Giovanni Galizia, Ph.D.
Professor of Zoology and Neurobiology
Universität Konstanz
Born in 1963 in Rome
Studied Biology at the Freie Universität Berlin and the University of Cambridge (UK)
Arbeitsvorhaben
Insect Intentionality and Sentience: Understanding Complex Behaviors in Social Insects
I posit that much of what makes animals "intelligent" is caused by an interplay of many learning circuits on varying levels. A classical reductionist approach to the study of learning aims at controlling as many variables as possible, in order to isolate (ideally) a single learning mechanism and study it in detail. While this approach has proven extremely powerful, we need to add new approaches that allow us to study experimental settings in which many parameters remain open, to allow for multiple memory traces that thus create complex memories and behaviors. This is sometimes done in behavioral analyses (in particular in open field observation studies), but not yet on an analytical level that would allow us to record neural activity in dedicated physiological experiments.The long-term goal is to understand intentionality and sentience. I define intentionality as a process used by animals for action selection. When an animal is in a situation in which several behaviors can be selected from, and the animal has to choose (in a simple case, for example, fly West or East), action selection is necessary. This can be based on past experience, inherited algorithms, randomness - or any combination. Alternatively, the animal could "visualize" the future outcome of its actions for each alternative. ("Visualize" is a poor word here, because it refers to the visual system only; "experience" is better, but easily misunderstood.) If an animal gauges alternative future outcomes internally, it uses intentionality. Intentionality entails an internal representation of the outside world and the capacity to evaluate a "virtual reality" therein. Intentionality – or the capacity for it - may relate to properties that are more complex: the internal representation of self, self-awareness, sentience (the capacity to feel subjectively), and consciousness. I believe it is important to include these in our thinking, but at the same time to keep them clearly and explicitly distinct.
My hypothesis is that these capacities (including action selection, intentionality, self-awareness, sentience, consciousness) do not come automatically with increased complexity. I will focus on the honeybee as a social, experimentally amenable insect. Experimental designs can then be extended to other species at a later stage.
Recommended Reading
Galizia, C. Giovanni (2014). "Olfactory coding in the insect brain: data and conjectures." Eur J Neurosci 39, 11: 1784-95.
Galizia, C. Giovanni and Pierre-Marie Lledo, eds. (2013). Neurosciences - from molecule to behavior: a university textbook. Heidelberg: Springer.
Galizia, C. Giovanni and Wolfgang Rössler (2010). "Parallel olfactory systems in insects: anatomy and function." Annu Rev Entomol 55: 399-420.
Kolloquium, 19.05.2020
Träumen Bienen?
Bevor die Corona-Zeit ausbrach, haben wir beim Mittag- oder Abendessen oft über unsere Projekte gesprochen. Wenn ich dann über das Träumen der Bienen erzählt habe, waren Eure Reaktionen oft fasziniert oder erstaunt: Ist so etwas möglich? Und wenn ja, wie würden wir das herausfinden? Mehr noch: Ist das nicht eine Frage zum Bewusstsein, zum Geist - und wollen wir wirklich diesen kleinen, pelzigen, fliegenden Insekten solche menschlichen Fähigkeiten zugestehen?
Thomas Nagel hat in seinem Text mit dem vereinnahmenden Titel "What is it like to be a bat?" geschrieben: "Ich nehme an, dass wir alle glauben, dass Fledermäuse Erfahrungen haben. Schließlich sind sie Säugetiere und es kann nicht mehr Zweifel an ihren Erfahrungen geben als an denen von Mäusen, Tauben oder Walen. Ich habe Fledermäuse anstelle von Wespen oder Flundern ausgesucht, weil Menschen ihren Glauben, dass es dort Erfahrungen gibt, zunehmend verlieren, je weiter man im phylogenetischen Baum herabsteigt." (Meine Übersetzung).
