Anne Peters, Dr. iur., LL.M. (Harvard)
Professorin für Internationales and Verfassungsrecht
Universität Basel
Born in 1964 in Berlin
Studied Law, Modern Greek, and Spanish Literature and Language at the Universities of Würzburg, Lausanne, and Freiburg/Breisgau and at Harvard Law School
Arbeitsvorhaben
Internationale Menschenrechte und globales Tierrecht - Reflexion, Aktion und Kodifikation
Animalité, égalité, fraternitéBetween 1879 and 1935, the Basel public was entertained with "Völkerschauen" (ethnic exhibitions) in the Basel Zoo. In these shows, mostly non-European persons were displayed, equipped with (makeshift) huts and dressed in their traditional clothing. These shows clearly attracted more visitors to the Zoo than the non-human animals.
The project starts from the shock that is felt when learning about this display of humans in zoos, which was not so long ago, and the ensuing reflection on why this apparently was not shocking 75 years ago (just as most people have no problem with animals in zoos today) and why we do not question showing animals in zoos. The starting point is thus the recognition of, first, the great mutability of societal attitudes about human dignity, and, second, the clearly diverging societal attitudes towards human and non-human animals.
Photo: Andreas-Zimmermann
The latter divergence is reflected in a strikingly disparate state of both domestic and international law. Today a very extensive body of international human rights law contrasts with an almost total lack of international regulations concerning animal welfare. This contrast calls for a (juridical, but also political and sociological) explanation (positive analysis) and also for normative suggestions for filling what I perceive as a lacuna.
The project seeks to furnish both explanations and reform proposals through a comparison of the legal discourse on international human rights (from the 1920s until the present) with the political-legal discourse on animal welfare and rights that began to flourish in the 19th century, mainly in Europe.
Method: I will analyze ideas, arguments, and discourse (reflection), social movements (action), and the product of both, the legal norms (codification).
The main academic discipline is international law (and comparative law), but the project necessarily involves history, philosophy, and political science and needs insights from philosophical anthropology and zoology.
Recommended Reading
Peters, Anne. Elemente einer Theorie der Verfassung Europas. Berlin: Duncker & Humblot, 2001.
Peters, Anne. "Humanity as the A and O of Sovereignty." European Journal of International Law 20 (2009): 513-544.
Klabbers, Jan, Anne Peters, and Geir Ulfstein. The Constitutionalization of International Law. Oxford: Oxford University Press, 2011 (expanded paperback edition).
Kolloquium, 23.04.2013
Liberté, egalité, animalité
Exposition: Zwischen 1879 und 1935 wurde das Basler Publikum mit sog. Völkerschauen im Basler Zoo unterhalten. Den Anstoß für mein Forschungsvorhaben gab der Schock, den wir über die Zuschaustellung von Menschen in Zoos vor nicht so langer Zeit empfinden, und die zweifache Reflektion, die darauf folgt: Warum war dies offenbar vor 75 Jahren nicht schockierend und warum stellen wir bis heute Zootiere kaum in Frage? Der Ausgangpunkt ist somit die Einsicht, dass sich erstens die gesellschaftlichen Anschauungen über Menschenwürde extrem dynamisch entwickelt haben und dass sich zweitens unsere Einstellung gegenüber nichtmenschlichen Tieren krass von derjenigen gegenüber Menschen unterscheidet. Diese divergierenden gesellschaftlichen Anschauungen spiegeln sich in voneinander abweichenden Rechtsbeständen. Heute steht ein ausgedehntes Korpus von nationalen und internationalen Menschenrechten im Gegensatz zu einem Regulierungsdefizit in Bezug auf Tierwohlfahrt, obwohl vor allem europäische politische Entitäten (Staaten, die EU und der Europarat) insbesondere seit den 1980er Jahren Rechtsnormen über die Behandlung von Tieren erlassen haben (Artenschutz, Transport, Schlachtungen, Tierhaltung, Haustiere) und die Standards kontinuierlich erhöhen. Dieser Gegensatz ruft nach einem Rechtsvergleich.
