Jeffrey Döring
Regisseur
Leipzig
von Februar bis April 2024
Geboren 1991 in Greiz, Deutschland
Studium der Theaterwissenschaft, Philosophie und Deutschen Philologie an der Freien Universität Berlin und der Dramaturgie an der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg
Fellowship
Mortier Next Generation-Fellow
Arbeitsvorhaben
Blaubarts Burg - Ein Labor für dokumentarisch-immersives Musiktheater
In „Blaubarts Burg“ spüre ich der Frage nach, inwiefern sich dokumentarische Theatermethoden (die sich auf Interviews und O-Töne stützen) in die Komposition eines bestehenden Musiktheaterwerkes integrieren lassen. Es geht hierbei darum, Arbeitsweisen der sog. Freien Theaterszene für die Oper als Kunstform zu erschließen und fruchtbar zu machen. Denn noch immer finden Operninterpretationen in Deutschland vorwiegend an institutionalisierten Häusern statt und verbleiben ästhetisch häufig in der Form einer „Guckkastenbühne“.Exemplarisch wird dies anhand von Béla Bartóks Kammeroper Herzog Blaubarts Burg und Recherchen zum Thema Alterseinsamkeit praktisch erprobt. Dafür werde ich Interviews mit dem Personal von Pflegeeinrichtungen und der Geriatrie in Berlin, aber vor allem auch mit Seniorinnen und Senioren in Altersheimen und in ambulanter Pflege führen. Aus den digital aufgezeichneten Gesprächen sollen anonymisierte O-Töne entstehen, die das Thema Alterseinsamkeit aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.
An diese alleinige Recherchephase schließt sich ein künstlerischer Gruppen-prozess an. Dafür werde ich gemeinsam mit einem Arrangeur, einer Person für Sound- und Videokunst als auch einer Szenografin aus dem Ausgangsmaterial aus Interviews und der Oper eine szenisch-musikalische Skizze entwickeln. Das Ziel besteht darin, sowohl die O-Töne dramaturgisch in die Opernpartitur zu integrieren als auch einen installativ begehbaren Raum zu gestalten, der den Arbeitsstand präsentiert. Die dreimonatige Residenz schließt mit einer öffentlichen Präsentation dieser Operninstallation für einen Sopran und einen Bariton ab. Die Gäste werden dazu eingeladen, gemeinsam mit den Projektbeteiligten sich über den gezeigten Arbeitsstand auszutauschen. Daraus sollen sich Ideen und Methoden für eine spätere Fortführung der Projektarbeit ergeben.
Lektüreempfehlung
Goldstaub Collective. „Traces of a Water Spirit: A Rehearsal Journal.“ Schlosspost, 12. November 2017 bis 18. Juli 2018.
https://schloss-post.com/category/traces-of-a-water-spirit/.
Döring, Jeffrey. „The Dramaturg Has to Be Seen and Heard: Carmen Kovacs and Jeffrey Döring.“ Von Carmen Kovacs. The Theatre Times, 5. Juni 2018. https://thetheatretimes.com/dramaturg-seen-heard-carmen-kovacs-jeffrey-doring/.
—. „Rechte sind keine Privilegien – Warum wir Hörenden unser Verständnis von Teilhabe und Inklusion in der Kulturarbeit dringend überdenken müssen.“ Zeitschrift für Sozialmanagement 20, Nr. 2 (2022): 95–106.
Kolloquium, 24.04.2024
Blaubarts Burg
Dunkler Grund von meiner Burg erzittert,
Alle Türen kannst du öffnen,
Alle Türen kannst du schließen.
Gib acht, gib acht auf meine Burg,
Vorsicht, Judith, gib acht auf uns!
Béla Balázs: Herzog Blaubarts Burg
übers. v. Eva Maria von Wildemann-Duday
Einsamkeit wirkt wie ein sickerndes Gift, das uns nicht nur emotional, sondern auch körperlich schadet. Von Einsamkeit betroffene Menschen haben ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Bluthochdruck. Und dennoch ist es anscheinend ein Tabu, über Einsamkeit öffentlich zu sprechen.
Jeffrey Döring recherchiert zu Einsamkeit im Alter. Dafür führt der Regisseur Interviews mit Seniorinnen und Senioren sowie Menschen in der Pflege, um der Frage nachzuspüren, wie sie Einsamkeit erfahren, wie sie sich anfühlt und anhört, aber vor allem auch, wie sie zu lindern ist.
Darüber hinaus geht es auch immer wieder darum, welche Freuden das Leben im Alter bereithalten kann, wenn man danach greift. Ausgewählte Interviewstimmen sollen die Grundlage für ein neues Musiktheater-Projekt, inspiriert von Béla Bartóks Kammeroper Herzog Blaubarts Burg, bilden.
In einem Gesprächskonzert gibt Jeffrey Döring Einblicke in den Stand der Recherchen, erläutert die geplante Verknüpfung von Oper und Dokumentation und führt auch in die Besonderheiten dieser von der Psychoanalyse beeinflussten Märchenoper ein. Die Sopranistin Madeline Cain und der Bariton Marko Ostojic präsentieren musikalische Ausschnitte aus Bartóks Oper, während die beiden ukrainischen Pianisten Ihor Sediuk und Oleh Kopeliuk sie vierhändig am Flügel begleiten.
Im Anschluss an die Generalprobe sind alle dazu eingeladen, sich über das Erlebte mit dem Regisseur auszutauschen.
Besetzung
Regie: Jeffrey Döring
Musikalische Leitung/Korrepetition: Yury Ilinov
Sounddesign: Valle Döring
JUDITH (Sopran): Madeline Cain
BLAUBART (Bariton): Marko Ostojic
Klavier: Ihor Sediuk, Oleh Kopeliuk
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Döring, Jeffrey (2024)
"Es ist wichtig, die Menschen als Persönlichkeiten wahrzunehmen"
Döring, Jeffrey (Berlin, 2024)
LandKULTUR: kreativ und engagiert : Kulturprojekte erfolgreich umsetzten Einblicke und Einsichten