Clemens Leonhard, Dr. theol.
Professor der Theologie
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Born in 1967 in Vienna
Studied Catholic Theology at the Universität Wien and Near Eastern Studies at the University of Toronto
Schwerpunkt
Jüdische und christliche Liturgie in den ersten nachchristlichen JahrhundertenArbeitsvorhaben
Jüdische und christliche Feste und ihre Liturgien im Kontext der spätantiken Welt
Jews and Christians developed sophisticated systems of liturgies and customs for festivals during the first millennium (C.E.). The project investigates traces of the formative period of these systems, especially in rabbinic literature and contemporary Christian and other Jewish texts. It tries to establish criteria for the explanation of clear similarities as well as differences between the systems and customs. Cultural contacts between Christians and Jews in the Middle Ages can be described on a relatively broad basis of historical data. The project traces such contacts back into earlier epochs where the two later religions were on the way to developing their identities not only vis-à-vis the respective other, but also embedded in the civilization of the Roman Empire, which predetermined ways of organization and interaction for groups and associations even before they could shape their own customs and rituals in accordance with their inherited concepts and beliefs. Recent approaches to explaining the relationship between Judaism and Christianity (e.g. Israel Yuval, Daniel Boyarin, Peter Schäfer) as well as renewed interest in the Roman associations and their networks provide new data, insights, and methods that require also a reevaluation of the history of Jewish and Christian festivals.Recommended Reading
Leonhard, Clemens. The Jewish Pesach and the Origins of the Christian Easter. Open Questions in Current Research. Berlin, New York: De Gruyter, 2006 (SJ 35), 1-14, 73-118, 425-437.
-. "Blessings over Wine and Bread in Judaism and Christian Eucharistic Prayers. Two Independent Traditions." In Jewish and Christian Liturgy and Worship. New Insights into its History and Interaction, edited by Albert Gerhards and Clemens Leonhard, 309-326. Leiden: Brill, 2007 (Jewish and Christian Perspectives 15).
Kolloquium, 22.11.2011
Jüdische und christliche Feste
Da astronomische und jahreszeitliche Phänomene keinerlei Bedeutung haben, sind menschliche Gemeinschaften frei darin, ihre Zeit zu organisieren, sowie deren Strukturen für gesellschaftlich relevant zu erklären und zu legitimieren. Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Gestaltung der Feste und deren Interpretation können aus den historischen Quellen erhoben werden und stellen so einen Ausgangspunkt für die Rekonstruktion von Debatten, polemischen Auseinandersetzungen und der Suche nach einer Gruppenidentität - bzw. der Entwicklung einer solchen - in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung dar. Ich bearbeite die Geschichte der jüdischen und christlichen Liturgien im Allgemeinen und der Feste im Besonderen, um Gründe für die Entwicklung des Christentums und des Rabbinischen Judentums in der Antike zu finden.
Die Quellen der Untersuchung sind vor allem Texte, die gelegentlich mit anderen Daten verglichen werden können. Nach der kurzen Phase meiner Mitarbeit in der Arbeitsgruppe um Israel Yuval und Daniel Stökl-Ben Ezra zum Thema Weihnachten/Chanukka möchte ich in den folgenden Monaten an Quellen über das Pfingstfest und Shavuot arbeiten. In der Projektvorstellung möchte ich Material aus früheren Arbeiten neu zusammenstellen, um meine Methode darzustellen.
Über jüdische und christliche Liturgien und deren gesellschaftliches Umfeld ist nur wenig Information erhalten. Es ist daher die Methodik des Auffüllens von Wissenslücken entscheidend. Kurze Rubriken zur Organisation von bestimmten Aspekten eines Rituals können aufgrund von Beschreibungen oder Rubriken desselben Fests aus späteren Epochen oder aber aufgrund von ähnlichen Phänomenen in der Umwelt ergänzt werden. Die erste Methode setzt voraus, dass Rituale sich normalerweise nicht ändern. Sie stört daher die Wahrnehmung von solchen Änderungen im Lauf der Geschichte. Die zweite Methode setzt voraus, dass jüdische und christliche Gruppen wie andere vergleichbare Einheiten der griechischen und römischen Gesellschaft gestaltet sind. Die Anwendung dieser Methode geht das Risiko ein, dass die Unterschiede zwischen den Gruppen verwischt werden. Ich lege einen klaren Schwerpunkt auf den Einsatz der zweiten Methode gegenüber der ersten, bemühe mich aber, die Zirkularität des Verfahrens nicht außer Acht zu lassen.
Bei der Rekonstruktion von "Christentum" und "Judentum" versuche ich, charakteristische Eigenschaften von freiwilligen Vereinen und von Netzwerken solcher Vereine zunächst innerhalb des römischen Reichs zu finden. Für spätere Epochen müssen auch andere Organisationsformen in Betracht gezogen werden. Vereine treffen sich in Häusern von wohlhabenderen Mitgliedern oder anderen Räumen. Liturgien und das Begehen von Festen der Vereine sind daher für Feiern von kleinen Gruppen, aus deren Lebensstil sie entstehen, ausgelegt. Es kann auch mit der Teilnahme von Frauen und Kindern gerechnet werden. Grundsätzlich ist die Feier derartiger Feste nach dem Modell der griechischen oder römischen förmlichen Gemeinschaftsmähler gestaltet. Dieser Hintergrund wird sogar von wichtigen Abweichungen von diesem Modell vorausgesetzt. Anders würden diese überhaupt nicht sichtbar. Feste wie Pesach und Ostern - vielleicht auch Shavuot und Pfingsten - sind einander daher zunächst einmal ähnlich, weil sie nach diesem Modell eines zeitgenössischen Gemeinschaftsmahls eines Vereins oder Hauses gestaltet werden. Ich suche nach Phänomenen, welche die Rekonstruktion von so etwas wie interreligiöser Polemik - in heutigem Verständnis - erlauben. Darunter sind Rubriken für die Gestaltung von Festen, die positiv oder negativ Verhaltensmuster der anderen Gruppe nachahmen; biblische Erzählungen oder Themen, die in der Antike normalerweise als Erklärung dieser Rubriken herangezogen werden; exegetische Texte aus anderem Kontext, wenn sie sich mit den biblischen Gesetzen zur Gestaltung der Feste auseinandersetzen usw. Ich möchte die Entstehung und die frühe Entwicklung von Judentum und Christentum als Hintergrund der Geschichte dieser Feste rekonstruieren und zeigen, wie diese Entwicklung durch die Feier der Feste beeinflusst wurde.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Leonhard, Clemens (2015)
Leonhard, Clemens (2014)
Morning salutationes and the decline of sympotic Eucharists in the third century
Leonhard, Clemens (2012)
Das Laubhüttenfest der Rabbinen und die Heiligung von Zeiten
Leonhard, Clemens (2012)
Brotreligionen : Brot in religiöser Praxis und Theologie bei Christen und Juden
Leonhard, Clemens (Münster, Westf, 2012)
Brot backen journal culinaire. Kultur und Wissenschaft des Essens ; 15
Leonhard, Clemens (2010)
Leonhard, Clemens (2009)
Wie eschatologisch war die frühchristliche Liturgie?
Leonhard, Clemens (2009)
Leonhard, Clemens ($j2007, 2007)
"Herod's Days" and the development of Jewish and Christian Festivals