Viktoriya Sereda, Dr.
Associate Professor of Sociology
Ukrainian Catholic University, Lviv
Born in 1974 in Lviv, Ukraine
Studied History at Ivan Franko National University of Lviv and Sociology at Eötvös Loránd University, Budapest, the University of Edinburgh, and the National Academy of Sciences of Ukraine
Arbeitsvorhaben
Time and Space in Local Perspective: Identity and (Trans)National, Regional, and Local Representations of the Past
My project aims at changing the focus from macro-level research on the national/regional official models of the past and the politics of memory to the local perspective. I believe that such macro-level generalizations tend to stress cross-regional differences or "exotic" cases and tell us little about the way people understand the historical past and use it in the process of living.I focus on the local as an interesting conceptual framework to study the interplay between (trans-)national, regional, and local models of the past and their impact on inhabitants' historical identities. National or regional identities are built more on an "imagined community" principle and, as a result, require a greater level of generalization and consistency of markers. Within a society, they function more in the form of competing discourses/projects produced by elites, which people later internalize (or question).
Local identities do not require a broader generalization, therefore their markers may often remain fragmented, unclear, and contradictory. Focusing on the local gives us a more nuanced perspective, but it requires different theoretical and methodological approaches (shaped more toward micro-social analysis).
I will study the case of Ukrainian small towns in the period of 2012-2016. Recently, socio-cultural transformations in Ukraine attracted the attention of many scholars due to the events of political protest (2004 and 2013/14). I will analyze a rich store data (sociological surveys and in-depth interviews) collected a few months before the 2013/2014 Euromaidan, during the protests, and in their aftermath. This will allow me to bring into my project a comparative perspective and to examine the local dimension of the ongoing changes in Ukraine.
Recommended Reading
Sereda, Viktoriya. "Rethinking Ukrainian identification space: Civic activism in Ukraine after the Euromaidan" (in Ukrainian). In Fenomen Maidanu v ukrainskomu suspilstvi: sotsiolohichni interpretatsii, edited by E. Holovakha and O. Stehnii, 58-78. Kyiv, 2014.
-. "The Changing Symbolic Landscape of Lviv". In Politics, History and Collective Memory in East Central Europe, edited by Zdzislaw Krasnodebski, Stefan Garsztecki, and Rüdiger Ritter, 359-386. Hamburg: Krämer, 2012.
-. "Regional Historical Identities and Memory" (in Ukrainian). In Ukraina Moderna (2007): 160-209. Special issue: Lviv-Donetsk: sotsialni identychnosti v suchasnii Ukraini.
Kolloquium, 24.04.2018
National, lokal und vertrieben: Identitäten und Erinnerungen in der Ukraine nach dem Euromaidan
Mit meinem Vortrag möchte ich einen Beitrag zu einer breiteren Diskussion über Identität und Zugehörigkeit leisten, indem ich mit dem Ansatz eines "Alltagsnationalismus" an die Analyse einer Neuformulierung von Identität und Geschichtserinnerung in der Ukraine infolge der Euromaidan-Bewegung herangehe. Die Massenproteste, die russische Annexion der Krim und der daraus folgende Konflikt um den Donbas haben auf imaginativer Ebene zu einer intensiven Beschäftigung mit der Vergangenheit und ihren symbolischen Markierungen geführt sowie zu einem wachsenden öffentlichen und wissenschaftlichen Interesse (aus dem In- und Ausland) an den umstrittenen Orten, an denen die Identitäten immer noch kollidieren.
Da soziologische Verallgemeinerungen der makroregionalen Grenzen die Tendenz haben, die ethnischen und sprachlichen Trennlinien zu essentialisieren, schaue ich in meinem aktuellen Forschungsprojekt über die national oder regional orientierten Schemata hinaus. Damit will ich jene lokalen und individuellen Dimensionen der Erinnerung und Identität hervorheben, die zeigen, wie Menschen unter sich wandelnden politischen Umständen ihr Gefühl der Zugehörigkeit aushandeln. In meinem Vortrag möchte ich mehrere Fallstudien erörtern, die auf Tiefeninterviews beruhen; sie zeigen das spezifische Zusammenspiel von nationalen, regionalen und lokalen Darstellungen der Vergangenheit und wie diese Repräsentationen eine Neuformulierung von Identitäten prägen.
Zunächst analysiere ich neu entstandene Gedenkstätten, an denen Denkmäler, die den Helden und Heldinnen bzw. den Opfern jüngster Konflikte in der Ukraine gewidmet sind, sowjetische Monumente ersetzen; letztere wurden nach dem Erlass der ukrainischen "Entkommunisierungsgesetze" zerstört. Insbesondere untersuche ich die Rezeption von höchst umstrittenen Veränderungen in den symbolischen Landschaften ukrainischer Städte und Dörfer sowie die Reaktionen auf die neuen Erinnerungspraktiken in verschiedenen Teilen des Landes.
Und noch ein weiteres Thema: Etwa zwei Millionen Menschen sind von der Krim und aus dem Donbas geflohen (offiziell bezeichnet man sie als Binnenflüchtlinge/internally displaced persons, IDPs). Eine Analyse ihrer vielfältigen Erfahrungen kann dazu beitragen, Mechanismen aufzudecken, die alltägliche Hierarchien der Zugehörigkeit reproduzieren, während sie gleichzeitig auf spezifische Weise die Verinnerlichung von widerstreitenden nationalen Bezugssystemen zeigt. Durch die Neuformulierung der Bedeutung von alten und neuen Routinen und symbolischen Praktiken - einschließlich jener, die mit Geschichtserinnerung verbunden sind (und der daraus entspringenden Selbstidentifikation), - erfuhren die Binnenflüchtlinge Situationen, die man begrifflich als Zerbrechen der Bezugssysteme fassen kann. Dies hat sowohl dazu geführt, dass die ukrainische Nationalidentität aufs Neue geltend gemacht wurde, als auch zu einem wachsenden Gefühl politischer und kultureller Desorientierung.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Sereda, Viktoriya (New York, NY, 2020)
Sereda, Viktoriya (Paris, 2018)
Sereda, Viktoriya (2012)
The changing symbolic landscape of Lviv
Sereda, Viktoriya (2007)
Im Kolleg entstanden 18.03.20
Köpfe und Ideen 2018
Ein Plädoyer für mehr kulturelle Sensibilität
ein Porträt von Viktoriya Sereda von Katja Gelinsky