Im Gegensatz zu Nagel hoffe ich, dass wir durch die Wahl von Tieren, denen wir uns weniger ähnlich fühlen, uns auch von Argumenten wie "ich nehme an" entfernen und uns eher hin zu einem evidenzbasierten "die Daten zeigen" bewegen. Dies ist für mich eine starke Motivation, mit Insekten zu arbeiten: Sie zeigen ein komplexes Verhalten, sind uns aber ausreichend fremd, um der Versuchung zu widerstehen, unseren Geist in sie hinein zu projizieren.
Ich werde drei Aspekte besprechen:
1. Träumen Bienen?
Ich werde die Frage aufteilen: Können Bienen schlafen? Gibt es unterschiedliche Schlafphasen? Wie ist die Gehirnaktivität der schlafenden und der wachenden Biene strukturiert, und - falls das Hirn im Schlaf aktiv ist - was bedeutet diese Aktivität?
2. Benutzen Bienen Karten für die Navigation?
Nehmen wir den Fall einer Biene, die Nektar sammelt. Falls sie in einem Traum den Besuch der Blüte rekapitulieren würde, wäre das eine innere Repräsentation der Außenwelt? Würden wir dies eine "Karte" nennen?
3. Haben Bienen Intentionalität oder Bewusstsein?
Wenn Intellektuelle den Begriff Intentionalität verwenden, dann unterliegt der Begriff immer einer gewissen Unschärfe, wie bei vielen verwandten Begriffen (etwa Bewusstsein oder Erfahrung), die durch unterschiedliche Assoziationen, Verbindungen und ungenaue Definitionen entstehen. Ich werde auf die ursprüngliche Definition von Franz Brentano im Jahr 1874 zurückgreifen. Sowohl wenn die Biene träumt (falls die Antwort auf 1. positiv ausfällt), als auch wenn sie eine Karte verwendet (falls die Antwort auf 2. auch positiv ist), schafft die Biene eine mentale Repräsentation der äußeren Welt (inwieweit diese der tatsächlichen Welt entspricht, ist hierbei irrelevant) und hat Intentionalität. Die Biene hat Bewusstsein, wenn - und nur wenn - sie selbst Teil dieser inneren Welt wäre, wenn sie also nicht "nur" von einer Wiese träumt, sondern auch davon, dass sie selbst über diese Wiese fliegt.
Ich denke, dass diese Fragen objektiver Natur sind und experimentell beantwortbar, so dass wir Antworten haben werden, etwa: "Ja, denn die Daten zeigen, dass..." (oder "nein, die Daten sprechen dagegen"), immer mit der Unsicherheit, dass spätere Experimente die Ergebnisse falsifizieren könnten. Das Ziel meines Projekts ist es, entsprechende experimentelle Ansätze zu entwickeln.
Um die Spannung nicht zu stark zu strapazieren, hier die Antworten in meinem Vortrag: (1) Ich weiß es nicht (aber derzeitige Daten deuten auf ein "Ja"), (2) ich weiß es nicht (aber umstrittene Dateninterpretationen deuten auf ein "Ja"), (3) ich weiß es nicht (für Bewusstsein gibt keine überzeugenden Daten).
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Galizia, Giovanni (Jerusalem, 2015)
Forgetting : an interdisciplinary conversation Martin Buber Society of Fellows notebook series
Galizia, Giovanni (Oxford, 2014)
Olfactory coding in the insect brain : data and conjectures
Galizia, Giovanni (Berlin, Heidelberg, 2013)
Neurosciences - from molecule to behavior : a university textbook
Galizia, Giovanni (Dordrecht, 2012)
Honeybee neurobiology and behavior : a tribute to Randolf Menzel
Galizia, Giovanni (Palo Alto, Calif., 2010)
Parallel olfactory systems in insects : anatomy and function
Galizia, Giovanni (Konstanz, 2010)
Wie kommen die Düfte ins Gehirn? : Bericht aus der Werkstatt der Neurobiologie ; [... erweiterte Fassung des Vortrags, der am 7. November 2008 im Rahmen des 25. Wissenschaftsforums der Stiftung "Wissenschaft und Gesellschaft" und der Universität Konstanz ... gehalten wurde] Konstanzer Universitätsreden ; 235