Eric Monnet, Dr.
Professor of Economics
École des hautes études en sciences sociales, Paris
Paris School of Economics
Born in 1983 in Angers, France
Studied Economics at the EHESS and Paris School of Economics
Arbeitsvorhaben
Powering Capitalism. Revisiting the History of Central Banks (19th–21th Centuries)
Central banks are key economic and political institutions. They are at the heart of financial systems and money creation. Their actions have considerable consequences for macroeconomic and financial stability, inequality, and the financing of governments. My project is to write a history of central banks as an engine of capital accumulation and financial development. Three main actions of central banks have been crucial for this purpose: (i) anchoring and stabilizing expectations about the long-run value of money (price and exchange rate stability); (ii) ensuring liquidity in money and financial markets; and (iii) lending to certain agents (including non-financial institutions, such as firms or the state) to foster investment and capital accumulation, and sometimes discriminating between markets to influence the allocation of capital. These actions have taken different forms over time, depending on the financial system and its relationship with the state. Scholars have described at length the role of central banks in ensuring currency convertibility, the security of the payments system, and – later in the 20th century – the implementation of macroeconomic stabilization policies. The importance of central banks in the development of financial systems and the allocation of investments is less well known. We lack a general and comparative perspective on this kind of policies over the long run. The monetary and financial spheres are not independent. Managing money through interest rates, lending, or credit control confers financial power on certain public or private actors. This is where the history of central banking and the history of capitalism meet.Recommended Reading
Monnet, Eric. Controlling Credit: Central Banking and the Planned Economy in Postwar France, 1948–1973. Cambridge: Cambridge University Press, 2018.
Baubeau, Patrice, Eric Monnet, Angelo Riva, and Stefano Ungaro. “Flight‐to‐Safety and the Credit Crunch: A New History of the Banking Crises in France during the Great Depression.” The Economic History Review 74, no. 1 (2021): 223–250.
Monnet, Eric. La Banque-providence: Démocratiser les banques centrales et la monnaie. Éditions du Seuil, 2021. English: Banks of Providence: Central Banks and the Future of Democracies. Chicago: Chicago University Press, 2023.
Kolloquium, 23.01.2024
Wie Zentralbanken die Finanzsysteme seit dem 18. Jahrhundert geformt haben: Eine globale Perspektive
Zentralbanken sind in den vergangenen zwei oder drei Jahrhunderten zu wesentlichen Elementen moderner Staaten geworden und stehen mit Polizei, Justiz und Steuersystem auf einer Stufe. Verglichen mit anderen Merkmalen des Staates ist diese Entwicklung vergleichsweise neu. Sie begann in der frühen Neuzeit, wurde aber erst Mitte des 20. Jahrhunderts zur Regel. Davor wurde das Geld von den Regierungen gedruckt oder kontrolliert, ohne dass es dazu einer „Bank“ bedurfte. Es gibt keine Vorschrift, dass staatliches Geld von einer Bank gedruckt werden muss. Ebenso könnten die Leitzinsen von irgendeiner unabhängigen Instanz oder einer staatlichen Behörde festgelegt werden. Auch wenn die Beziehung zwischen Regierung und Zentralbank sich im Laufe der Zeit verändert hat und sich auch heute noch von Land zu Land sehr unterscheidet, ist es heute eine anerkannte Tatsache, dass ein Staat einer einzelnen Bank einen Sonderstatus einräumen muss, damit sie zur „zentralen“ Bank im Finanzsystem wird. Warum ist das so?
Meine These ist, dass die Zentralbanken eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung des Finanzsystems spielen. Ihre Daseinsberechtigung resultiert aus dem Wunsch des Staates, die Finanzentwicklung zu fördern und gleichzeitig eine gewisse Kontrolle über das Finanzsystem zu behalten. Die Allgegenwart der Zentralbanken ergänzt somit den Aufstieg des Finanzkapitalismus und die Zentralbanken befinden sich im Zentrum der komplexen und sich wandelnden Beziehung zwischen Finanzwesen und Staat. Daher können wir die Entwicklung der Zentralbanken als Produkt der Koevolution von Staaten und Finanzsystemen untersuchen. Mit der zunehmenden Globalisierung des Finanzwesens kaufen die Zentralbanken auch internationale Anlagen, womit sie das nationale Finanzsystem mit den internationalen Märkten verbinden und versuchen, es vor den Unberechenbarkeiten des internationalen Finanzwesens zu schützen. Da die Gründung einer Zentralbank dem Staat die Macht gibt, wirtschaftliche Aktivitäten jenseits des Staatshaushalts zu finanzieren, sind die Debatten über die Möglichkeit, diese Macht zu begrenzen, so alt wie das Zentralbankwesen selbst.
