Stefan Huster, Dr. iur.

Arbeitsvorhaben

Public Health, personale Autonomie und soziale Gerechtigkeit

Die gesundheitspolitische Diskussion in Deutschland und vielen anderen Staaten hat sich lange Zeit fast ausschließlich mit dem System der medizinischen Versorgung befasst. Inzwischen besteht jedoch weithin Einigkeit, dass - jedenfalls ab einem gewissen Versorgungsniveau - andere Faktoren als die medizinische Versorgung und der Zugang zu ihr sowohl für den Gesundheitszustand der Bevölkerung als auch für die soziale Gesundheitsverteilung von erheblich größerer Bedeutung sind. Für eine Analyse der normativen Vorgaben und Implikationen der Gesundheitspolitik, wie sie in der praktischen Philosophie und in der Rechtswissenschaft betrieben wird, bedeutet der Wechsel zu einer Public Health-Perspektive eine erhebliche Herausforderung. Dies ist maßgeblich darin begründet, dass Public Health sowohl als Forschungs- als auch als Politikansatz ein völlig entindividualisiertes Projekt darstellt. Anders als der Medizinethik und der medizinischen Versorgung geht es Public Health nicht um einen einzelnen Patienten und dessen Krankheit, sondern um die Bestimmungsfaktoren der Volksgesundheit und der Gesundheitsverteilung, deren Effekte sich nicht im Einzelfall, sondern nur statistisch nachweisen lassen. Dies führt in einer Verfassungsordnung, die von individuellen Rechten und personaler Autonomie als Grundprinzipien ausgeht, zu gewissen Einordnungsschwierigkeiten, denen nachgegangen werden soll.

Lektüreempfehlung

Huster, Stefan mit Karsten Rudolph (Hg.). Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2008.
Huster, Stefan. Die ethische Neutralität des Staates. Eine liberale Interpretation der Verfassung. Tübingen: Mohr Siebeck, 2002 (Habilitationsschrift). (Jus Publicum Bd. 90.)
-. Rechte und Ziele: Zur Dogmatik des allgemeinen Gleichheitssatzes. Berlin: Duncker & Humblot, 1993 (Dissertation).

Kolloquium, 12.07.2011

Soziale Gesundheitsgerechtigkeit

Mein Projekt geht von der Intuition aus, dass es ungerecht ist, wenn Gesundheit vom sozialen Status abhängt. Es versucht, den Begriff der sozialen Gerechtigkeit mit Blick auf die Gesundheit zu erläutern und Konsequenzen für die Gesundheitspolitik in Deutschland aufzuzeigen. Dabei spielen die folgenden Fragen eine zentrale Rolle:

- Warum ist Gesundheit ein besonderes Gut, das sich gegen eine soziale Differenzierung sträubt?
- Was kann soziale Gesundheitsgerechtigkeit bedeuten, wenn die Ressourcen für die medizinische Versorgung begrenzt sind?
- Ist der Sozialstaat verpflichtet, gegen die massiven sozialen Gesundheitsungleichheiten vorzugehen?
- Was bedeutet es für die Gesundheitspolitik, wenn wir erkennen, dass die medizinische Versorgung nur in einem begrenzten Ausmaß für die Gesundheit der Bevölkerung und die Verteilung von Gesundheit verantwortlich ist?

Das Hauptinteresse des Projektes ist normativer Natur; es müssen aber Erkenntnisse der empirischen Wissenschaften einbezogen werden.

Publikationen aus der Fellowbibliothek

Huster, Stefan (2018)

The universality of human dignity and the relativity of social rights

Huster, Stefan (Baden-Baden, 2015)

Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Gesundheit : normative Aspekte von Public Health Würzburger Vorträge zur Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und Rechtssoziologie ; Heft 49

Huster, Stefan (Berlin, 2011)

Soziale Gesundheitsgerechtigkeit : sparen, umverteilen, vorsorgen? Politik bei Wagenbach

Huster, Stefan (Heidelberg, 2010)

Themenheft ethische Aspekte von Public Health Ethik in der Medizin ; 22.2010,3

Huster, Stefan (München [u.a.], 2010)

Recht und Ethik in der Präimplantationsdiagnostik

Huster, Stefan (Frankfurt am Main, 2008)

Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat Edition Suhrkamp ; 2543

Huster, Stefan (2005)

Grundversorgung und soziale Gerechtigkeit im Gesundheitswesen

Huster, Stefan (Tübingen, 2002)

Die ethische Neutralität des Staates : eine liberale Interpretation der Verfassung Jus publicum ; 90

Huster, Stefan (Berlin, 1993)

Rechte und Ziele : zur Dogmatik des allgemeinen Gleichheitssatzes Schriften zum öffentlichen Recht ; 642