Froma Zeitlin, Ph.D.
Ewing Professor für Griechische Sprache und Literatur und Professorin (em.) für Vergleichende Literaturwissenschaft
Princeton University
Born in 1933 in New York
Studied Classic Literature at Harvard University and at Columbia University
Arbeitsvorhaben
Sichtbarkeit, Bild und Gestaltung in der griechischen Kultur des Altertums: vom Theater bis zum Roman
I explore certain facets of visual culture in ancient Greece through some persistent themes and preoccupations found in literary genres from the archaic and classical periods (particularly Homer and the dramatic stage) to the world of late antiquity (prose fiction), as these intersect with the figurative arts, notably sculpture and painting. There is an enduring fascination with the power of images, the feats of artisans, and the prestige of the figurative arts, with a premium placed on the quality of the "beautiful" - in social, political, ethical, aesthetic, rhetorical, psychological, and, increasingly, in erotic terms. Yet each aspect must be viewed against changing horizons of expectations, not just regarding the development of artisanal techniques and the expansion of visual fields in both public and private life, but also in theoretical terms, even with respect to the nature and functions of representation itself and the conceptualization of such notions as appearance, imitation, resemblance, image, and counterfeit or copy, as these relate to each other and to an idea of "reality" itself. Despite Plato's resistance, Greek culture remains until the end one of spectatorship, public performances, and visual display of every sort. All these activities increase, in fact, in scale and significance from the Hellenistic period on, reaching extravagant heights of material splendor and developing new concepts and practices, such as phantasia (imagination) and a growing conviction that while art imitates nature, nature also imitates art. My own interest is directed towards exploring the uncanny powers of imaging and of figuration through a whole range of visual experiences that, beside works of art, also includes dreams, visions, phantoms, epiphanies of gods, and theatrical scenes of mimetic reenactment. What draws these disparate phenomena into the same force field is primarily their role as agents of mediation that derive from an enduring set of imaginings in a culture, which gave gods human form and used the image of the body both to separate and cross the ontological lines that distinguish the animate from the inanimate, the illusion from reality, the dream from the waking state, the evanescent from the eternal, the self from the other, the living from the dead, the mortal from the immortal, and the past from the present.Recommended Reading
Zeitlin, Froma I. Playing the Other: Gender and Society in Classical Greek Culture. Chicago, University of Chicago Press, 1996.
- "Visions and Revisions of Homer in the Second Sophistic." In Greek Identity in the Second Sophistic, edited by Simon Goldhill, 195-266. Cambridge: Cambridge University Press, 2001.
- "The Artful Eye: Vision, Ekphrasis, and Spectacle in Euripidean Drama." In Art and Text in Ancient Greek Culture, edited by Simon Goldhill and Robin Osborne, 138-96. Cambridge: Cambridge University Press, 1994.
Kolloquium, 29.01.2013
Die erotischen Verlockungen der Mimesis: Text und Bild im Imaginären der Antike und danach
In meinem Gesamtprojekt geht es um die Erforschung bestimmter Facetten der Bildkultur im antiken Griechenland. Dazu befasse ich mich mit Themen und Gedanken, die sich durch die literarischen Genres von der archaischen über die klassische Periode (insbesondere bei Homer und auf der Theaterbühne) bis in die Welt der Spätantike (hier insbesondere in der erotischen Prosadichtung) ziehen und sich mit den bildenden Künsten überschneiden, vor allem mit der Bildhauerei und der Malerei. Es gibt ein anhaltendes Staunen (thauma, ekplêxis) über die Macht der Bilder und die Meisterleistungen der Künstler, das - zusammen mit dem Prestige der bildenden Künste - die Qualität des "Schönen" sehr hochschätzt, und zwar in sozialer, politischer, ethischer, ästhetischer, rhetorischer, psychischer und zunehmend auch erotischer Hinsicht. Dennoch sollte man jeden Aspekt vor dem Hintergrund sich wandelnder Erwartungshorizonte betrachten, nicht nur in Bezug auf die Entwicklung kunsthandwerklicher Techniken und die Expansion von Bildbereichen im öffentlichen wie privaten Leben, sondern auch in theoretischer Hinsicht, und auch mit Blick auf das Wesen und die Funktionen von Darstellung an sich und die Entwicklung von Begriffen wie Erscheinung, Nachahmung, Ähnlichkeit, Bild und Fälschung oder Kopie - denn diese beziehen sich aufeinander und auf eine Vorstellung davon, was Wirklichkeit ist. Trotz Platons Widerstand bleibt die griechische Kultur bis zu ihrem Ende eine Kultur des Zuschauens, der öffentlichen Aufführungen und der bildlichen Zurschaustellung jeder Art. Seit der Periode des Hellenismus nehmen diese Aktivitäten an Umfang und Bedeutung zu; sie erreichen extravagante Höhepunkte in der Prachtentfaltung des Materials, entwickeln neue Konzepte und Praktiken, etwa phantasia (Phantasie) im Gegensatz zu mimesis (Nachahmung), und mancherorts wächst die Überzeugung heran, dass Kunst nicht nur Natur, sondern Natur auch Kunst kopiert.
