Frederick Cooper, Ph.D.
Professor der Geschichte
New York University
Born in 1947 in New York
Studied History at Stanford University and at Yale University
Arbeitsvorhaben
Staatsbürgerschaft zwischen empire und nation: Frankreich und das französische Kolonialreich in Afrika von 1945 bis 1960
I am writing a book on "imperial citizenship" from 1946, when all "subjects" in the French empire became citizens, until the independence of French Africa in 1960. When a few African politicians were allowed to participate in the writing of a new French Constitution after World War II, they refused to accept a document that did not acknowledge their rights as French citizens. To them, citizenship was a claim-making construct, not simply a juridical status, and in the years after 1946 they tried to add substance to French citizenship - social and economic equality as well as equitable political institutions. The question for French leaders was how to reconcile their desire to deepen Africans' sense of incorporation into a French polity, the aspirations of new citizens to full equality, and the government's desire to maintain a significant measure of control over the various components of the French Union, as the empire was renamed. I explore the tension among African political actors between assertions of difference and assertions of equality, and I examine the different but overlapping notions that leaders in both European and African France had of the possibilities of turning empire into federation, in which sovereignty would be shared and in which Africans' claims to nationhood would be reconciled with claims to the rights and resources of the French Union as a whole. Exclusionary concepts of nationality and citizenship that are so evident in France today were not a direct carry-over of colonial patterns, but a reversal of the pattern of 1945 to 1960. Both French and African political elites had to make themselves national and in so doing effaced the history that is the subject of this project.Recommended Reading
Cooper, Frederick (with Jane Burbank). Empires in World History: Power and the Politics of Difference. Princeton: Princeton University Press, 2010.
-. Colonialism in Question: Theory, Knowledge, History. Berkeley: University of California Press, 2005.
-. Africa Since 1940: The Past of the Present. Cambridge: Cambridge University Press, 2002.
Kolloquium, 08.03.2011
Imperium, Nation, Staatsbürgerschaft: Frankreich und Afrika 1945 - 1960
1946 verzichtete Frankreich auf den Einsatz von Zwangsarbeit in seinen Kolonien, schaffte das verhasste gesonderte Rechtssystem für die indigene Bevölkerung ab und beseitigte die erniedrigende Unterscheidung zwischen französischen Staatsbürgern und französischen Untertanen - eine Kategorie, unter die die meisten Afrikaner fielen. Alle Bewohner der Kolonien erhielten die "Eigenschaften" eines französischen Staatsbürgers, und sie hatten ein Recht, das die Bürger des kolonialen Mutterlandes nicht hatten: sie durften ihre zivilrechtlichen Angelegenheiten - Eheschließungen oder Erbrechtsbelange - über das islamische bzw. Gewohnheitsrecht regeln und mussten sich nicht an das bürgerliche Gesetzbuch Frankreichs halten. Imperien verbanden schon immer Inklusion und Differenzierung miteinander; das Nachkriegsimperium behauptete, seine Völker seien zwar unterschiedlich, aber gleich. Wie tief waren diese Veränderungen auf dem Begriffsfeld, auf dem die französische Kolonialherrschaft agierte? Welche Chancen hatten die politischen Akteure in Afrika, um die neue Staatsbürgerschaftspolitik auf ihre eigene Art zu nutzen, die von der politischen Führung in Frankreich vielleicht gar nicht beabsichtigt war?
