Abendkolloquium
19:00 – 21:00 Uhr
Wissenschaftskolleg zu Berlin
Übergänglichkeit. Ein Gespräch mit Mathias Énard
Von Wien aus, porta orientis, gelangen sie in den Orient und auf verschlungenen Wegen wieder zurück nach Wien, vom Sanatorium Beelitz auf die Schlachtfelder des Ersten und Zweiten Weltkriegs und wieder in die Gegenwart der Ruinen: Die Erzähler von Mathias Énard sind Reisende und Spezialisten für Übergänge.
Wo immer sie anfangen zu erzählen, passieren sie Grenzen, als Passanten mit einem reichen Wortschatz sprechen sie von limites, frontières, lignes oder confins. Sie überschreiten nicht nur topografische Grenzen, sondern auch die zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Menschen und Tieren, Leben und Tod. Als Bahnreisende, Ethnografen, Zimmerreisende, Leser, Hörer oder als Liebende bereisen sie Landschaften und Städte, die von Unruhe erfasst sind. Hinwege verschlingen sich mit Rückwegen. Wo sich Grenzen schließen, kreuzen sich Geschichten und fließen unterirdische Flüsse, die scheinbar Entferntes miteinander verbinden. Für Énard sind Grenzen fruchtbar, indem sie immer wieder neue Erzählungen hervorbringen, aber auch furchtbar: Übergänge, an denen sich Gewalt entzündet.