Derin Terzioglu, Ph.D.
Associate Professor of History
Bogaziçi University, Istanbul
Born in 1969 in Ankara
Studied History at Princeton University and History and Middle Eastern Studies at Harvard University
Arbeitsvorhaben
The Fashioning of a Sunni Orthodoxy and the Entangled Histories of Confession-Building in the Ottoman Empire, 15th-18th Centuries
During my residence at the Wissenschaftskolleg, I will be co-writing a book with Tijana Krstic, that will present the results of our five-year ERC-funded research project (OTTOCONFESSION) on the formation of a Sunni orthodoxy and the entangled histories of Muslim, Christian and Jewish confession-building in the core lands of the Ottoman Empire between the 15th and 18th centuries.Sunni-Shii confessional polarization and its ramifications for the diverse Sunni, Alevi and confessionally ambiguous Sufi (and non-Sufi) communities in Anatolia and the Balkans constitute a principal focus of my research. I am particularly interested in the responses of members of these communities to religious indoctrination, be it in the form of compliance or resistance, subterfuge or indifference, and in the social and cultural codes that allowed certain forms and venues of cultural expression such as poetry to be relatively immune to confessionalizing pressures.
Secondly, I investigate the challenges that were presented to the Ottoman state-sponsored scholarly elites' formulations of Sunni orthodoxy from among the ranks of the more "puritanical" Sunni scholars and the social, political and intellectual currents and dynamics that made these challenges more visible after the 16th century. Lay participation in scholarly debates and the role of preachers and preaching are among the topics that I plan to discuss under this rubric.
Thirdly, I look into the evolution of rival discourses on morality in both "public" spaces, such as mosques and coffeehouses and in "private" or socially more exclusive spaces, such as the home. The impact of religious indoctrination and social disciplining on the formation of well-defined gender and generational roles within as well as outside the family, the maintenance and policing of communal boundaries, and cross-communal interactions and socializing are the principal topics that I shall be examining under this last heading.
Recommended Reading
Terzioglu, Derin. "Where Ilm-i Hal Meets Catechism: Islamic Manuals of Religious Instruction in the Ottoman Empire in the Age of Confessionalization." Past and Present 220 (2013): 79-114.
-. "How to Conceptualize Ottoman Sunnitization: A Historiographical Discussion." Turcica 44 (2012-13): 301-338.
-. "Man in the Image of God in the Image of the Times: Sufi First-Person Narratives and the Diary of Niyazi-i Misri (1618-1694)." Studia Islamica 94 (2002): 139-165.
Kolloquium, 04.03.2020
Konfessionelle Mehrdeutigkeit im Zeitalter der Konfessionen: Sufismus, alidischer Loyalismus und sunnitischer Islam im Osmanischen Reich der Frühen Neuzeit
Bis in die 1980er Jahre wurde die Geschichte des Osmanischen Reichs größtenteils abgekoppelt von der Geschichte anderer Regionen und Staaten geschrieben, als Teil entweder der "türkischen", "nahöstlichen" oder "islamischen" Geschichte; doch seitdem haben neue Generationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, von denen viele in den USA ausgebildet wurden, das Forschungsgebiet für breitere, stärker vergleichende und/oder vernetzte, transregionale oder globale Perspektiven geöffnet. Meine Studie gehört zu einem größeren Projekt (OTTOCONFESSION, ERC Consolidator Grant, #648498, P.I. Tijana Krstic), das eines dieser breit angelegten Forschungsvorhaben ist. In diesem Projekt wird die Transformation der religionsgemeinschaftlichen Strukturen und Kulturen in den osmanischen Kernländern von Anatolien und des Balkans zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert als Teil einer transregionalen und auch globalen Erfahrung der "Konfessionalisierung" untersucht. Das Projekt orientiert sich an zwei zentralen Begriffen, "Konfessionsbildung" und "Konfessionalisierung"; ursprünglich wurden diese von einer Gruppe deutscher Historiker entwickelt, um die Entwicklungen im Europa der Frühen Neuzeit zu analysieren. Insbesondere der Begriff der Konfessionsbildung wurde vorgeschlagen, um die Abgrenzungsbewegung innerhalb der Christen, die etwa zwischen 1550 und 1650 in Mitteleuropa lebten, hin zu rivalisierenden protestantischen und katholischen "Konfessionen" mit eigenen Glaubensgrundsätzen und Ritualen zu bezeichnen; dagegen verwendete man "Konfessionalisierung" als weiter gefassten Begriff, mit dem man den eben genannten Prozess mit den Prozessen der sozialen Disziplinierung und der Staatenbildung verknüpfen konnte.