Mein Vortrag besteht aus drei Teilen (und einer Coda); dabei liegt der Schwerpunkt auf der Darstellbarkeit weiblicher Schönheit. 1. Einige moderne Beispiele der Faszination für antike Bildnisse von Frauen. 2. Die Kultur des Schauens in der späteren griechischen Literatur unter römischer Herrschaft, insbesondere die Ekphrasis oder die Kunst, Bilder mit Worten zu beschreiben - ein rhetorischer Tropus, der Zuhörer/innen (oder Leser/innen) zu Zuschauern/innen macht. 3. Drei Textbeispiele, die um die Darstellungen von schönen Frauen kreisen (oder Anspielungen darauf) und deren berühmte historische Modelle. Diese Beispiele stammen aus zwei antiken Romanen, Charitons Chaireas und Kallirhoe (ca. 1. Jahrhundert n. Chr.) und der Aithiopika des Heliodor (ca. 3.- 4. Jahrhundert n. Chr.). Zwischen diesen beiden wende ich mich dem Sophisten Lukian zu (3. Jahrhundert n. Chr.), der sich in seinem Dialogpaar Imagines und Pro Imaginibus auf witzige Weise mit den Schnittstellen zwischen Kunst und Text, Wort und Bild beschäftigt, um das zu beschreiben, was er für das Unbeschreibliche hält. Alle drei greifen die Frage der Ähnlichkeit in der Porträtmalerei auf: Die Beschreibung von Kallirhoe bei Chariton, das zusammengesetzte Bild der geheimnisvollen Panthea bei Lukian und das Gemälde der Andromeda als Vorlage für das Mädchen Charicleia bei Heliodor. Vielleicht ist dies ein paradoxer, sogar verkehrter Schritt, denn in gewisser Weise sind all dies keine Ekphraseis im strengen Sinne; vielmehr hängen sie davon ab, dass das Publikum den überlieferten Bild- und Textspeicher kennt. In jedem einzelnen Fall geht es um die unbeschreibliche (oder charismatische) Schönheit einer Frau, deren Schilderung seit Homer auf verschiedene Strategien des Zeigens und Erzählens zurückgreift. Ich folge gewissermaßen einer absteigenden Ordnung; ich beginne mit der greifbarsten Figur (Chariton) und ende mit der Umkehrung der eigentlichen Idee mimetischer Ähnlichkeit im Verhältnis zwischen Person und Bild (Heliodor). Man beachte aber, dass sich der erste Text (Chariton) mit einer Plastik befasst, der zweite (Lukian) mit einer Kombination aus Skulptur und Gemälde und der dritte (Heliodor) mit einem ungewöhnlichen gemalten Porträt. Die ersten beiden Beispiele untersuchen das drängende Thema der Anthropomorphisierung des Göttlichen und die Tatsache, dass Götter in menschlicher Gestalt dargestellt werden. Während sich Heliodor als letztes Beispiel auf eine mythische Heldin beruft, schlägt er doch eine vollkommen andere Richtung ein, wenn er der Kopie das Primat über die Vorlage einräumt. In der Coda wende ich mich der Figur der Phryne zu, der berüchtigten Hetäre (4. Jahrhundert v. Chr.), die einen berühmten Skandal auslöste, als sie vor den Zuschauern des Prozesses, der gegen sie wegen Gottlosigkeit (eusebeia) geführt wurde, ihre Brust entblößte; ihre Schönheit war so groß, dass sie den beiden damals bekanntesten Künstlern Modell gestanden haben soll: dem Maler Apelles für die Aphrodite Anadynomene und dem Bildhauer Praxiteles für die Aphrodite von Knidos. Zum Schluss kehre ich in die Moderne zurück und befrage einige zeitgenössische Interpretationen des Ekphrasis; sie betrachten die Beziehung zwischen Kunst und Text als einen "Kampf um die Vorherrschaft zwischen Wort und Bild, der auf mehreren Ebenen durch das soziale Geschlecht bestimmt wird": Das Objekt wird als schweigende, unterwürfige Frau dargestellt, während der Betrachter/Autor als aggressiver Mann verstanden wird. Die Kunst der Beschreibung ist ein Begehren, das "nach dem natürlichen Zeichen giert", wie ein Rezensent schreibt.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Zeitlin, Froma (Ithaca, 2023)
The retrospective muse : pathways through ancient Greek literature and culture Myth and poetics II
Zeitlin, Froma (New York, 2017)
Longus and Achilles TatiusFroma Zeitlin
Zeitlin, Froma (Groningen, 2013)
Landscapes and protraits : signs of the uncanny and illusions of the real
Zeitlin, Froma (Amsterdam, 2012)
A study in form : recognition scenes in the Three Electra Plays
Zeitlin, Froma (Berlin, Boston, 2012)
Gendered ambiguities, hybrid formations, and the imaginary of the body in Achilles Tatius
Zeitlin, Froma (Lanham, Md [u.a.], 2009)
Under the sign of the shield : semiotics and Aeschylus' Seven against Thebes Greek studies : interdisciplinary approaches
Zeitlin, Froma (2001)
Visions and revisions of Homer
Zeitlin, Froma (Chicago, Ill. [u.a.], 1996)
Playing the other : gender and society in classical Greek literature Women in culture and society series
Zeitlin, Froma (1993)
Staging Dionysus between Thebes and Anthens