Karin Leonhard, Dr. phil.
Professorin für Kunstgeschichte
Universität Konstanz
Geboren 1969 in München, Deutschland
Studium der Kunstgeschichte, Neueren deutschen Literatur und Theaterwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München
Arbeitsvorhaben
„Shared Skills“: Praktisches Wissen als immaterielles Kulturerbe
In meinem Forschungsprojekt geht es um das Verhältnis zwischen materiellem und immateriellem Kulturerbe, aus einer praxeologischen Perspektive betrachtet. Die Welterbekonvention nämlich propagiert eine Polarisierung zwischen Kunstobjekten einerseits, die als materielles Erbe bewahrt, und handwerklichen Techniken andererseits, die als immaterielles geschützt werden sollen.Da die Kunstgeschichte nicht zuletzt eine Objektwissenschaft ist und ihre Untersuchungsgegenstände in letzter Zeit zunehmend in den Kontext materieller Kulturen gestellt wurden, ist der Schritt zu einer praxeologischen Herleitung ebenso naheliegend wie problematisch, denn damit wird die Diskussion des wechselseitig wirksamen Verhältnisses zwischen Produktion und ästhetischer Form erneut aufgerufen. Während sich die aktuellen Diskussionen im Sinne von Shared Heritage vor allem um Restitutionsfragen ethnografischer Exponate und Sammlungen – und damit um Objekte – drehen, konzentriert sich mein Augenmerk auf die durch Räume und Zeiten wandernden Fertigkeiten, d. i. die Wanderungen künstlerischen und kunsthandwerklichen Handelns, also um „shared skills and practices“ innerhalb einer Debatte, die sich weg von der Bewahrung von Dingen hin auf die zeitlich-räumlichen Dynamiken ihrer Herstellung und sozialen Einbindung verlagert.
Lektüreempfehlung
Leonhard, Karin. Das gemalte Zimmer: Zur Interieurmalerei Jan Vermeers. München: Fink, 2003.
Fehrenbach, Frank, Robert Felfe und Karin Leonhard, Hg. Kraft, Intensität, Energie: Zur Dynamik der Kunst. Berlin: De Gruyter, 2018.
Leonhard, Karin. The Fertile Ground of Painting: Seventeenth-Century Still Lifes & Nature Pieces. London: Harvey Miller, 2020.
Kolloquium, 13.06.2023
Die Schöpfung sichtbar gemacht, oder: Wie man Samen auf der Bildebene auswirft
"Creation [is]: a making or forming of something, as it were, out of nothing.”
Edward Phillips, New World of Words, Or an English Dictionary, 1671
In meinem Vortrag konzentriere ich mich auf Schöpfungstheorien des 17. Jahrhunderts und ihre möglichen Auswirkungen auf die barocke Kunsttheorie, insbesondere auf die Entwicklung der Stilllebenmalerei und der Naturstücke. Eines meiner Hauptanliegen ist das plötzliche Auftauchen einer bestimmten Art von Stilllebenmalerei, der sogenannten Sottoboschi. Diese Gemälde zeigen botanisches und zoologisches Leben in dunklen Wäldern oder an den feuchten Rändern von Teichen – ein bislang wenig beachtetes Subgenre, das in Italien und den Niederlanden in den 1650er Jahren regelrecht erfunden wurde. Ich argumentiere, dass man diese Art von Stilllebenmalerei aus einer anthropologischen Perspektive betrachten sollte, weil sie durch die Diskussionen des 17. Jahrhunderts über Spontanerzeugung, den Ursprung des Lebens und der ersten Menschen motiviert wurde.
Publikationen aus der Fellowbibliothek
Leonhard, Karin (Wien, 2022)
Leonhard, Karin (London, 2020)
The fertile ground of painting : seventeenth-century still lifes & nature pieces Bildfelder
Leonhard, Karin (London, 2017)
Leonhard, Karin (University Park, Penn., 2015)
Whit earth, or how to cultivate color in field of painting