Susannah Heschel, Ph.D.
Eli Black Professor of Jewish Studies
Dartmouth College
Born in 1952
Studied Religious Studies at the University of Pennsylvania
Arbeitsvorhaben
Die jüdische Faszination am Islam: Wissenschaft, Reiseberichte und Konversion von europäischen Juden im 19. und 20. Jahrhundert
I am studying the involvement of Jewish scholars in the creation of the field of Islamic Studies in Europe during the long nineteenth century, and I am also describing the use of Islam as a template through which aspects of modern Judaism came to be defined for a Christian readership. Studies of the rationality and ethical nature of Islam's legal traditions, its monotheism, and its rejection of anthropomorphism became surrogates for a defense of Judaism's legal and theological traditions. Jewish scholarship on Islamic origins and the widely-read narratives of Jewish travelers to Islamic countries, particularly in Great Britain, shaped European images of Muslims as well as of Jews. The Jewish admiration for Islam ultimately led some Jews to convert to Islam, some of whom became significant religious leaders, while others became political representatives who negotiated with European leaders.Recommended Reading
Heschel, Susannah. "Transnational Migrations of Identity: Jews, Muslims and the Modernity Debate." Comparative Studies of South Asia, Africa and the Middle East 30, 1 (2010): 1-5 (special issue)
-. The Aryan Jesus: Christian Theologians and the Bible in Nazi Germany. Princeton: Princeton University Press, 2008.
-. Abraham Geiger and the Jewish Jesus. Chicago: University of Chicago Press, 1998. (German edition: Der jüdische Jesus und das Christentum: Abraham Geigers Herausforderung an die christliche Theologie. Berlin: Jüdische Verlagsanstalt, 2001.)
Kolloquium, 27.03.2012
Warum diese neue Faszination? Das islamische Imaginäre des modernen jüdischen Denkens
Warum haben sich so viele jüdische Geisteswissenschaftler und Gelehrte zum Studium des Islam hingezogen gefühlt? Von den 1830ern bis in die 1930er Jahre wurden die Islamstudien in Europa von jüdischen Gelehrten beherrscht, insbesondere in Deutschland, Ungarn und Frankreich; sie konzentrierten sich vor allem auf den Koran und das Leben Mohammeds, gleichzeitig aber entwarfen sie auch ein großes Bild und beschrieben das Wesen des Islam als Religion. Sie zeigten den Islam als eine Religion, die vom Judentum abstammte und unter deren Herrschaft die Juden insbesondere im muslimischen Spanien des Mittelalters nicht nur in den Genuss religiöser Toleranz kamen, sondern auch eine kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit erlebten. Die Linie dieser Gelehrten begann mit Abraham Geigers Buch Was hat Mohammed aus dem Judenthume aufgenommen? (1833), lief weiter über Gustav Weils Mohammed-Biographie aus dem Jahr 1843, Ludwig Ullmanns Übersetzung des Koran ins Deutsche (1840), die hebräische Koranübersetzung von Herman Reckendorff (1857), Ignaz Goldzihers monumentale Untersuchungen der Hadithen und unzählige andere Arbeiten, in denen rabbinische Kommentare mit dem Koran verglichen wurden. Juden reisten in muslimische Länder, einige konvertierten und viele hinterließen wichtige Spuren in der Islamforschung und der islamischen Kultur. In den 1920er und 1930er Jahren dominierten Juden die Islamstudien an deutschen Universitäten und waren von einem islamischen Imaginären durchdrungen.
Das Bild des Islam, das jüdische Gelehrte und Theologen in der Moderne schufen, war das einer Religion, die den Monotheismus des Judentums wahrte, den Anthropomorphismus gleichfalls ablehnte und seine moralischen Gesetze teilte. Die Aspekte des Judentums, die diese jüdischen Gelehrten verachteten - die Mystik, Frömmelei und Apokalyptik - wurden in ihren Darstellungen des Islam von ihnen gleichfalls ignoriert oder marginalisiert. Im Gegensatz dazu hatte das Christentum, obwohl es ebenso dem Judentum entstammte, seine zentralen Prinzipien in dem Moment verletzt, als Paulus das Reich des heidnischen Denkens betrat - zumindest sahen es die jüdischen Theologen so.
Die jüdischen Forschungen zum Islam wurden von populären Schriftstellern und Theologen einer breiten Leserschaft nahegebracht, und auch die maurisch anmutende Architektur von Synagogen signalisierte eine jüdische Identifikation mit dem Islam. Im langen 19. Jahrhundert spielte der Islam als die Religion, die dem Judentum am nächsten stand, zunehmend eine wichtige Rolle im jüdischen Selbstbild - und sogar als Vorbild einer aufgeklärten Religion, der das Judentum nacheifern könnte.
Die jüdischen Sichtweisen des Islam markieren die Veränderungen im modernen Selbstverständnis der Juden. Stolz präsentierte die jüdische Forschung anfangs die rabbinischen Einflüsse auf den Koran, aber als die Erzählung weiterging, veränderte sich der Ton und verschob sich von der Entdeckung hin zur Negation, von der kolonialen Revolte hin zum imperialistischen Diskurs. Die jüdische Darstellung des Islam als einer rationalen Religion war in der jüdischen Theologie verwurzelt und diente ursprünglich der "De-Orientalisierung" des Judentums. Der Zionismus veränderte den Ton. Einige Zionisten identifizierten sich mit der arabischen Kultur, trugen eine Kufiya und ritten Kamele in der Überzeugung, dass die Araber eine uralte, echte biblische jüdische Kultur bewahrt hätten (man denke etwa an die Bezalel School). Sie meinten, die Annahme der arabischen Kultur sei ein Instrument, um die Juden von ihrem falschen Bewusstsein als Europäer zu befreien. Andere Zionisten waren der Auffassung, die Juden brächten die europäische Moderne zu den "primitiven" Arabern in Palästina. Die zionistische Forschung vertrat eine ähnliche Einstellung und machte den abgeleiteten Islam zum Zeichen für die zentrale Position des Judentums auf der Karte der Weltreligionen. Und das hatte politische Konsequenzen: Jüdische Islamwissenschaftler engagierten sich in der zionistischen Politik (Horovitz) und einige (Harkabi, Hirschberg) hatten wichtige Ämter in der israelischen Regierung inne. Dennoch wären die intertextuellen Koranstudien heute ohne das Erbe der deutschjüdischen Forschung im 19. Jahrhundert undenkbar.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Heschel, Susannah (2018)
Heschel, Susannah (Berlin, 2018)
Jüdischer Islam : Islam und jüdisch-deutsche Selbstbestimmung Fröhliche Wissenschaft ; 106
Heschel, Susannah (2012)
German Jewish scholarship on Islam as a tool for de-orientalizing Judaism
Heschel, Susannah (Maryknoll, N.Y, 2011)
Abraham Joshua Heschel : essential writings Modern spiritual masters series
Heschel, Susannah (2008)
Abraham Geiger and the emergence of Jewish philoislamism
Heschel, Susannah (Princeton, NJ [u.a.], 2008)
The Aryan Jesus : Christian theologians and the Bible in Nazi Germany
Heschel, Susannah (2003)
The Theological Faculty at the University of Jena as "a stronghold of national socialism"
Heschel, Susannah (Minneapolis, 1999)
Betrayal : German churches and the Holocaust
Heschel, Susannah (Berkeley, Calif. [u.a.], 1998)
Insider/outsider : American Jews and multiculturalism
Heschel, Susannah (Chicago [u.a.], 1998)
Abraham Geiger and the Jewish Jesus Chicago studies in the history of Judaism