Das Projekt OTTOCONFESSION befasst sich dabei intensiv mit einer wesentlichen Frage: Kann man diese Begriffe auch produktiv anwenden, wenn man die sunnitisch-schiitische Polarisierung analysiert, die aus der Rivalität zwischen den osmanischen und safawidischen Dynastien resultierte, der safawidischen Annahme des Zwölfer-Schiitentums und der osmanischen Fassung einer eigenen sunnitischen "Orthodoxie" während des 16. und 17. Jahrhunderts? Tijana Krstic hat in ihrem Vortrag eine Antwort auf diese Frage präsentiert, die auf ihrer Forschung zur sunnitischen religiösen Literatur zu osmanischer Zeit beruht. In meinem Vortrag möchte ich mich mit derselben Frage beschäftigen, aber ich konzentriere mich auf jene Aspekte des islamischen Glaubens und der Kultur, die den Prozess der sunnitischen "Konfessionsbildung" im frühneuzeitlichen osmanischen Kontext erschwerten und behinderten.
Im 16. Jahrhundert gab es in den Kerngebieten des Osmanischen Reichs keinen nennenswerten schiitischen Gemeinden, sondern lediglich eine große Vielfalt an konfessionell uneindeutigen Sufi-Gruppen; einige dieser Gruppen waren stark von einem alidischen Loyalismus gekennzeichnet, der sie für den nicht streng definierten schiitischen Glauben der frühen Safawiden empfänglich machte. Überdies spielte der Sufismus eine wichtige, sozial und politisch wirksame Rolle in der Elite wie auch der Kulturen des einfachen Volkes. Da die Sufis die Welt als Emanationen Gottes verstanden, die mehrere Ebenen der Realität konstituieren, und da sie nicht nur ihre Glaubensbrüder, sondern auch ein größeres Publikum ansprachen, konnten sie auf viele Arten und in vielen Registern über Glaubensfragen sprechen. Das erschwerte es denjenigen, die eine ähnliche Auffassung teilten, sie wegen Abweichungen vom sunnitischen Bekenntnis und von den Normen der Scharia zur Rechenschaft zu ziehen. Ungeachtet dieser Komplikationen gibt es klare Hinweise, dass das islamische Gesetz als Diskurs und Praxis in der Öffentlichkeit immer mehr an Bedeutung gewann und dem Ausdruck anderer Formen islamischer Frömmigkeit zunehmend diskursive und sozialräumliche Grenzen setzte; dies gilt vor allem für die größeren urbanen Zentren in Anatolien und auf dem Balkan im Verlauf des 16. und besonders im 17. Jahrhundert. Ironie der Geschichte: Obwohl die Zerwürfnisse zwischen den Sufis und der osmanischen Dynastie diesen Prozess anfänglich in Gang gesetzt hatten, blieb die beste Verteidigungsstrategie für die Sufis und ihre Sympathisanten gegen schariatreue Kritiker auf dem sozial und politisch gespaltenen Terrain des 17. und 18. Jahrhunderts, auf ihre lang bestehende Allianz mit dem dynastischen Staat der osmanischen Herrscher zu verweisen. Dieser Allianz wurde in Hagiografien und Geschichtsbüchern gedacht und sie wurde durch den reziproken Austausch von Gebeten und Wohltaten aufrechterhalten. Diese Dynamik hatte bis zur Demontage der alten Reichsordnung Bestand. Die Demontage selbst war ein allmählicher Prozess, der mit der Auflösung der Janitscharen und der Schließung der Bektaschi-Ordenshäuser 1826 begann und schließlich darin kulminierte, dass 1923 die Republik ausgerufen wurde und 1925 alle Ordenshäuser der Derwische geschlossen wurden.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Terzioglu, Derin (Piscataway, NJ, USA, 2022)
Entangled confessionalizations? : dialogic perspectives on the politics of piety and community building in the Ottoman Empire, 15th-18th centuries The modern Muslim world ; 15
Terzioglu, Derin (Leiden, 2021)
Historicizing Sunni Islam in the Ottoman Empire, c. 1450 - c.1750 Islamic History and Civilization ; Volume 177
Terzioglu, Derin (Leiden, 2020)
Historicizing Sunni Islam in the Ottoman Empire, c. 1450-c. 1750 Islamic history and civilization ; volume 177
Terzioglu, Derin (Oxford, 2013)
Terzioglu, Derin (Louvain [u.a.], 2013)
How to conceptualize Ottoman Sunnitization : a historiographical discussion