Um diese Hauptthese zu stützen, untersuche ich die Geschichte der Finanzoperationen der Zentralbanken seit dem 18. Jahrhundert aus einer globalen Perspektive. Ich konzentriere mich nicht auf die Geldmengen oder Zinssätze, wie es bei quantitativen historischen Untersuchungen des Zentralbankwesens üblich ist, sondern vergleiche die verschiedenen Kreditarten, die Zentralbanken vergaben, die Anlagen, die sie kauften, und die Sicherheiten, die sie von den Kreditnehmern verlangten. Mit anderen Worten: Der Schwerpunkt liegt auf der Rolle der Zentralbanken als besondere Kreditgeber – nicht nur in Krisenzeiten –, denn die Wahl ihrer Finanzoperationen kann die Arten von Geldanlagen, die in der Wirtschaft gehandelt werden, und wie sie gehandelt werden, beeinflussen. Die Bilanzen und Geschäftsberichte der Zentralbanken sind daher die Hauptquellen meiner historischen Untersuchung. Ich weiche von den herkömmlichen Darstellungen ab, die die Ursprünge der Geldpolitik der Zentralbanken oder ihrer Funktion als Kreditgeber letzter Instanz nachzeichnen. Im Gegensatz dazu untersuche ich, wie die Kreditvergabepolitik der Zentralbanken auf die finanziellen Bedürfnisse der jeweiligen Zeit reagierte und ihrerseits die Finanzsysteme strukturell veränderte.
Ich definiere Zentralbanken nicht anhand ihrer heutigen Funktionen, sondern betrachte alle Banken, denen der Staat im Lauf der Geschichte einen besonderen „zentralen“ Status verliehen hat, um den Zugang zu Krediten und Geldinstrumenten zu erleichtern. Daraus ergeben sich zwei wichtige Punkte. Erstens bricht das mit der gängigen eurozentrischen Geschichte des Zentralbankwesens (auf Grundlage noch existierender Institutionen) und berücksichtigt auch Zentralbanken, die nicht mehr existieren und/oder durch neue ersetzt wurden. Dazu gehören auch koloniale Zentralbanken (die von Kolonialmächten gegründet wurden) oder Zentralbanken, die in souveränen Ländern von ausländischen Anteilseignern in imperialistischen Kontexten gegründet wurden (in Lateinamerika und dem Nahen Osten am Ende des 19. Jahrhunderts). Mit einer globalen historischen Perspektive versuche ich, teleologische Argumente zu vermeiden und die unterschiedlichen historischen Modelle des Zentralbankwesens hervorzuheben. Zweitens vergleiche ich Zentralbanken mit anderen Finanzinstitutionen und unterscheide sie voneinander. Letztere wurden von Staaten zur Förderung der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung geschaffen (z. B. die kolonialen Handelskompanien des 18. Jahrhunderts, die industrie- und agrarwirtschaftlichen öffentlichen Banken der „Entwicklungsländer“ im 20. Jahrhundert und die heutigen Staatsfonds). Diese Institutionen unterschieden sich deutlich von den Zentralbanken, arbeiteten jedoch oft eng mit ihnen zusammen.
Abschließend erörtere ich kurz, wie man diese neue historische Perspektive in die aktuellen Debatten über die Rolle der Zentralbanken einbringen kann, insbesondere im Hinblick auf den ökologischen Umbau, die Staatsverschuldung und digitale Währungen.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Monnet, Eric (Paris, 2024)
L'Europe : du marché à la puissance publique ? La vie des idées
Monnet, Eric (Chicago, 2024)
Balance of power : central banks and the fate of democracies Banque-providence
Monnet, Eric ([Paris], 2021)
La Banque-providence : démocratiser les banques centrales et la monnaie La République des idées
Monnet, Eric (Oxford [u.a.], 2020)
Monnet, Eric (Cambridge [u.a.], 2019)
Monnet, Eric (Cambridge, United Kingdom, 2019)
Controlling credit : central banking and the planned economy in postwar France, 1948-1973 Studies in macroeconomic history