ireland. Major murrains of sheep followed with repercussions for the wool-dominated export trade. Finally, the Black Death of 1348-49 triggered the greatest single mortality crisis in recorded English and European history. Simultaneously, harvests failed once again.
This close juxtaposition of physical and biological hazards is as enigmatic as it is intriguing and assumes all the greater significance because it occurred at the climax of several centuries of economic expansion and population growth, which had culminated in the creation of the first world economy: together, commercial and demographic growth created ideal preconditions for the rapid pan-continental spread of the fatal pathogen, whether bacterium or virus. In effect, this was the collapse of a complex system comprising physical, biological and chemical as well as human components.
Recommended Reading
Campbell, B. M. S. "Nature as Historical Protagonist: Environment and Society in Pre-Industrial England" (the 2008 Tawney Memorial Lecture). Economic History Review 2009. DOI: 10.1111/j.1468-0289.2009.00492.x. 2008
Campbell, B. M. S. "Nature as Historical Protagonist", a podcast of the 2008 Tawney Memorial Lecture. http://wip.ehs.org.uk/downloads.asp
Campbell, B. M. S. English Seigniorial Agriculture 1250-1450. Cambridge: Cambridge University Press, 2000 (reprinted in paperback 2006).
Campbell, B. M. S. and K. Bartley. England on the Eve of the Black Death: An Atlas of Lay Lordship, Land, and Wealth, 1300-49. Manchester: Manchester University Press, 2006.
Kolloquium, 07.12.2010
Panzootien, Pandemien und Klimaanomalien im 14. Jahrhundert
In meinem Vortrag konzentriere ich mich auf die Wechselwirkungen von Klima, Krankheiten und Menschen im "katastrophalen 14. Jahrhundert", wie Barbara Tuchman es so treffend formuliert hat. Dieses Jahrhundert verdankt seine traurige Berühmtheit natürlich im Wesentlichen dem Schwarzen Tod (ein bestimmter Stamm der Yersinia Pestis, was jüngst anhand von alter DNA bestätigt werden konnte); dieser Seuche fielen zwischen 1347 und 1353 etwa 30-45% der Bevölkerung Westeuropas zum Opfer. Der Schwarze Tod bot einen Mortalitätsmaßstab, an dem alle folgenden Gesundheitskrisen gemessen wurden. Der Menschenpest ging eine Generation früher eine ebenso tödliche paneuropäische Rinderseuche voraus - wahrscheinlich Rinderpest -, und zusammengenommen sind diese die entscheidenden Ereignisse in einer Zeit der Wende, da langbestehende Prozesse wirtschaftlicher und demographischer Expansion erst zum Stillstand kamen und sich dann umkehrten.
Dennoch waren diese biologischen Schocks für die meisten Historiker nicht viel mehr als Unfälle, die irgendwann geschehen mussten, denn die sich nun entfaltende Krise war schon lange im Entstehen begriffen. Je nach dem, ob die Historiker Malthus, Ricardo, Marx oder der Neuen Institutionenökonomik folgen, fragen sie ob: 1. Dies geschah, weil die Bevölkerung einfach für die verfügbaren Ressourcen zu groß war? 2. Oder weil die Produktivität aufgrund von unzulänglicher Technologie und unzureichenden Investitionen nicht gesteigert werden konnte? 3. Oder weil eine willkürliche und ausbeuterische Feudalherrschaft die Mehrheit der Landbevölkerung in institutionalisierter Unfreiheit und struktureller Armut festhielt? 4. Oder weil Handel und Gewerbe von Piraterie und Räuberei behindert wurden, die von wachsenden inner- und zwischenstaatlichen Konflikten hervorgebracht wurden, von der Unfähigkeit der unreifen Staaten Europas, notwendige staatliche Maßnahmen in Gang zu setzen und durchzusetzen, um kontinuierliche effiziente Transaktionen und das Wachsen der Märkte zu gewährleisten.
