Thomas Ackermann, Dr. iur.
Professor of Law
Ludwig-Maximilians-Universität München
Born in 1966 in Grefrath, Germany
Studied Law at the University of Bonn and the University of Cambridge (UK)
Arbeitsvorhaben
A Legal Theory of the Firm
In his seminal essay "The Nature of the Firm", published in 1937, Ronald Coase opened the black box "firm" for economic theory by asking why the hierarchical organization of production within a firm exists at all, considering that non-hierarchical co-ordination by the market mechanism is generally deemed superior by economists. There is a legal equivalent to the question Coase addressed to economics: Why do firms (in the form of corporations or other legal entities), and not just individuals, exist in our legal order as persons equipped with legal rights and duties? The answer to this question is pertinent to numerous issues concerning both the substance and the enforcement of legal rules. Should rules governing behaviour in and outside of the marketplace apply without distinction to individuals and firms? Should the enforcement of these rules take account of differences between individuals and firms? These fundamental questions lie at the root of the widespread uneasiness about how the law should address contemporary problems of corporate power and corporate conduct, such as corporate bailouts, the corporate role in campaign finance or the ways shareholders may pursue their religious beliefs through corporate activities.A legal theory of the firm that explains the raison d’être of firms in a legal system can shed light on these issues. I plan to answer this question by developing a rights-based approach that deconstructs corporate fundamental rights by looking through the "corporate veil" at the complex network of individual interests represented in the organization of a firm.
Recommended Reading
Ackermann, Thomas. Der Schutz des negativen Interesses: Zur Verknüpfung von Selbstbindung und Sanktion im Privatrecht. Tübingen: Mohr Siebeck, 2007.
-. "Unternehmenssteuerung durch finanzielle Sanktionen." Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 179 (2015): 538-562.
-. "Grundrechtsschutz juristischer Personen im kartellrechtlichen Sanktionenverfahren: ein Reformhindernis?" Neue Zeitschrift für Kartellrecht 3 (2015): 17-24.
Kolloquium, 25.10.2016
Eine rechtliche Theorie des Unternehmens
Immer stärker verbreitet sich der Eindruck, dass sich die Macht und das Verhalten von Unternehmen der demokratischen Steuerung entziehen, ja, dass Staaten von globalen Märkten und "global players" in Geiselhaft gehalten werden. Juristen spielen in diesem Konflikt eine ambivalente Rolle: Während das Recht Instrumente bereithält, um "die Kontrolle zurückzugewinnen", setzt es zugleich der Wiedergewinnung staatlicher Hoheit über Märkte und Marktteilnehmer Grenzen. Abgesehen von Instrumenten des Investitionsschutzes im Wirtschaftsvölkerrecht werden diese Grenzen durch Grundrechte definiert, die in zahlreichen Verfassungen und völkerrechtlichen Verträgen niedergelegt sind. Grundrechte sind gegen Mehrheiten wirkende Schranken staatlicher Machtausübung: Grundrechtssubjekte sind mit Abwehrrechten gegen staatliche Maßnahmen versehen, die ihre Rechte verletzen, und zwar auch dann, wenn diese Maßnahmen von einer demokratischen Mehrheit getragen sind. Während dies in Bezug auf Individuen allgemein bekannt und akzeptiert ist, ist es einigermaßen verwirrend, dass Grundrechte auch Unternehmen zuerkannt und oft von diesen in Anspruch genommen werden. In einem Rechtssystem, das in erster Linie mit Individuen und deren Freiheit befasst ist, verlangt die Einbeziehung von Unternehmen (in Gestalt von Kapitalgesellschaften oder anderen Rechtsformen) als Personen, die mit Grundrechten ausgestattet sind, nach einer Erklärung.
Leider haben konkurrierende theoretische Konzepte einer "realen" oder "fiktiven" Verbandspersönlichkeit die Problematik weitgehend verdunkelt. Anstatt sich auf die Ähnlichkeit (oder deren Fehlen) zwischen juristischen Personen und individuellen oder kollektiven Akteuren zu konzentrieren, die wir in anderen Zusammenhängen als Personen behandeln, sollte ein rechtliche Theorie des Unternehmens den Nexus individueller Interessen erhellen, für den Rechtsbegriffe wie der der "Kapitalgesellschaft" stehen, um die Rolle von Unternehmen im Rechtssystem, einschließlich der Ausdehnung von Grundrechten auf Unternehmen, zu erklären. Das nexus of contracts-Modell, das in den letzten Jahrzehnten die vorherrschende Theorie des Gesellschaftsrechts war, trägt zum Verstehen bei, wie die Interessen der Eigentümer, Gläubiger und Manager in rechtlichen Merkmalen der Kapitalgesellschaft wie der Personeneigenschaft, der beschränkten Haftung und Regelungen zur Behandlung der Trennung zwischen Eigentum und Kontrolle verwoben und widergespiegelt werden. Dieses Modell beruht jedoch auf starken normativen und empirischen Annahmen, die es als Bezugsgröße für Unternehmensgrundrechte wenig geeignet erscheinen lassen (es sei denn, man bekennt sich zu einem marktimitierenden Staat als verfassungsrechtliches Leitmotiv). Wenn man annimmt, dass aggregierte private Gewinne und gesellschaftliches Wohl nicht notwendig gleichgerichtet sind, wird dadurch nicht nur die Rolle von Märkten relativiert, sondern auch die Rolle von Unternehmen als Medium für die kollektive Ausübung wirtschaftlicher Freiheit.
Wenngleich ich von einer umfassenden Erklärung der verfassungsrechtlichen Rolle des Unternehmens noch weit entfernt bin, möchte ich anhand einiger Beispiele (Eigentums- und Verfahrensgrundrechte sowie Meinungsfreiheit für Unternehmen) die Unzulänglichkeiten konventioneller Ansichten zu Unternehmensgrundrechten erörtern, wie sie von Gerichten dies- und jenseits des Atlantiks gepflegt werden, und einen etwas anderen Ansatz vorschlagen, den man provisorisch als "konstitutionelle Nexus-Theorie" bezeichnen kann.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Ackermann, Thomas (Berlin, 2017)
Wettbewerbsschutz durch Privatrecht
Ackermann, Thomas (Tübingen, 2017)
Ackermann, Thomas (München, 2015)
Grundrechte juristischer Personen im kartellrechtlichen Sanktionenverfahren : ein Reformhindernis?
Ackermann, Thomas (The Hague [u.a.], 2011)
Ackermann, Thomas (Köln, 2010)
Prävention als Paradigma : zur Verteidigung eines effektiven kartellrechtlichen Sanktionssystems