Hollis Taylor, Ph.D.
Zoologie und Musik (oder Zoomusikologie)
Springwood, NSW, Australien
Born in 1951 in Vancouver, Wash., USA
Studied Violin Performance at Webster University, St. Louis, and Ornithology, Musicology, and Composition at the University of Western Sydney
Arbeitsvorhaben
Das Gesangbuch einer anderen Gattung: Die Musik des Cracticus nigrogularis
The focal point of my residency is the preparation for publication of a monograph on the vocalizations of the Australian pied butcherbird (Cracticus nigrogularis), with an emphasis on the success of the species in creating and renewing a musical culture with compelling links to human music. The research brings musicology and music composition into conversation with the biological sciences, linking a musician's trained ear and musicological techniques (including transcription) with the latest developments in neuroscience, zoology, ethological zoosemiotics, evolutionary aesthetics, recording, sonography, and sound analysis software applications.The pied butcherbird is an emancipated singer (with no species-specific song template) known to invent and vary its phrases by individual, by season, and by year. Pied butcherbirds deliver long songs of up to six hours in the spring, especially during a full moon. Both the males and females sing, and they participate in multi-individual antiphonal song that may include five or more singers. They mimic other avian species, non-avian species, and manmade sounds.
Analysis of specific aspects of field recordings, transcriptions, and sonograms will involve collaborations with international researchers and generate technical papers beyond the monograph. In particular, a vocal ethogram - a summary of all the vocal abilities, techniques, predilections, apparent rules, and patterns (and their concomitant behavior) - of this heretofore-undocumented species will be assembled. Composition based on pied butcherbird vocalizations is also part of the analysis process, and I will perform works for solo violin plus outback field recordings in various concert outcomes. Definitions of music and culture often assume human agency; this birdsong research reanimates the topic, challenging traditional conceptions of music as a purely human artefact.
Recommended Reading
Taylor, Hollis. "Decoding the song of the pied butcherbird: An initial survey." Transcultural Music Review 12 (2008): 1-30.
http://www.sibetrans.com/trans/trans12/art13.htm
-. "Blowin' in Birdland: Improvisation and the Australian pied butcherbird." Leonardo Music Journal 20 (2010): 79-83.
-. Post Impressions: A Travel Book for Tragic Intellectuals. Portland: Twisted Fiddle, 2007.
Kolloquium, 03.04.2012
Die Musik der Natur und die Natur der Musik
Nur wenige Themen überbrücken den Graben zwischen den Geistes- und Sozialwissenschaften einerseits und den Naturwissenschaften andererseits so gut wie die Suche nach einem biologischen Verständnis der Ursprünge von Kultur. Die Natur und die Ursprünge der Musik spielen dabei eine besondere Rolle. Dennoch gibt es einen seltsamen Umstand: Menschen sind die einzige Primatenart, die über eine spezialisierte Hirnfunktion zum stimmlichen Lernen verfügt. Wenn wir also die Ursprünge und die Naturgeschichte des stimmlichen Lernens untersuchen wollen, können wir uns nicht an unsere nächsten Verwandten wenden, sondern an Stimmlernende wie die Singvögel. Durch ihre Untersuchung verschaffen sich die Biologen Einsichten über die Beschaffenheit und die Ursprünge des stimmlichen Lernens.
Dies weist uns auf eine andere Merkwürdigkeit hin: die Erforschung des Vogelgesangs ist beinahe ausschließlich Sache der Biologen. Schon lange hat der Vogelgesang Künstler, Schriftsteller, Musiker, Philosophen und ganz normale Menschen begeistert. Doch die Musikwissenschaftler, die neue Perspektiven in die Erforschung und Interpretation des Vogelgesangs einbringen könnten, haben das Thema gemieden. Technische Fortschritte wie etwa das Spektrogramm, das dem kundigen Auge eine Analyse des Vogelgesangs gestattet, nicht jedoch dem kundigen Ohr, ermöglichen den Biologen, ihrer Forschung nachzugehen - ohne musikalische Ausbildung oder ergänzende Beiträge von Musikern; objektives Wissen wird in diesem Feld üblicherweise mit dem visuellen Befund gleichgesetzt. Man könnte sagen, die Biologen haben dieses ungeschützte Territorium beinahe so in Besitz genommen, wie ein Vogel es täte.
Eine Reihe von Hindernissen und Widerständen sorgen dafür, dass Tiere nicht als Forschungsgegenstand in wissenschaftliche Disziplinen aufgenommen werden, deren theoretische Grundannahmen traditionell von der Sonderstellung des Menschen ausgehen; und die Musik zählt zweifellos dazu. Mit meiner Arbeit möchte ich dieses Ungleichgewicht beseitigen. Als Musikwissenschaftlerin verbringe ich zwei bis vier Monate im Jahr mit Feldforschung; dabei nehme ich den Gesang des Schwarzkehl-Krähenwürgers (Cracticus nigrogularis) auf und beobachte das damit einhergehende Verhalten. In meinem Vortrag möchte ich noch einmal darüber nachdenken, auf welche Weise und warum ich den Gesang des Schwarzkehl-Krähenwürgers als Musik verstehe.