Alice Bellagamba, Dr.
Professorin der Anthropologie
Università di Milano-Bicocca
Geboren 1965 in Mailand
Studium der Philosophie und Kulturanthropologie an der Università degli Studi di Torino
Fellowship
EURIAS-Fellow
Arbeitsvorhaben
Vom Umgang mit dem Schweigen: Erinnerungen an Sklaverei, Sklavenhandel und Emanzipation im heutigen Gambia
Like other West African countries, since the 1990s The Gambia has started to valorize the cultural, social and economic connections created with Europe and the Americas by the Atlantic slave trade. Such official initiatives, which developed in the wake of the UNESCO Slave Routes Project, have overlooked the fact that slavery and the slave trade played an important role in the life of pre-colonial local communities both during the heyday of the Atlantic slave trade and after its abolition in the first half of the nineteenth century. Internal slavery legally ended only in 1930, and the history of the emancipation struggles of former slaves and slave descendants during colonial times is still sequestered from social memory. This silenced past will be at the core of the book I aim to write during my stay at the Wissenschaftskolleg. By combining historical and ethnographical sources, I will explain the reasons for silence and dialogue with broader debates on the legacy of slavery, the recovery of subaltern voices, and the political and cultural dynamics restraining the recovery and public display of difficult pasts.Recommended Reading
Bellagamba, Alice. "After Abolition: Metaphors of Slavery in the Political History of the Gambia." In Reconfiguring Slavery: West African Trajectories, edited by Benedetta Rossi. Liverpool: Liverpool University Press, 2009.
-. "Back to the Land of Roots: African-American Tourism and the Cultural Heritage of the River Gambia." Cahiers d'Etudes Africaines 49 (2009) 1-2/193-194, pp. 453-476. (Special issue "Creating Tourism out of Culture".)
Kolloquium, 13.03.2012
Von unten betrachtet: Die Sklaverei und ihr Niedergang. Eine westafrikanische Perspektive
Seit den 1990er Jahren ist das Interesse an der Sklaverei und dem Sklavenhandel in Westafrika kontinuierlich gewachsen. Initiativen wie das UNESCO Slave Routes Project, das 1993 begründet wurde, haben das öffentliche Bewusstsein geschärft und neue Untersuchungen auf einem Forschungsgebiet geschaffen, dessen Anfänge in die 1960er und 1970er Jahre zurückreichen; hier sind Publikationen wie L'Esclavage en Afrique précoloniale (1975) von Claude Meillassoux und Slavery in Africa (1977) von Igor Kopytopp und Suzanne Miers zu nennen. Die Aufarbeitung aller neuen Forschungen zu diesem Thema wäre ein langwieriges Unterfangen. Dennoch lassen sich einige Forschungstrends ausmachen. Zunächst gibt es einige Gelehrte, die die Stellung Westafrikas in der atlantischen Welt in den Blick nehmen, indem sie den sozialen Netzwerken und kulturellen Verbindungen nachgehen, die durch den atlantischen Sklavenhandel und dessen Abschaffung entstanden sind. An diese Art der transnationalen Analyse habe ich mich noch nicht heran gewagt; anstatt dessen gehöre ich zu einer zweiten Gruppe von Forschern, die sich mit dem Niedergang der innerafrikanischen Sklaverei und dem Sklavenhandel zu Kolonialzeiten befassen - und mit dem politischen Umgang der heutigen westafrikanischen Gesellschaften mit ihrer Vergangenheit als Sklavenhändler und Sklavenhalter. Diese Bemühungen sind mit einer Suche nach neuen Quellen (oder neuen Interpretationsmöglichkeiten von Quellen) verbunden, die die westafrikanischen Stimmen (einschließlich der Sklaven und ihrer Nachkommen) zur Sklaverei, zum Leben in Sklaverei und zur Sklavenemanzipation aufwerten.
Entlang des Flusses Gambia, der einer der Hauptwasserwege an der westafrikanischen Küste ist (wo ich seit zwanzig Jahren forsche), gab es bereits vor der Ankunft der Portugiesen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Sklaverei und Sklavenhandel; diese überdauerten auch die Abschaffung des atlantischen Sklavenhandels durch die Briten im Jahr 1807. Die Versklavung im Inneren endete mit der Kolonisierung im zweiten Teil des 19. Jahrhunderts, als die britische Kolonialverwaltung zwei Anti-Sklaverei-Erlasse verfügte; den ersten 1884, den zweiten 1906. Erst 1930 wurde die Sklaverei ganz beendet, als alle Sklaven vor Ort für frei erklärt wurden. Im Buch, an dem ich arbeite, geht es um die Spuren der Sklaverei und ihrer Abschaffung im heutigen sozialen Leben. Mir geht es darum, den Lesern eine gambische Perspektive von unten auf diese historischen Prozesse zu vermitteln und auf diese Weise die konventionellen historischen Weisheiten zu den Folgen der Sklaverei in Westafrika zu bereichern. In meinem Kolloquium möchte ich über den allgemeinen Zuschnitt des Buches sprechen und mich kurz auf das Kapitel konzentrieren, in dem es um das Leben in der Sklaverei im späten 19. Jahrhundert geht. In welcher Weise haben sich die alten Männer und Frauen, denen ich über die Jahre begegnet bin, an die Gewalt der Versklavung erinnert? Wer waren die Sklavenhändler? Und was mussten die Sklaven erdulden? Wer sich mit der Sklaverei im Inneren Westafrikas befasst hat, weiß, dass die Abolitionisten des 19. Jahrhunderts, die Kolonialbeamten und Sklavenhalter diese Sklaverei gerne als freundliche Institution beschrieben. Das war sie mit Sicherheit nicht, und ich möchte erklären, warum.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Bellagamba, Alice (Trenton, NJ, 2017)
The postslaveery Gambia river : silences, memories, signposts
Bellagamba, Alice (New York, 2016)
Bellagamba, Alice (2013)
My elderly friends of The Gambia : masculinity and social presence in the later part of life
Bellagamba, Alice (2011)
Bellagamba, Alice (Pavia, 2011)
Migrazioni : dal lato dell'Africa Orizzonti
Bellagamba, Alice (2009)
Back to the land of roots : African American tourism and the cultural heritage of the river Gambia
Bellagamba, Alice (2009)
After abolition : metaphors of slavery in the political history of the Gambia
Bellagamba, Alice (Milano, 2009)
Vedere e non riconoscere : l'Africa nell'immaginario europeo tra 16. e 18. secolo
Bellagamba, Alice (2008)
Today's elders, yesterday's youth : generations and politics in the 20th century Gambia
Bellagamba, Alice (Roma [etc.], 2008)
L' Africa e la stregoneria : saggio di antropologia storica Percorsi ; 110