John H. Langbein, Ph.D.
Sterling Professor of Law and Legal History
Yale Law School
Born in 1941 in Washington, DC
Studied Economics at Columbia University, Law at Harvard University, and Law and Legal History at the University of Cambridge
Arbeitsvorhaben
The Trend Toward Negotiated, Non-Trial Disposition of Criminal Cases in Advanced Legal Systems, with Particular Reference to StPO § 257(c) in Germany
In recent decades, the criminal justice systems of many advanced legal systems have shown a pronounced trend to resolve ever more cases by means of negotiation and settlement rather than by adjudication. The troubled practice of plea bargaining in the Anglo-American systems is the most characteristic example. The German legal system long resisted, but has changed course and now makes use of such practices. During my stay at the Wissenschaftskolleg, I want to study the spread of negotiated, non-trial criminal procedure to Germany. I plan to explore conventional printed sources and also to do some interviewing of criminal justice professionals and scholars.Recommended Reading
Langbein, John H. Prosecuting Crime in the Renaissance: England, Germany, France. Cambridge, Mass.: Harvard University Press, 1974; reprint ed. 2005; Korean ed. 2012.
-. The Origins of Adversary Criminal Trial. Oxford: Oxford University Press, 2003; paperback 2005; Chinese ed. 2010.
Langbein, John H. with R. Lerner and B. P. Smith. History of the Common Law: The Development of Anglo-American Legal Institutions. New York: Wolters Kluwer, 2009.
Kolloquium, 03.06.2014
Geständnishandel in der deutschen Strafprozessordnung: Ursachen, Auswirkungen auf das System und Vergleiche mit dem amerikanischen "Plea Bargaining"
Im Verlauf der vergangenen Generation hat sich die Arbeitsweise der Gerichte, die schwere Straftaten verhandeln, grundlegend verändert. Zunehmend werden die Fälle durch eine Praxis geregelt, die man als "Absprachen" bezeichnet; es wäre aber besser, sie als "Geständnishandel" zu bezeichnen. Bei solchen Fällen handelt der vorsitzende Richter einen Deal mit dem Anwalt aus, der den Angeklagten vertritt. Im Gegenzug dafür, dass der Angeklagte ein Geständnis im Sinne der Anklage ablegt, setzt der Richter die Strafe herab - im Vergleich zu jener Strafe, die das Gericht im Falle eines Schuldspruchs ohne Geständnis gegen den Angeklagten verhängt hätte, nachdem es zu einem vollständigen Prozess auf Grundlage der Beweise gekommen wäre. Dadurch, dass das Gericht den Angeklagten in erster Linie auf Grundlage des Geständnisses verurteilt, sorgt der Deal für eine Verkürzung des Prozesses und vereinfacht die Arbeit des Gerichts.
Bei schweren Straftaten war Geständnishandel in Deutschland bis in die 1970er Jahre im Wesentlichen unbekannt. Er hat sich gänzlich in der Praxis der Rechtsprechung und ohne eine Gesetzgebung entwickelt, die dies gestattet hätte. Man schätzt, dass heute in der Hälfte aller Prozesse, in denen schwere Straftaten verhandelt werden, Geständnishandel stattfindet.
Der deutsche Geständnishandel hat mit dem amerikanischen Plea Bargaining ein grundsätzliches Übel gemeinsam: Ein Geständnis, das im Gegenzug für eine geminderte Strafe gemacht wird, ist sehr unzuverlässig - das liegt in der Natur der Sache. Wenn das reduzierte Strafmaß, das der Richter dem Angeklagten für das Geständnis bietet, und das Strafmaß, das dem Angeklagten droht, wenn er nicht geständig ist und später verurteilt wird, auseinanderklafft, wächst der Druck, auf Verteidigungsmöglichkeiten zu verzichten und den angebotenen Deal zu akzeptieren. Ausgehandelte Geständnisse sind erzwungen. In den USA gibt es inzwischen ungeheuer viele Belege aus der Empirie, dass solche Deals unschuldige Personen dazu bewegen, falsche Geständnisse abzulegen.
Der Geständnishandel verletzt Kernprinzipien der deutschen Strafprozessordnung und vor allem die Verantwortung des Gerichts, sich von der Schuld des Angeklagten und der Angemessenheit des Urteils zu überzeugen. Dennoch hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahr 1997 diese Praxis mit einer schlecht argumentierten Begründung gestützt. 2009 hat der Gesetzgeber die Entscheidung von 1997 im Grunde kodifiziert und 2013 hat das Bundesverfassungsgericht das Gesetz vorläufig gebilligt - gegen Angriffe, die sich auf das Grundgesetz berufen.
Zur Diskussion: Warum ist dies geschehen, wie ernst ist der Schaden an der deutschen Tradition der Wahrheitssuche bei Strafurteilen und wie sieht die Zukunft von Strafprozessen aus?
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Langbein, John H. (Cary, NC, 2022)
Langbein, John H. (Clark, N.J, 2013)
Prosecuting crime in the Renaissance : England, Germany, France
Langbein, John H. (New York, 2010)
Pension and employee benefit law University casebook series
Langbein, John H. (Austin, Tex. [u.a.], 2009)
History of the common law : the development of Anglo-American legal institutions Aspen Publishers
Langbein, John H. (Chicago, Ill., 2006)
Torture and the law of proof : Europe and England in the ancien régime
Langbein, John H. (Oxford [u.a.], 2003)
The origins of adversary criminal trial Oxford studies in modern legal history