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wenigen Ausnahmen - dazu, eine kohärente Doktrin, ein System moralischer Regeln, prophetischer
Ankündigungen und weiser Maximen aus diesen Texten zu ziehen, die zusammengenommen die
Substanz einer christlichen "Philosophie" ausmachen würden, einer Philosophie, die oft in eine Ideologie
mündet.
Was ich in meiner Forschung zu zeigen versuche ist, ganz im Gegenteil, die subtile und vielsagende
"doktrinäre Inkohärenz" der Gleichnisse in ihrer Gesamtheit. Sie fördern eher die hermeneutische
Flexibilität, die Freiheit der Lektüre, die Fähigkeit des Denkens, sich an die unendliche Vielfalt der
einzelnen Fälle und Gegebenheiten anzupassen.
Es gibt Gleichnisse, die Wert auf die Tat legen und andere, die Kontemplativität empfehlen. Einige
regen die Radikalität des Verhaltens an, andere die Diskretion, einige legen Umsicht nahe, andere
Risikofreude, einige bevorzugen die kindliche Unschuld, andere die Reife des Urteilsvermögens. Die
angedeuteten "Modelle" sind in der Regel außerhalb der geläufigen Kategorie des „Exemplarischen"
angesiedelt. In den Gleichnissen ist nichts vorhersehbar.
Ihre „Philosophie" ist, meiner Meinung nach, der erste große europäische Versuch, das Ideologische zu
unterminieren, die oberflächlichen Konsequenzen und die vereinfachende Militanz zu demontieren. Ein
Versuch, den die institutionalisierte Kirche anscheinend nicht gänzlich auf sich zu nehmen bereit ist.
Recommended Reading
Plesu, Andrei. Reflexion und Leidenschaft: Elemente einer Ethik des Intervalls. Wien: Deuticke, 1992.
-. Wer in der Sonne steht, wirft Schatten. Ostfildern vor Stuttgart: Ed. Tertium, 2000.
-. Eliten - Ost und West. Berlin: de Gruyter, 2000.
2011/2012
Andrei G. Plesu, Dr. Drs. h.c.
Professor der Religionsphilosophie, Rektor
New Europe College, Bukarest
Geboren 1948 in Bukarest
Studium der Kunstgeschichte in Bukarest, Kultusminister a.D. (1989-1991) und Aussenminister a.D. (1997-1999) Rumäniens
Arbeitsvorhaben
Die Gleichnisse Jesu: eine Polemik gegen das Ideologische
Die riesige exegetische Literatur, die sich auf die Gleichnisse des Evangeliums bezieht, neigt - mit einigen,wenigen Ausnahmen - dazu, eine kohärente Doktrin, ein System moralischer Regeln, prophetischer
Ankündigungen und weiser Maximen aus diesen Texten zu ziehen, die zusammengenommen die
Substanz einer christlichen "Philosophie" ausmachen würden, einer Philosophie, die oft in eine Ideologie
mündet.
Was ich in meiner Forschung zu zeigen versuche ist, ganz im Gegenteil, die subtile und vielsagende
"doktrinäre Inkohärenz" der Gleichnisse in ihrer Gesamtheit. Sie fördern eher die hermeneutische
Flexibilität, die Freiheit der Lektüre, die Fähigkeit des Denkens, sich an die unendliche Vielfalt der
einzelnen Fälle und Gegebenheiten anzupassen.
Es gibt Gleichnisse, die Wert auf die Tat legen und andere, die Kontemplativität empfehlen. Einige
regen die Radikalität des Verhaltens an, andere die Diskretion, einige legen Umsicht nahe, andere
Risikofreude, einige bevorzugen die kindliche Unschuld, andere die Reife des Urteilsvermögens. Die
angedeuteten "Modelle" sind in der Regel außerhalb der geläufigen Kategorie des „Exemplarischen"
angesiedelt. In den Gleichnissen ist nichts vorhersehbar.
Ihre „Philosophie" ist, meiner Meinung nach, der erste große europäische Versuch, das Ideologische zu
unterminieren, die oberflächlichen Konsequenzen und die vereinfachende Militanz zu demontieren. Ein
Versuch, den die institutionalisierte Kirche anscheinend nicht gänzlich auf sich zu nehmen bereit ist.
Recommended Reading
Plesu, Andrei. Reflexion und Leidenschaft: Elemente einer Ethik des Intervalls. Wien: Deuticke, 1992.
-. Wer in der Sonne steht, wirft Schatten. Ostfildern vor Stuttgart: Ed. Tertium, 2000.
-. Eliten - Ost und West. Berlin: de Gruyter, 2000.