Ich schreibe ein Buch über "imperiale Staatsbürgerschaft", eine Form der Staatsbürgerschaft, die nicht an einen Nationalstaat gebunden ist. 1945 beteuerte die politische Führung sowohl in Frankreich als auch im französischen Westafrika, den Kolonialismus beenden zu wollen, aber niemand dachte daran, dass die ehemaligen Kolonien - umbenannte Überseeterritorien - unabhängige Nationalstaaten werden wollten oder sollten. In den folgenden 15 Jahren drehten sich das politische Handeln und die politischen Konflikte um konkurrierende Versionen eines Staates - 1946 die Union Française, 1958 die Communauté française - der entweder dezentral, föderal oder konföderativ sein wollte. Die Regierung übte extreme Gewalt aus, um dieses Gebilde zusammenzuhalten - man denke etwa an Vietnam 1964-1954, Madagaskar 1947, Algerien 1954-1962. Aber die Regierung bemühte sich auch, die Zugehörigkeit zu Frankreich bzw. das Französischsein für die "Bürger von 1946" mit Bedeutung auszustatten - während sie sich gleichzeitig sorgte, dass die europäischen Franzosen von ihren zahlenmäßig überlegenen Mitbürgern in Übersee überwältigt werden könnten, deren "Entwicklungsstand" oft infrage gestellt und deren Gefährlichkeit heraufbeschworen wurde. Sie stand sozialen und politischen Bewegungen in Afrika gegenüber - Gewerkschaften, Veteranenverbänden, Studierenden -, die nicht nur politische Rechte und politisches Gehör in der Verwaltung ihrer eigenen Territorien beanspruchten, sondern auch Gleichheit bei Löhnen, bei Bildung und medizinischer Versorgung forderten, kurz, den Lebensstandard, den die europäischen Franzosen genossen. Imperium, Staatsbürgerschaft und Wohlfahrtsstaat erwiesen sich bald als eine teure Kombination.
Unterdessen versuchten afrikanische Politiker, sowohl ihre Ansprüche als gleichwertige Bürger als auch die eigenständige "Persönlichkeit" jedes Territoriums zu formulieren. Aber wo lag die "Nation" in Afrika? Einige identifizierten sich mit der petite patrie - Senegal, Dahomey, Elfenbeinküste und andere Einzelterritorien - und andere, wie Léopold Senghor, identifizierten sich mit einer "afrikanischen" Nation, die neben einer "europäischen" stehen könnte. Dieser Disput blieb ungelöst, denn die Regierung unter Charles de Gaulle machte sich Gedanken darüber, ob die Communauté française nicht nur eine gemeinsame Staatsbürgerschaft, sondern auch nur eine einzige Nationalität, die französische, vorsah oder ob man multiple Nationalitäten zulassen wollte.
Mein Vortrag schließt mit einer Diskussion der Frage, wie es kam, dass das europäische und das afrikanische Frankreich in den 1960ern schließlich unabhängige Nationalstaaten hervorbrachte - was 15 Jahre zuvor kein größerer politischer Akteur im europäischen Frankreich oder im französischen Westafrika gewollt hatte. Und selbst als die französische Regierung entschied, dass es zu teuer und politisch nur schwer vertretbar sei, das Imperium zu einer Föderation oder Konföderation gleicher Bürger zu machen, befand sie dennoch, dass ihr die Idee an sich gefiele. Gewisse Hoheitsrechte und Privilegien sollten nicht mit dem Volk geteilt werden, das sich Frankreich schon vor langem gewaltsam einverleibt hatte, sondern mit anderen Europäern. In den 1970er Jahren bemühte sich Frankreich dann vielmehr darum, die Kinder des Volks draußen zu halten, die es früher drinnen behalten wollte.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Cooper, Frederick (Princeton, 2018)
Citizenship, inequality, and difference : historical perspectives The Lawrence Stone Lectures ; 9
Cooper, Frederick (Xin bei shi, 2015)
Shi jie di guo er qian nian : yi bu guan yu quan li zheng zhi de quan qiu shi Empires in world history
Cooper, Frederick (2015)
Des empires toujours renaissants : méthodologie de la frise chronolique
Cooper, Frederick (Paris, 2015)
Empires : 4 000 ans d'histoire impériale, les nouvelles stratégies de domination
Cooper, Frederick (Princeton, 2014)
Citizenship between empire and nation : remaking France and French Africa, 1945-1960
Cooper, Frederick (Cambridge, Mass. [u.a.], 2014)
Africa in the world : capitalism, empire, nation-state
Cooper, Frederick (Frankfurt am Main, 2012)
Kolonialismus denken : Konzepte und Theorien in kritischer Perspektive Colonialism in question
Cooper, Frederick (Frankfurt am Main [u.a.], 2012)
Imperien der Weltgeschichte : das Repertoire der Macht vom alten Rom und China bis heute Empires in world history <dt.>
Cooper, Frederick (2010)
Le grand rêve de l'unité africaine : entretien avec Frederick Cooper
Cooper, Frederick (2010)