Derlei anthropozentrische Diagnosen lassen wenig Platz für Umweltfaktoren, ungeachtet dessen, dass die Instabilität und die Veränderungen keineswegs auf die herrschende sozioökonomische Ordnung beschränkt war. Wie die Forschung von Paläoökologen, Klimahistorikern und anderen Umwelthistorikern jetzt klar nachgewiesen hat, wurden die klimatischen Bedingungen um 1250 sowohl hemisphärisch als auch global immer instabiler. Die Belege dieser Forscher stammen von Baumringen, Eiskernen und Höhlenmineralien, Bohrkernen aus Seen- und Meeresbodensedimenten und einer sehr genauen Untersuchung der verfügbaren schriftlichen Quellen. Sie legen nahe, dass die nachlassende Sonneneinstrahlung die stabilen Verhältnisse der Mittelalterlichen Warmzeit beendete und den Übergang zu den kühleren und wechselhafteren Verhältnissen der Kleinen Einzeit einläutete.
Insbesondere im Pazifik war dieser Wandel ausgeprägt; dort gab es eine plötzliche Verstärkung der "El Niño-Southern Oscillation" (ENSO), die massive Auswirkungen auf die Temperaturen und die Regenmenge in Süd- und Nordamerika und auch in Südostasien hatte. Anscheinend folgte darauf eine Veränderung in der Nordatlantischen Oszillation (NAO), und es setzte ein viel kälteres Klima auf Grönland und Island ein. Dieser Übergang von einem Klimasystem zum anderen war offenbar mit einer erhöhten Häufigkeit extremer Wetterereignisse verbunden. Es ist sehr spannend, dass die erste Rinderpest und dann die Menschenpest mit zwei der heftigsten dieser Kurzzeitanomalien zusammenfiel.
Wie sind solche Koinzidenzen zu erklären? Waren sie rein zufällig? Oder hat der Klimawandel die Ökosysteme destabilisiert und tödliche Krankheitserreger auf neue, unberührte Populationen losgelassen, und zwar nicht nur einmal, sondern zweimal innerhalb einer Generation? Und in welchem Ausmaß waren die Menschen Komplizen bei der Krankheitsverbreitung - durch die stetig wachsende Bevölkerungsdichte in Verbindung mit der Verschlechterung der Ernährungssituation und der Hygienestandards, durch die Entfaltung von Handelsnetzen, den Beginn von transkontinentalem Handel zwischen Osten und Westen und durch immer mehr und immer größere Kriege? Hätten diese Umweltgefahren tatsächlich eine derartige Veränderungskraft gehabt, wenn die menschliche Gesellschaft weniger katastrophenanfällig gewesen wäre? Dies sind einige der wesentlichen Probleme, die ich in meinem Vortrag aufwerfen möchte.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Campbell, Bruce M. S. (Cambridge, 2016)
The great transition : climate, disease and society in the late-medieval world The 2013 Ellen McArthur lectures
Campbell, Bruce M. S. (Cambridge, 2015)
British economic growth, 1270-1870
Campbell, Bruce M. S. (2010)
Nature as historical protagonist : environment and society in pre-industrial England
Campbell, Bruce M. S. (Farnham [u.a.], 2009)
Land and people in late medieval England Variorum collected studies series ; 922
Campbell, Bruce M. S. (Aldershot, 2008)
Field systems and farming systems in late medieval England Variorum collected studies series ; no. 903
Campbell, Bruce M. S. (Aldershot [u.a.], 2007)
The medieval antecedents of English agricultural progress Variorum collected studies series ; 872
Campbell, Bruce M. S. (Manchester [u.a.], 2006)
England on the eve of the black death : an atlas of lay lordship, land and wealth, 1300 - 49
Campbell, Bruce M. S. (2005)
The agrarian problem in the early fourteenth century
Campbell, Bruce M. S. (Cambridge [u.a.], 2000)
English seigniorial agriculture, 1250 - 1450 Cambridge studies in historical geography ; 31