Hannah Ginsborg, Ph.D.,
Professorin der Philosophie
University of California, Berkeley
Born in 1958 in London
Studied Philosophy and Modern Languages (French) at the
University of Oxford and Philosophy at Harvard University
Arbeitsvorhaben
Ursprüngliche Normativität und Regelbefolgung
I am proposing a new philosophical view of the relation between rules, specifically rules for the use of language, and normativity. It is usually thought that "oughts" depend on rules: for example, if you ought to use a word in a certain context, that can only be in virtue of the fact that there is a rule determining that that is how the word ought to be used. But in the view I am developing, the relation between "oughts" and rules is the other way around. Our uses of words can coherently be thought of as appropriate prior to the assumption of rules that govern them, and this "primitive normativity" makes rules and meanings possible.The project draws on my earlier work on Kant's account of aesthetic and biological judgment in his 1790 Critique of Judgment. I argued in that work that the possibility of aesthetic judgment, for Kant, reveals a kind of normativity that does not depend on rules or criteria and that is a condition of our being able to make objective empirical claims about the world. This kind of normativity also manifests itself, for Kant, in our biological judgments, for example when we describe the parts of organisms as working properly or as malfunctioning. In the present project, I develop the notion of primitive normativity in its own right and in the context of contemporary philosophical questions about meaning and rules. Specifically, I aim to show how it offers a solution to the skeptical puzzle about meaning and rule-following that is hinted at in Wittgenstein's Philosophical Investigations (1953) and made explicit in Saul Kripke's influential Wittgenstein on Rules and Private Language (1982). I aim also to explore the relation of primitive normativity to the topic of normativity in ethical and other practical contexts.
Recommended Reading
Ginsborg, Hannah. "Empirical Concepts and the Content of Experience." European Journal of Philosophy 14, 3 (2006): 349-372.
-. "Thinking the Particular as Contained Under the Universal." In Aesthetics and Cognition in Kant's Critical Philosophy, edited by Rebecca Kukla, 35-60. Cambridge: Cambridge University Press, 2006.
-. "Primitive Normativity and Skepticism About Rules." The Journal of Philosophy, forthcoming.
Kolloquium, 22.03.2011
Normativität ohne Regeln: Sprachliche Bedeutung und ästhetische Urteile
In meiner Forschung konzentriere ich mich auf ein philosophisches Problem, das für die angloamerikanische Sprachphilosophie und Philosophie des Geistes zentral ist - das Problem der Skepsis gegenüber Bedeutung und Regeln. Dieses Problem wird in Wittgensteins Philosophischen Untersuchungen (1953) aufgeworfen, und Saul Kripke formuliert es in Wittgenstein on Rules and Private Language besonders pointiert. Die Bedeutung eines Wortes oder eines anderen Ausdrucks zu verstehen, heißt: zu wissen, wie man es in einer unendlichen Anzahl von Situationen verwendet. Doch wenn wir die Bedeutung eines Wortes erlernen, haben wir nur eine endliche Anzahl von Beispielen, auf die diese Bedeutung passt. Das Nachdenken über diese beiden Punkte führt uns zu einer skeptischen Beunruhigung, ob es überhaupt möglich ist, dass Sprache Bedeutung hat. Unser tatsächlicher und endlicher Gebrauch eines sprachlichen Ausdrucks ist mit der unendlichen Anzahl möglicher Bedeutungen kompatibel, die dieser Ausdruck haben könnte. Aus welchem Grund glauben wir, dass wir einen Ausdruck mit dieser bestimmten Bedeutung - von allen möglichen Bedeutungen - verwenden? Und nicht mit einer anderen Bedeutung? Wenn wir diese Frage nicht beantworten können, dann wird die gesamte Idee von Sprachbedeutung infrage gestellt.
In meinem Vortrag möchte ich dieses Problem umreißen und dann einen Gedankengang darlegen, den ich im Umgang mit diesem Problem gerade entwickle. Meine Lösung des Problems liegt in einem Begriff, den ich primitive Normativität oder Normativität ohne Regeln nenne. Wenn der Begriff einer primitiven Normativität verständlich ist, dann ergibt es für uns einen Sinn, wenn ein Wort angemessen verwendet wird oder wenn Worte so verwendet werden, wie sie verwendet werden sollen - ohne dass wir uns auf die Annahme stützen, dass unsere Worte festgelegte Bedeutungen haben. Andersherum gestattet uns dies, eine Antwort auf die Frage zu geben, wie Bedeutungen auf der Grundlage einer endlichen Anzahl von Beispielen gelernt werden können. Aber der Begriff der primitiven Normativität läuft einer Ansicht zuwider, die von fast allen Philosophen geteilt wird, nämlich dass Normativität von Prinzipien oder Regeln abhängt: dass die Annahme sinnlos ist, dass ein Wort in dieser oder einer anderen Weise gebraucht werden sollte oder dass wir in dieser oder jenen Weise auf eine Situation reagieren sollten - außer unter der Voraussetzung, dass es Regeln gibt, die bestimmen, wie das Wort gebraucht werden soll oder welche Reaktion angemessen ist. Wenn mein Lösungsansatz für das Problem etwas bewirken soll, muss ich also die Idee der primitiven Normativität gegen diese fest etablierte Annahme verteidigen.
In meinem Vortrag möchte ich darlegen, dass der Begriff der primitiven Normativität plausibel wird, wenn man sich mit dem Wesen des ästhetischen Urteils befasst. Wenn wir etwas als schön beurteilen oder meinen, dass es ästhetisch "funktioniert", sprechen wir implizit normative Behauptungen aus: dass unser Urteil angemessen ist, dass andere mit uns übereinstimmen sollen oder dass das Objekt, das wir beurteilen, so ist, wie es sein soll oder dass der Schöpfer des Objekts "die Sache richtig verstanden hat". Indem ich einige Beispiele ästhetischer Urteile betrachte, möchte ich versuchen zu zeigen, dass diese normativen Behauptungen nicht von Regeln oder Kriterien abhängen. Wenn das richtig ist, dann können ästhetische Urteile und die ästhetische Erfahrung als Teil einer Antwort auf die Skepsis gegenüber Bedeutung und Regeln aufgerufen werden.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Ginsborg, Hannah (Stanford, Calif., 2019)
Kant's aesthetics and teleology
Ginsborg, Hannah (2006)
Thinking the particular as contained under the universal