Methode: Die Forschung erfolgt in zwei Dimensionen. Die erste ist die soziologische/kulturelle/diskursanalytische/empi-rische Dimension, in welcher die rechtlichen Prozesse von außen beobachtet werden. Die Frage ist hier: Wie entwickelt sich (internationales) Recht? In den Blick genommen werden Akteure (Juristen, die Öffentlichkeit, die Wirtschaft, etc.); 'ideelle' Faktoren ((1) Ideale/Überzeugungen/Prinzipien; (2) Interessen/Präferenzen/Gewohnheiten; (3) naturwissenschaftliche Kenntnisse) und schließlich primär 'materielle' Faktoren (ökonomische Anreize; Pfadabhängigkeit; Interdependenz; Globalisierung, Standortkonkurrenz; usw.). In der zweiten Dimension verläuft die dogmatische/systematische Untersuchung, welche mit den eigentlichen juristischen Methoden durchgeführt wird, sozusagen innerhalb des Rechtssystems. Die Fragen lauten hier: Welche juristischen Argumente wurden vorgebracht? Welche sollten vorgebracht werden? Mein Selbstverständnis als Rechtswissenschaftlerin ist, dass ich weder rechtssetzende Politikerin noch neutrale/unpolitische/wertfreie Technikerin bin. Eine vollständige Wertfreiheit ist weder möglich noch wünschenswert. Rechtswissenschaft hat unentrinnbar eine normative Komponente und ist unweigerlich zumindest mittelbar anwendungsbezogen. Deshalb trägt die Rechtswissenschaftlerin eine gesellschaftliche Verantwortung.
Ausgewählte Aspekte des Vergleichs des Menschenrechtsschutzes und des Rechts der Tiere:
A. Verfestigung von Ausbeutung, Diskriminierung und Auslöschung durch das Recht
- Strategien der Distanzierung ('Othering') von Personen (Afrikaner, Juden, indigene Völker, Tiere) als Rechtfertigung für Unterdrückung.
- Rekurs auf die Grundrechte auf Eigentum und Privatsphäre.
- Argumente aus der 'Natur': Haben sie ('Neger', Tiere...) Schmerzen, können sie kommunizieren, lieben sie ihre Kinder, etc.? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind moralisch relevant und wie sollte dies im Recht gespiegelt werden?
B. Beendigung der Ausbeutung, Diskriminierung und Auslöschung durch das Recht
I. Dogmatische Analyse:
- Rechtsträger versus bloße Begünstigte (nur Schutzobjekte und Ethik der Sorge) .
- Die Erweiterung der Rechtsgemeinschaft durch Anwendung der Prinzipien der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung (auf Frauen, Schwarze, Kinder, Behinderte, Ausländer, Menschenaffen...).
II. Empirische/kulturelle/soziologische Analyse
- Die Verhinderungsmacht der Wirtschaftsakteure (Sklaverei, gegenwärtige Arbeiter- und soziale Rechte; Tiere).
- Die Macht von Empathie, Gefühl, moralischer Empörung. Die Macht der Publizität und Transparenz.
- Das Geschlecht der Disziplin und Praxis.
C. Gefahren
- Die mission civilisatrice (Kulturimperialismus?)
- Das Recht als hohle Hoffnung?
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Peters, Anne (Tübingen, 2021)
Grundrechtsfunktionen jenseits des Staates Future concepts of law ; 1
Peters, Anne (Leiden, 2020)
Peters, Anne (Halle, S., 2016)
Tierwohl als globales Gut : Regulierungsbedarf und -chancen
Peters, Anne (2016)
Global animal law : what it is and why we need it
Peters, Anne (Halle, S., 2016)
Vom Tierschutzrecht zu Legal Animal Studies : Forschungsdesiderate und -perspektiven
Peters, Anne (Baden-Baden, 2015)
Der Mensch im Mittelpunkt des Völkerrechts
Peters, Anne (Berlin, 2015)
Tier-Recht im Zeitalter des Menschen
Peters, Anne (Zürich, 2015)
Animal law: reform or revolution? Schriften zum Tier im Recht ; Band 14